Tierschutzprozess 9. Tag
Donnerstag 18. März 2010
Inhalt:
An diesem Prozesstag wurde Jürgen Faulmann, zum Zeitpunkt seiner Verhaftung internationaler Kampagnenleiter der Tierschutzorganisation Vier Pfoten, einvernommen. Die Befragung drehte sich hauptsächlich um die Vorwürfe, er habe im Jahr 2008 etwa 400 Schweine aus einer Schweinefabrik und im Jahr 1997 etwa 400 Nerze aus der damals letzten Nerzfarm Österreichs entkommen lassen. In beiden Fällen will man ihm Sachbeschädigung und sogar Tierquälerei anlasten. Zur Nerzbefreiung hat die Richterin sogar ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben, um den Vorwurf der Tierquälerei zu bewerten. Letzterer Gutachter war nach Aussage von Jürgen Faulmann mit ihm in Konflikt und sei deshalb befangen. Dazu erklärte die Richterin, er selbst habe sich aber als nicht-befangen erklärt und das genüge ihr.
Auffällig war, dass die Richterin Herrn Faulmann zu den Vorwürfen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation kaum befragte. Die entsprechenden Anklagepunkte übersprang sie praktisch. Faulmann musste sich regelrecht aufdrängen, um zu diesen Vorwürfen Stellung nehmen zu können. Und zu den Fragen nach seiner Gesinnung antwortete Faulmann, dass er über seine Gesinnung nicht sprechen möchte, weil das das Gericht eigentlich nichts anginge.
Am Ende des Tages wurde die Befragung von Chris Moser, der zum Zeitpunkt seiner Verhaftung Tiroler Kampagnenleiter des VGT war, begonnen. Die Art der Befragung durch die Richterin blieb insofern unverändert, als dass sie die Befragten daran hinderte, ausführlich zu antworten. Sie wollte möglichst kurze und einfache Antworten, was aber Fragen nach der Gesinnung oder der Interpretation von Meinungsäußerungen am Internet nicht gerecht werden kann, weshalb viele Antworten nur bruchstückhaft blieben. In jedem Fall hat aber die Befragungsgeschwindigkeit stark zugenommen. Wurde DDr. Balluch als erster der Einvernommenen noch 4½ Tage befragt, so blieb für Faulmann nur mehr ein ¾ Tag.
Da wiederum Angeklagte, die der BaT zugeordnet werden, verspätet waren, begann der Prozess erst um 9:30 Uhr. Der Siebtangeklagte blieb aufgrund seiner Kopfverletzung weiterhin abwesend.
Zur Person von Jürgen Faulmann
Von 1996 bis 2002, gab Jürgen Faulmann auf Befragen der Richterin an, sei er im Vorstand des VGT gewesen. Anschließend wäre er von 2002 bis Anfang 2007 bei der Tierrechtsorganisation PETA in Stuttgart in Deutschland angestellt gewesen. Er sei heute kein Mitglied beim VGT. Bei PETA war er der Kampagnenleiter im deutschsprachigen Raum gewesen. Es hätte viele Konflikte mit den Behörden durch seine Kampagnentätigkeit gegeben, aber er hätte keine Vorstrafe. Er sagte, es seien Vorstrafen im Strafantrag angeführt, die gar nicht existierten.
Die Richterin legte dann einen Polizeibericht vor, nach dem es gegen Faulmann zu Anzeigen wegen dem Versammlungsgesetz, wegen Beleidigung, Nötigung und Sachbeschädigung gekommen wäre, wenn es auch keine Vorstrafe gäbe.
Dazu sagte Faulmann, dass es sich nur um Kampagnenaktivitäten gehandelt habe. So sei die Nötigungsanzeige aufgrund einer Aktion zustande gekommen, in deren Verlauf er ein Jagdauto blockiert habe. Auch die Anzeige wegen Sachbeschädigung ist nur wegen einer Medienaktion vor Kentucky Fried Chicken eingebracht worden, habe sich aber als gegenstandslos erwiesen.
Der Staatsanwalt sprang an dieser Stelle auf und wollte über die Verfahren in Deutschland berichten, aber die Richterin ließ diese Wortmeldung nicht zu. Anwalt Mag. Bischof sagte, es gäbe keine Vorstrafen und damit wäre dieser Frage genüge getan. Über Anzeigen und mögliche eingestellte Verfahren oder Freisprüche sollte hier nicht gesprochen werden.
Was seine Einstellung zur ALF wäre, wollte die Richterin als nächstes wissen. Er sei gegen Gewalt, meinte Faulmann, aber er möchte über seine Gesinnung hier nicht sprechen, weil das das Gericht nichts anginge. Die Richterin nahm das hin und fragte, ob er die Zeitschriften Bite Back oder Arkangel kenne und ob ihm Keith Mann oder Barry Horne bekannt seien. Er kenne diese Zeitschriften nicht, von Keith Mann habe er einmal einen Vortrag gehört und Barry Horne wäre ihm nur vom Hörensagen ein Begriff.
Inhaltliche Äußerung
Dann meinte Faulmann, es stünde ihm eine inhaltliche Äußerung zu, die er jetzt abgeben wolle, was die Richterin zuließ. Faulmann bedankte sich dafür, dass das Landesgericht für vegane Speisen in der Kantine gesorgt habe. Allerdings wäre das das einzig Positive hier.
Er sei schon als Kind sehr tierlieb gewesen. Die Besetzung des Hainburger Urwaldes habe ihn sehr beeindruckt und geprägt, auch wenn er selbst nicht beteiligt war. Er wurde dann Koch und stellte in den jeweiligen Küchen die Speisekarte auf biologische Produkte um. Anfang der 1990er Jahre gründete er eine Familie mit zwei Töchtern und begann für den Tierschutz zu spenden.
Er habe dann Greenpeace und den VGT angeschrieben und sich als ehrenamtlicher Helfer angeboten. Nur der VGT habe geantwortet. Er sei dann zu einem Aktivistentreffen gekommen und wenige Tage später schon mit dem Funkgerät in der Nacht im Feld gesessen und habe Acht gegeben, dass niemand komme, während die anderen in einer Schweinefabrik gefilmt hätten.
Ab 2002 habe er den Tierschutz zu seinem Hauptberuf gemacht, wie oben gesagt bei PETA in Deutschland. Ab Anfang 2007 wechselte er als internationaler Kampagnenleiter für alle Länder zu Vier Pfoten. In dieser Position wäre er nur der Geschäftsführung unterstellt gewesen, also hätte er die vierthöchste Position bei den Vier Pfoten inne gehabt. Er sei noch während seiner Gefängniszeit bei den Vier Pfoten angestellt geblieben und habe in der Zelle Arbeiten erledigt, auch wenn das nur sehr erschwert gegangen sei.
Alles, was ihm vorgeworfen werde, halte er für völlig normal in der NGO-Arbeit und eine Verurteilung käme einem Berufsverbot gleich. Er betrachte diesen Monsterprozess als eine Bestrafung des Tierschutzes für seine Erfolge gegen die Tierindustrie. Das Aufdecken von Missständen sei nicht nur ein Recht sondern auch eine Pflicht. Die Anklage wegen Tierquälerei gegen ihn halte er für völlig skurril. Zum Tatbild gehöre dabei ja die Intention, Tiere zu quälen, und das ihm zu unterstellen wäre völlig absurd. Alle Anzeigen gegen NutztierhalterInnen wegen Tierquälereien seien in keinem einzigen Fall erfolgreich gewesen, obwohl in diesem Bereich die faktische Qual und die Intention offensichtlich seien. Es habe auch zahlreiche physische Angriffe auf ihn mit zum Teil schweren Verletzungen gegeben. Dazu zählte Faulmann mehr als 10 Fälle derartiger Angriffe auf. Nie wären die TäterInnen entsprechend verfolgt oder gar bestraft worden.
Der Vorwurf, er wäre Mitglied in einer kriminellen Organisation, sei absurd. Er habe nie von einer kriminellen Organisation im Tierschutz gehört. Erst durch den Haftbefehl habe er davon gehört und daher sei ein Vorsatz unmöglich. Dieser Prozess ziele nur auf die Schädigung des Tierschutzes ab.
An dieser Stelle meinte die Richterin, der OGH habe aber die Haftfrage geprüft und für richtig befunden. Der OGH wäre aber von falschen Voraussetzungen, von einer falschen Beweiswürdigung ausgegangen.
Als sehr seltsam empfinde er den Umstand, dass die Vier Pfoten aus diesem gesamten Verfahren peinlichst ausgeklammert werden. Er sei hochrangiger Vier Pfoten Mitarbeiter gewesen, aber die Organisation Vier Pfoten werde im Verfahren überhaupt nicht erwähnt. Die MitarbeiterInnen der SOKO hätten von Anfang an versucht, ihn von den Vier Pfoten zu trennen. So hätten zwei SOKO BeamtInnen gleich nach seiner Verhaftung mit dem Vorstand der Vier Pfoten gesprochen und ihn fälschlich schlecht dargestellt. Er würde sogar Kinder bedrohen und dergleichen, wurde behauptet. Der VGT wurde in diesem Gespräch ebenfalls fälschlich schlecht dargestellt, es sei im dortigen Büro sehr grindig
und das Büro würde schlampig geführt. Die SOKO behauptete auch, sie könne Faulmann etwas Strafrechtliches nachweisen.
Anschließend hätten Vorstandsmitglieder der Vier Pfoten den Staatsanwalt Mag. Wolfgang Handler besucht und dieser hätte ihnen erklärt, dass die Vier Pfoten von dem Verfahren nicht betroffen wären. Das sagte er, obwohl sich im Akt zahlreiche Bezüge zu Straftaten bei Vier Pfoten Kampagnen finden, meinte Faulmann. Warum werden die Vier Pfoten eigentlich nicht erwähnt, stellte er noch einmal deutlich in den Raum und schien suggerieren zu wollen, dass dieses Verfahren von vornherein darauf angelegt war, gegen den VGT vorzugehen. Man hätte absichtlich einen Keil zwischen den VGT und den Rest der Tierschutzbewegung treiben wollen und so den VGT als radikal
isolieren. Aber gerade am Fall der Lawinenschweineversuche in Tirol in diesem Jahr habe sich gezeigt, dass dieselben Vorwürfe wie gegen den VGT auch gegen die Vier Pfoten vorgebracht werden könnten. Die Vier Pfoten hätten die Kampagne gegen diese Tierversuche koordiniert und vor Ort demonstriert und es wäre zu einer Bombendrohung gekommen.
Diese Ausführungen beendete die Richterin mit den Worten, dass das nicht Thema der verhandlung wäre. Faulmann beendete damit seine Gegenäußerung.
PC am Dachboden von Faulmann
Die Richterin begann ihre Befragung mit der Feststellung, dass bei der Hausdurchsuchung bei Faulmann am Dachboden ein PC sichergestellt worden sei, der eine Liste von tierschutzbezogenen Sachbeschädigungen in der Zeit von 1997-1998 enthalte. Zusätzlich hätte Faulmann diesen PC als möglicherweise belastend bei einem Besuch während seiner U-Haft erwähnt.
Dazu meinte Faulmann, dass er das erstens in der U-Haft so nicht gesagt habe, worauf die Richterin ankündigte, die damalige Gesprächsüberwachung als Zeugin laden zu lassen. Andererseits, führte Faulmann weiter aus, sei das nicht sein PC. Er habe diesen nie berührt, sondern es handle sich um den PC einer Mitbewohnerin, die von Ende 2006 bis Anfang 2007 bei ihm gewohnt habe. Sie habe dann diesen PC und viele andere ihrer Sachen bei ihm am Dachboden gelagert. Die Richterin wollte den Namen dieser Frau wissen und Faulmann nannte ihn auch. Warum er das nicht gleich gesagt habe, fragte die Richterin und legte ein Vernehmungsprotokoll vor, in dem der Name nicht vorkam. Er sei bei dieser Vernehmung nicht danach gefragt worden, sagte Faulmann, aber er habe den Namen schon früher genannt. Anwältin Dr. Stuefer nannte daraufhin den Ort im Akt, an dem Faulmann diesen Namen genannt hat und es stellte sich heraus, dass das ganz am Anfang der Vernehmung bereits der Fall gewesen ist. Gegen diese Frau ist das Verfahren nach § 278a StGB bereits eingestellt worden.
Zur Tierschutzarbeit von Jürgen Faulmann
Die Richterin fragte nun, ob Faulmann Fehler und Verfehlungen in seinem Vorgehen im Tierschutz sehen würde. Nein, meinte dieser deutlich und ohne zu zögern. Vielleicht hätte er effizienter arbeiten können. Auf weitere Befragung meinte er, seine Kampagnen hätten die Bereiche Nutztiere, Versuchstiere und die Bekleidungsindustrie betroffen. Seine Tätigkeiten dafür wären Recherchen gewesen, Medienarbeit, Demonstrationen und insbesondere seine Spezialität, skurrile Medienstunts, wie z.B. wie er sich mit Kunstblut in einem Kinderplantschbecken vor der kanadischen Botschaft habe als Robbe schlachten lassen.
In welcher Form habe er mit den anderen Angeklagten zusammen gearbeitet. Zu DDr. Balluch habe beruflich ein loser Kontakt bestanden, er kenne ihn seit Sommer 1997, wie dieser nach Österreich und zum VGT gekommen sei. Privat hätten sie immer wieder gemeinsam etwas unternommen. Zu Mag. Hnat habe er sehr wenig Kontakt, kenne ihn aber seit 2002. Zu Chris Moser, DI Elmar Völkl und zu den der BaT zugeordneten Angeklagten gäbe es keinen Kontakt. Die VGT-Angestellten Richter, Springer und Harald Balluch hätte er mehr Kontakt, würde sie aber auch nur lose kennen.
Faulmanns Anwalt Mag. Traxler konnte jetzt erstmals Fragen stellen, die sich auf die Zusammenarbeit mit den anderen Angeklagten bezogen. Dazu führte Faulmann aus, dass es keine BaT-PETA oder BaT-Vier Pfoten Zusammenarbeit gegeben habe. Zwischen Vier Pfoten und VGT habe es Kontakte hinter den Kulissen gegeben, aber nach außen wäre man nicht zusammen aufgetreten. Die Vier Pfoten würden weniger Demonstrationen als der VGT organisieren, sie würden aber viel Recherchearbeit durchführen und die Aufdeckung von Skandalen betreiben. Dafür gäbe es eine eigene Rechercheabteilung mit 3 Vollzeitangestellten und zusätzlichen WerksvertragsmitarbeiterInnen, die täglich recherchieren würden. Die Vier Pfoten würden nach außen hin zahm auftreten, wären aber in der Wirkung nicht schwächer als der VGT.
Anwalt Mag. Traxler legte dann das Mitarbeiterhandbuch der Vier Pfoten vor, in dem die Kampagnentätigkeit beschrieben sei. Das würde beweisen, dass die Vier Pfoten dieselben Targets und dieselben Kampagnenmethoden wie der VGT hätten. Dieses Handbuch wäre im Jahr 2005 für alle MitarbeiterInnen geschrieben worden.
Es gäbe eine Kampagnenkooperation zwischen den Vier Pfoten und anderen NGOs, auch dem VGT. Öffentlich treten die Vier Pfoten aber nie gemeinsam auf. Mit der BaT gab es aber überhaupt keine Zusammenarbeit.
Recherchen der Vier Pfoten
Worin die Recherchearbeit der Vier Pfoten bestehe, wollte die Richterin wissen. Es werde versucht, alles über das Kampagnentarget herauszufinden, antwortete Faulmann. Es ginge sowohl um die Missstände als auch um die Verantwortlichen, sodass diese angeprangert werden könnten. Dazu bediene man sich auch Firmenregisterauszügen und man würde auch die Kennzeichen von Autos recherchieren. Die Richterin wollte wissen warum. Je mehr man über den politischen Gegner wisse, desto besser könne man die Kampagne lenken, meinte Faulmann.
Wären auch home demos im Repertoir der Vier Pfoten, fragte die Richterin. Wenn die Betriebsadresse der Wohnadresse gleicht, dann jedenfalls, meinte Faulmann. Aber home demos im klassischen Sinn würden die Vier Pfoten nicht durchführen. Es gäbe aber sehr wohl Emailprotestaktionen, Aufrufe zu Protestbriefen und Kontaktaufnahmen zu Firmen, in denen innerhalb einer gewissen Frist eine Kampagne angedroht wird, sollte die Firma nicht einlenken. Im Fall des Supermarkts Norma
habe man gerade jetzt einen solchen Brief mit einer 2 Wochen Frist verschickt, sollte Norma nicht aufhören, Käfigeier zu verkaufen.
Von 10:20 Uhr – 10:25 Uhr gab es eine Pause.
Und die obligaten radikalen Emails
Die Richterin legte ein Email von Faulmann vor, in dem dieser zu Halloween-Besuchen bei bekannten TierquälerInnen aufrief. Da sei ein Smiley dabei und daher müsse man das als Scherz verstehen, meinte Faulmann dazu.
Im Jahr 2005 hätte Faulmann einen Aufruf zu Aktionen gegen P&C weitergeleitet. Das hätte er vom PETA-Newsletter übernommen, sagte er dazu. Er sei damals bei PETA angestellt gewesen und hätte daher auch deren Newsletter verbreitet. Man wollte damit dazu motivieren, sich an Demonstrationen gegen P&C zu beteiligen bzw. selbst welche zu organisieren. Als Angestellter wurde er damit beauftragt, vor P&C in Stuttgart Demonstrationen abzuhalten. Er hatte nie Kontakt zur OGPI. Dieser Aufruf stamme aber ursprünglich von der OGPI, sagte die Richterin. PETA und er hätten den Inhalt des Aufrufs mitgetragen. Darin stehe wörtlich, das Ziel ist: noch mehr Demonstrationen
. Er sei dann in einem mit Kunstblut übergossenen Pelzmantel vor P&C in Stuttgart gelegen.
In einem weiteren Email hätte Faulmann dazu aufgerufen, Emails an die Besitzer von P&C zu schicken. Wiederum habe er das nur weitergeleitet, sagte Faulmann dazu, wie man das so am Internet machen würde. Er halte das für unproblematisch. Kurze Zeit später sei aber in Wien ein Fenster in einer Filiale von P&C eingeschlagen worden. Er sei aber zu dieser Zeit in Deutschland und nicht in Österreich gewesen, antwortete Faulmann.
Die Richterin hielt ihm dann ein Email vor, in dem er über einen Run-in bei P&C in Stuttgart berichtete. Das sei richtig, es habe sich um eine typische PETA-Aktion gehandelt, er meine, das sei völlig unproblematisch.
In einem Email, so die Richterin weiter, hätte Faulmann dem VGT vorgeschlagen, er solle bei Verhandlungen mit P&C sich auch mit der OGPI absprechen. Dazu sagte er, es habe sich um eine große internationale Kampagne gehandelt und dabei sollte es keine Alleingänge geben.
Die Richterin legte dann ein Faulmann-Email mit einem OGPI-Aufruf vor, man solle auch im Urlaub gegen die BesitzerInnen von P&C demonstrieren. Er habe das ebenfalls nur weitergeleitet und sei kein Autor, rechtfertigte sich Faulmann wie bisher.
Was halten Sie von Run-ins und home demos, fragte die Richterin. Run-ins seien ganz normal, meinte Faulmann dazu, aber home demos würde er nur unterstützen, wenn sie am Tag stattfänden und legal angemeldet wären. Die Richterin erinnerte dann an die Sachschäden bei P&C. Das mache ich nicht, sagte Faulmann. Und Ankettaktionen, fragte die Richterin weiter. Natürlich, das habe ich selbst schon oft gemacht, war die Antwort. Und Telefonaktionstage? Auch das sei legitim, sagte Faulmann. Zur gesamten P&C-Kampagne betonte Faulmann aber, er sei nur ganz selten auf legalen Demonstrationen gewesen, ansonsten habe er sich an dieser Kampagne nicht beteiligt.
Vorwurf: Kampagne gegen die Jagd
Er habe eine Webseite mit dem Titel www.saegermeister.de erstellt, führte die Richterin aus, auf der Bilder mit umgeschnittenen Jagdständen zu sehen gewesen wären. Das wären allgemein Fotos von Jagdständen gewesen, sagte Faulmann dazu, die ganze Webseite sei eine Persiflage gewesen, ein Kunstprojekt. Dazu legte Faulmann ein Urteil des Landesgerichts in Stuttgart vor, das den satirischen Charakter der Seite anerkannt habe und dass sich allein schon der Titel an das alkoholische Getränk Jägermeister angelehnt habe. Abgesehen davon, sagte Faulmann, habe er sich gleich auf der ersten Seite dieser Website von strafbaren Handlungen distanziert und gesagt, man solle keine begehen. Typisch für die SOKO sei, dass sie diesen Teil seiner Webseite wieder einmal im Akt verheimlicht hätten, um einen falschen Eindruck zu erzeugen. Die Webseite habe es im Übrigen nur im Jahr 2006 gegeben. Faulmann legte die Startseite als Beweismittel vor.
Halten Sie es für möglich, dass irgendjemand durch diese Seite zu kriminellen Straftaten motiviert werden könnte, fragte die Richterin. In erster Instanz sei er in Deutschland wegen dieser Seite wegen Nötigung verurteilt worden, weil sich die Richter nach Ansicht des damaligen Gerichts aufgrund der Seite im Wald angeblich gefürchtet hätten. Das vorgelegte Landesgerichtsurteil habe aber dieses Urteil wieder aufgehoben. Die SOKO habe im Akt auch dieses Urteil zitiert, aber genau die relevanten Passagen ausgelassen, damit wiederum ein krimineller Eindruck entstehen würde.
Dann berichtete Faulmann von einer Aktion von PETA vor einer Jagdmesse in Deutschland, bei der er sich als blutiger Jäger unter einen selbstgebauten Jagdstand gelegt habe, während dieser von als Tieren verkleideten AktivistInnen umgesägt wurde.
Vorwurf: Kampagne gegen Legebatterie-Eier
Die Richterin fragte Faulmann, ob er an Recherchen von Legebatterien teilgenommen habe. Ja, meinte dieser dazu, er sei aber hauptsächlich mit dem Funkgerät im Feld gelegen und hätte sich nicht in den Tierfabriken drinnen aufgehalten. Die Richterin legte dann einen Observationsbericht vor, wonach Faulmann zusammen mit DDr. Balluch am 5. 3. 2008 bei der Legebatterie der Wr. Neustädter Frischei gewesen sei.
Das sei ein Paradebeispiel dafür, wie stümperhaft die SOKO vorgegangen sei, wollte Faulmann zu erklären beginnen. Er solle das nicht ins Lächerliche ziehen, sagte die Richterin, es gäbe nämlich tatsächlich Straftaten, wenn auch von unbekannten TäterInnen, sonst säßen wir nicht hier!
.
Die SOKO habe nach der Recherche die dritte beteiligte Person angehalten, zur Ausweisleistung aufgefordert und perlustriert. Danach sei im Polizeibericht gestanden, dass es sich um Herrn Friedrich Heribert
gehandelt habe. Diese Person gäbe es aber gar nicht. Derjenige, der damals wirklich dabei war, werde von Faulmann als Zeuge beantragt.
Weiters habe laut Faulmann die SOKO in ihrem Bericht behauptet, nach der Recherche hätte es ein rundes Loch im Zaun gegeben, das geschnitten worden wäre. Diese Behauptung sei frei erfunden, meinte Faulmann. Er sei dann dort gewesen und habe den gesamten Zaun gefilmt, aber kein Loch gefunden. Das Video könne er vorführen. Abgesehen davon sei es zu keiner Anzeige wegen Sachbeschädigung gekommen, als könne auch diese Behauptung als Propagandatrick der SOKO abgetan werden, um die Angeklagten anzuschwärzen.
Die genannten Recherche bei der Legebatterie sei eine Vorrecherche der Vier Pfoten gewesen. Ein Jahr später hätte es einen offiziellen Besuch gegeben und erst vor drei Wochen habe die Hauptrecherche stattgefunden. Das gesamte Projekt habe jetzt zu einer Anzeige gegen den Besitzer dieser Legebatterie, DI Karl Latschenberger und seines Zeichens ÖVP-Bürgermeister, geführt. Dazu zeigte Faulmann Bilder von gequälten Hühnern aus dieser Legebatterie.
Das wolle sie nicht sehen, rief die Richterin, das sei kein Beweisthema! Anwalt Mag. Traxler sagte dazu aber, das das sehr wohl relevant wäre, weil man Faulmann und DDr. Balluch vorwerfe, genau diese Recherche sei zur Unterstützung einer kriminellen Organisation durchgeführt worden. Tatsächlich aber habe es sich um das Aufdecken von Straftaten gehandelt.
Warum das nicht bereits am 6. März 2008 angezeigt worden wäre, wollte die Richterin wissen. Damals hätte es sich nur um eine Vorrecherche gehandelt. Zu dieser Zeit waren Legebatterien noch nicht verboten. Das Verbot trat erst Anfang 2009 in Kraft. Er sei für diese Aktion in Untersuchungshaft gesessen, sagte Faulmann, daher sei er ein Geschädigter durch die Tierquälereien von ÖVP-Bürgermeister Latschenberger und daher habe er sich als Privatbeteiligter an das Strafverfahren gegen diesen angeschlossen. In diesem gesamten Tierschutzprozess würde laufend die Opfer-Täter Rolle verwechselt!
Das hier sei ein Strafverfahren, hier ginge es nicht um Werbung für den Tierschutz, sagte die Richterin dazwischen. Wir müssten dieses Verfahren führen, fügte sie an, und kurz konnte der Eindruck entstehen, dass auch sie dieses Verfahren nicht befürwortete. Anwalt Mag. Bischof meinte, dass er nicht für den Strafantrag verantwortlich sei, aber dass dieser Vorwurf, die Legebatterie-Recherche würde Kriminelle unterstützen, tatsächlich angeklagt sei. Da begannen einige Personen im Saal laut Einstellen!, Einstellen!
zu rufen. Die Richterin griff nicht ein. Der Staatsanwalt rief, er fordere, dass dieses Verfahren entsprechend der Strafprozessordnung durchgeführt werde!
Nachdem Ruhe eingetreten war, fragte der Staatsanwalt Herrn Faulmann, ob sich die Vier Pfoten auch ab und zu AktivistInnen des VGT ausborgen würden. Ja, meinte dieser dazu, die Vier Pfoten wären oft sehr froh über die Hilfe von VGT-AktivistInnen.
Und was wäre Faulmanns Beziehung zur OGPI, wollte der Staatsanwalt weiter wissen? PETA habe nur einen informellen, sehr losen Kontakt gehabt, die Vier Pfoten und er persönlich überhaupt keinen.
Ob Faulmann sich an der Kleider Bauer Kampagne beteiligt habe, fragte der Staatsanwalt. Nein, war die Antwort. Ab und zu sei er auf Demonstrationen als Teilnehmer gewesen, aber er habe diese Kampagne nicht geführt.
Vorwurf Computerverschlüsselung
Auf Vorhalt sagte Faulmann dazu nur, dass er bis zur U-Haft keine Verschlüsselung benutzt hätte. Seitdem würde er einsehen, wie notwendig das sei und er würde jetzt schon verschlüsseln, um, wie Anwalt Mag. Bischof das ausgedrückt habe, die Briefkuverts zu verschließen.
Vorwurf Schweinebefreiung
Die Richterin führte den Tatvorwurf aus. Jemand habe zwischen 30. und 31. März 2008 ein Eisentor einer Schweinemasthalle geöffnet, einige Boxentüren ausgehängt und dann 400 Schweine in die umliegenden Felder entkommen lassen. Ob Faulmann damit etwas zu tun habe. Nein, sagte dieser, habe er nicht. Insbesondere bestreite er die Sachbeschädigung und die Tierquälerei.
Ob er diesen Schweinestall gekannt habe. Ja, er wäre oft vorbeigekommen und die Halle sei viele Jahre lang leer gestanden.
Die Richterin legte dann Telefonüberwachungsprotokolle vor, wonach Faulmann am 30. März etwa um 18 Uhr in der Gegend gewesen wäre. Anschließend sei er ab etwa 22 Uhr bei ihm in Wr. Neustadt zu Hause gewesen und ab 3 Uhr früh in Wien. Das ergebe sich aus der Handy-Peilung. Ob Faulmann Kenntnis von diesem Betrieb habe, wollte die Richterin dann wissen. Bei Befragungen so konkreten Straftaten dieser Art fühlte sie sich sichtlich viel wohler, als bei Fragen zur Gesinnung und § 278a.
Faulmann gab an, dass er bei dem Betrieb immer wieder einmal durchs Fenster geschaut habe, weil er bei Radfahrten dort öfter vorbeigekommen sei. Es habe sich um eine grauenhafte Massentierhaltung ohne Stroh und reinen Vollspaltenböden gehandelt.
Laut Polizeibericht habe es nach der Befreiung drei tote und etwa 40 verletzte Schweine gegeben. Und eine Sachbeschädigung. Faulmann sagte dazu, dass laut Fotos im Akt nichts beschädigt war. Die angebliche Sachbeschädigung wäre nämlich nur ein leicht verbogener Eisenriegel am Eisentor gewesen. Das könne man sofort zurückbiegen. Die drei toten Schweine waren schon vorher tot, wie man den Fotos entnehmen kann. Er würde gerne ein Gutachten von Prof. Loupal von der veterinärmedizinischen Universität vorlegen, das diese Ansicht bestätige.
Die Richterin wollte aber zunächst über die Inhalte von Telefongesprächen reden. Um 18 Uhr hätte Faulmann am Telefon gesagt, er schaue gerade eine Ferkelzucht an. Und um 18:15 Uhr habe er telefonisch gefragt, wie die Schweinepest ausschaue, weil er gerade Schweine mit großen schwarzen Löchern und vielen Flecken sehe.
Faulmann sagte dazu, dass er an diesem Tag mit etwa 10 anderen Personen, darunter einige von den Vier Pfoten, eine Radtour unternommen hätte. Dabei hätten sie auch Tierfabriken angeschaut. Sie wären auch bei der vorliegenden Fabrik vorbeigekommen und er hätte durchs Fenster geschaut. Eine andere Person wäre einige Schritte durch die offene Tür hineingegangen und habe dort Fotos aufgenommen, die er vorlegte.
Haben Sie diese Schweine befreit, fragte die Richterin. Nein, sagte Faulmann. Es gäbe ja ein Bekennerschreiben mit Fotos und die wären in der Nacht aufgenommen worden. Dazu beantragte der Staatsanwalt ein meteorologischen Gutachten, ob es um 18:20 Uhr zu dieser Jahreszeit schon dunkel war.
Die Richterin fügte an, dass Faulmann um 7:34 Uhr mit dem VGT-Büro telefoniert habe und dabei bereits von der Aktion wusste. Die Anzeige des Besitzers bei der Polizei sei aber erst um 8 Uhr eingebracht worden. Wie Faulmann zu Tierbefreiungen stehe?
Er mache selber derartige Befreiungen nicht, außer offene Befreiungen mit Medien wegen der Wirkung dieser Tat in der Öffentlichkeit. Er habe aber Verständnis für solche Aktionen, auch wenn er über seine Gesinnung nicht sprechen wolle.
Um 4:40 Uhr habe Faulmann ein Email mit dem Bekennerschreiben verschickt, das ihm vorher selber zugeschickt worden war. Dazu legte die Richterin beide Emails vor. Er habe das Bekennerschreiben nur zur Information weitergeleitet. Dass er sich aber vorher nicht selbst das Bekennerschreiben geschickt habe, erkenne man daran, dass es an die falsche Adresse geschickt worden sei. Googlemail habe es dann erst an ihn weitergeleitet.
Es gäbe auch eine Bekennung auf Englisch auf der Webseite Bite Back, meinte die Richterin. Das habe er erst aus dem Akt erfahren, sagte Faulmann. Von wem das Bekennerschreiben wäre, fragte die Richterin. Vermutlich von den TäterInnen, aber er wisse es nicht, war die Antwort.
Um 18:23 Uhr wäre er in der Gegend gewesen, um 18:52 Uhr wieder daheim in Wr. Neustadt? Ja, meinte Faulmann, er war ja mit dem Fahrrad unterwegs. Anschließend, so führte die Richterin aus, gab es Peilungen um 22:53 Uhr in Wr. Neustadt, um 0:04 Uhr in Wr. Neustadt und um 2:58 Uhr in Wien.
Wenn man sich zu einer Straftat bekenne, dann wäre das strafmildernd, führte die Richterin aus. Diese Befreiung sei ja verständlich, die Tiere würden in der Haltung leiden. Warum solle man sich nicht öffentlich zu dieser Tat bekennen? Die Aktion sei aber sinnlos gewesen, meinte Faulmann dazu, weil der Tierquäler, der die Fabrik betreibt, alle Schweine wieder hineingetrieben habe.
Ob es in so einem Fall Streit unter den Tieren gäbe, fragte die Richterin. Das Foto von der Befreiung zeige die Tiere in der Nacht auf der Wiese friedlich nebeneinander grasend, sagte Faulmann dazu. Man sehe auch keine Verletzungen an den Tieren.
Drei wären aber gestorben, wiederholte die Richterin. Die waren aber schon vorher tot, stellte Faulmann dazu fest und zeigte die Fotos, die um 18:20 Uhr aufgenommen worden waren. Darauf waren tote Tiere zu sehen und die Richterin anerkannte, dass das grauslich sei. Anwalt Mag. Traxler fügte noch einmal hinzu, dass ein Gutachten von Prof. Loupal bestätige, dass die Tiere schon länger tot waren. Die Richterin nahm das Gutachten aber nicht an, weil es ein Privatgutachten sei. Es werde dazu einen gerichtlich beeideten Sachverständigen geben, kündigte sie an. Dieser Gutachter sei aber weder Tierarzt noch für den Tierschutz, sagte Faulmann dazu, weshalb er diesen Gutachter abgelehnt habe. Er habe sich aber selbst für kompetent und unbefangen erklärt, kommentierte die Richterin, worauf der Saal lachte.
Dann ergriff Anwalt Mag. Traxler das Wort und wies auf einen wichtigen Umstand hin. Faulmanns Handy war laufend bei dieser Radtour gepeilt worden, insbesondere weil Faulmann praktisch alle 20 Minuten telefoniert hatte. Daraus ergab sich, dass Faulmann knapp vor 14 Uhr mit der Radtour begonnen hatte. Um 17:48 Uhr war er noch vor dem besagten Schweinebetrieb, um 18:14 Uhr bereits danach. In dieser kurzen Zeit sei eine derartige Befreiung nicht möglich, weil selbst der Besitzer angegeben hatte, dass das Aushängen aller Boxentüren insgesamt etwa 15 Minuten benötige. In diesen 26 Minuten sei Faulmann aber zusätzlich noch 6 km mit dem Rad gefahren. Vielleicht wäre er nicht mit dem Rad unterwegs gewesen, kommentierte die Richterin. Man dürfe dort nicht mit dem Auto fahren, sagte Faulmann dazu. Abgesehen davon habe ihn die SOKO zu dieser Zeit observiert, wüsse also genau, dass er die Schweine nicht befreit habe. Warum gebe die SOKO die Observationsprotokolle dazu nicht her? Warum sollte die Polizei das tun, Beweise der Unschuld zurückhalten, fragte die Richterin. Die SOKO habe einen riesigen Erfolgsdruck, nach fast 4 Jahren Ermittlungen. Es wurde sehr viel Geld ausgegeben, aber es gab bisher keinen Erfolg. Daher habe sie sehr wohl ein Motiv, Entlastendes zu verschweigen, meinte Faulmann dazu.
Mit dieser Beobachtung ging es von 12:03 Uhr – 13:05 Uhr in die Mittagspause.
Dann beantragte Anwalt Mag. Traxler eine Zeugin. Sie sei bei der Radtour dabei gewesen und könne bezeugen, dass Faulmann dabei nicht die Schweine befreit habe.
Zur Frage der Zulassung der Zeugin ließ die Richterin die Entscheidung offen, wollte aber an dieser Stelle protokolliert haben, dass eine Webseite mit der Bezeichnung tierschutzprozess.at genau widergeben würde, was im Verfahren gesagt wird.
Fotos aus dem VGT-Büro
Themenwechsel. Die Richterin begann eine Reihe von Fotos vorzulegen, die im Büro des VGT gefunden worden sein sollen. Zunächst projizierte sie ein Foto aus dem Jahr 2000 an die Wand, auf dem Faulmann zusammen mit Anwalt Dr. Haberditzl und unbekannten Personen in Wanderausrüstung hinter einem umgestürzten Jagdstand zu sehen ist. Man finde öfter liegende Hochstände beim Wandern, meinte Faulmann dazu. Als Tierschützer finde man liegende Hochstände gut, weil diese ja den Tieren den Tod bringen. Sie würden von selber nach einiger Zeit umfallen.
Auf weiteren Fotos waren maskierte Personen zu sehen, die Schweine und Hühner befreiten. Eine Gasmaske wie auf einem der Bilder sei auch bei Faulmann gefunden worden, bemerkte die Richterin. Faulmann wies sie aber dann darauf hin, dass auf keinem der Fotos eine Gasmaske zu sehen war und die Richterin anerkannte das. Sie habe sich geirrt. Die Gasmaske würde Faulmann für Aktionen verwenden, gab er an, z.B. zusammen mit dem Transparent Diese Tierquälerei stinkt zum Himmel
.
Es wären auch Spritzen und Sägen bei Faulmann gefunden worden, gab die Richterin an. Die Spritzen wären in einem großen Paket für ein Tierheim zusammen mit vielen anderen medizinischen Utensilien gewesen, sagte Faulmann. Die Sägen würde er zum Schneiden seines Brennholzes verwenden.
An dieser Stelle wollte einer der der BaT zugeordneten Angeklagten mit seiner Anwältin sprechen und verließ den Gerichtssaal. Die Richterin verhinderte das allerdings und betonte, dass die Angeklagten auch durch ihr Verhalten im Gerichtssaal ein Bild von sich zeigen würden, das dann ins Urteil einfließe.
Vorwurf Pelztierbefreiung
Es habe in den letzten 7-10 Jahren strafbare Handlungen und Bekennerschreiben mit Tierschutzbezug gegeben, sagte die Richterin. Sehen Sie da keinen Handlungsbedarf? Allein im Jahr 2007 habe es aber 35 Mal mehr Fälle von strafrechtlicher Tierquälerei gegeben, als strafbare Handlungen vom Tierschutz, meinte Faulmann dazu. Und es gibt keine SOKO. Er selbst sei, wie schon gesagt, öfter physisch angegriffen und schwer verletzt worden, aber auch das sei nie von einer SOKO untersucht worden. Also, nein, er sehe nicht ein, warum es im Tierschutz eine SOKO gäbe.
Dann fasste die Richterin den Tatbestand zur Nerzbefreiung zusammen. Bei der Hausdurchsuchung des VGT-Büros hätte sich herausgestellt, dass bereits 1994 in der besagten Nerzfarm Pfeiffer gefilmt worden war. 1996 habe dann jemand erstmals dort Nerze befreit, die Fotos dazu fänden sich beim VGT. Dann habe es am 25. 7. 1996 bei der Bezirkshauptmannschaft Gmünd und am 31. 7. 1996 bei der Bezirkshauptmannschaft Zwettl handschriftlich eingebrachte Bombendrohungen gegeben. Anfang Juli 1997 seien dann 400 Nerze aus der Nerzfarm befreit worden. Ein Bekennerschreiben würde vorliegen. Die Tochter des Nerzfarmers habe einen Beitrag des deutschen Privat-TV-Senders aufgenommen, in dem 3 mit Tiermasken maskierte Personen von der Befreiung erzählten. Einer davon würde sich wie Faulmann anhören. Ob er diese Nerze vor 13 Jahren befreit habe, wollte die Richterin wissen.
Nein, habe er nicht, war die Antwort. Warum er dann nicht einem Stimmvergleich durch einen unabhängigen Sachverständigen zustimme? Die BeamtInnen hätten ihn damals überraschend gefragt und der Anwalt habe ihm dann abgeraten. Er wolle nicht der SOKO in ihrem Vorgehen gegen den Tierschutz helfen.
Auf Frage der Richterin wollte der Staatsanwalt zu dem ganzen keinen Kommentar abgeben.
Vorwurf Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation
Die rund acht Vorwürfe im Strafantrag, die sich auf die Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation beziehen, erwähnte die Richterin nur zusammenfassend und fragte Faulmann, was er dazu sage. Er wüsse nicht, was daran kriminell sein solle, antwortete dieser. Z.B. habe er sicher Strategien gegen die Jagd entwickelt, aber keine kriminellen. Er würde Missstände aufdecken und sich an Jagdstörungen beteiligen bzw. diese auch manchmal organisieren.
Mitglieder habe er sicher angeworben, aber nicht für eine kriminelle Organisation sondern für die NGOs, für die er arbeitete. Der Staatsanwalt legte dann ein Email einer Frau vor, die sich an PETA in Deutschland gewandt hatte und die meinte sie würde gerne Kontakt zur ALF aufnehmen. Dieses Email habe Faulmann weitergeleitet bekommen, sagte der Staatsanwalt. Das sei richtig, meinte Faulmann, er habe es von seinem Vorgesetzten geschickt bekommen, weil dieser diese Frau als Neuaktivistin eingestuft habe. Anwalt Mag. Traxler beantragte diesen Vorgesetzten als Zeugen dafür, dass alle inkriminierten Tätigkeiten von Faulmann nicht kriminell seien, sondern im Rahmen seiner Pflicht als Arbeitnehmer gesetzt worden waren. Zusätzlich wurden alle seine Vorgesetzten von PETA und Vier Pfoten aus diesem Grund beantragt.
Ob er Kontakte zu ausländischen AktivistInnen habe, fragte die Richterin und sah dabei offenbar selbst keinen Zusammenhang zu einem kriminellen Vorwurf. Ja, sagte Faulmann, und damit war die Sache bewendet. Ob er auch auf dem Tierschutztreffen in Appelscha in Holland gewesen sei, wollte die Richterin wissen. Nein, meinte Faulmann, und er wüsse auch nicht, warum das überhaupt im Strafantrag behauptet wird.
Er habe bei einem Workshop an einem Tierrechtskongress zum Thema referiert, wie man sich gegenüber Polizei und Justiz verhalten solle, monierte der Staatsanwalt. Ja, er habe dabei über seine Erfahrungen bei der Tierschutzarbeit berichtet, antwortete Faulmann. Es ginge dabei um die Versuche von Polizei und Behörde, die AktivistInnen einzuschüchtern und falsch zu informieren. Er wollte davor warnen und erklären, wie man sich dagegen zur Wehr setzen könne.
Im Jahr 2002 hätte Faulmann laut Staatsanwalt ein Email im Fadinger-Forum geschrieben, in dem stünde, dass er bald ein Gespräch mit einem Zirkus habe und dieser hoffentlich alle Elefanten abgeben werde, sonst seien die Zündler nicht mehr zu bremsen. Er könne sich daran nicht erinnern, meinte Faulmann, aber es habe sicher keinen Zusammenhang zu einer Brandstiftung gegeben. Vielleicht habe er gemeint, dass wenn der Zirkus seine Elefanten abgebe, sicher niemand Brandstifungen begehen werde. In jedem Fall war in dem Gespräch mit dem Zirkus davon keine Rede.
Anwalt Mag. Traxler beantragte dann weitere 8 ZeugInnen, die bestätigen sollten, dass Faulmann immer nur typische NGO-Arbeit geleistet habe. Faulmann selbst wollte dann zu weiteren Vorwürfen im Strafantrag Stellung nehmen, die seine Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation beweisen sollen, wie z.B. den Tierrechtskongress, das Kunstsymposium oder die Animal Liberation Workshops, aber die Richterin sah es offenbar nicht mehr als notwendig an, diese Punkte zu behandeln.
Anwalt Mag. Traxler legte dann noch eine Negativliste der Vier Pfoten vor, in der Firmen genannt werden, die im Tierschutz besonders negativ aufgefallen seien. Im Strafantrag werde das zwar nicht den Vier Pfoten aber anderen Gruppen vorgeworfen. Die Richterin war aber daran nicht interessiert und nahm diesen Beweisantrag nicht an.
Fragen von DDr. Balluch
DDr. Balluch wollte dann wieder Fragen an den Angeklagten stellen. Das wurde ihm zwar von der Richterin erlaubt, aber sie kommentierte es zynisch mit den Worten, DDr. Balluch höre sich offenbar selbst gerne reden.
Auf Befragung durch DDr. Balluch gab Faulmann an, dass DDr. Balluch erst im Sommer 1997, jedenfalls nach Mai 1997, nach Österreich und zum VGT gekommen sei. Davor habe es keinen Kontakt gegeben. Faulmann könne sich deshalb daran erinnern, weil er zu dieser Zeit Vegetarier geworden war und durch DDr. Balluch inspiriert wurde, vegan zu werden.
DDr. Balluch legte Faulmann dann ein Pelzflugblatt vor und dieser gab an, dass dieses Flugblatt vom damaligen Geschäftsführer vom VGT, Dr. Plank, geschrieben worden war und dass es definitiv bereits existiert habe, bevor DDr. Balluch zum VGT gekommen sei.
Zum Konflikt mit Dr. Plank befragt, gab Faulmann an, dass er diesen Konflikt von Anfang an miterlebt habe. Er war ja zu dieser Zeit ehrenamtlicher Kampagnenleiter und Vorstandsmitglied beim VGT. Es habe jedenfalls keinerlei Konflikte bzgl. Radikalität zwischen Dr. Plank und dem Rest und insbesondere DDr. Balluch gegeben. Dr. Plank habe damals gesagt, er sei vegan und er habe auch die Aktionsformen von DDr. Balluch nicht als zu radikal empfunden. Der Konflikt sei dadurch entstanden, dass die Buchhalterin des VGT gemeldet habe, dass Dr. Plank Tierschutzspendengelder nicht bestimmungsgemäß verwende. Der Vorstand, zu dem DDr. Balluch nicht gehört hat, habe Dr. Plank dann vorgeschlagen, dass seine Geldverwendung kontrolliert werde. Das habe Dr. Plank vehement abgelehnt. Daraufhin sei der Konflikt eskaliert und Dr. Plank wurde abgewählt und aus dem VGT ausgeschlossen.
Dr. Plank habe daraufhin alle Schuld an diesem Konflikt DDr. Balluch gegeben, obwohl dieser an diesem Konflikt überhaupt nicht beteiligt war. Er sei zunächst nicht zum Obmann gewählt worden, sondern erst 6 Monate später Obmann geworden. Damals habe Faulmann des VGT verlassen und sei nach Deutschland gegangen. Dr. Plank würde DDr. Balluch sehr hassen und an ihm seitdem Rache nehmen wollen. Es sei davon auszugehen, dass die damalige anonyme Anzeige gegen DDr. Balluch und ihn von Dr. Plank stamme. Das würde sowohl seinem Charakter als auch seinem Vorgehen in derartigen Konflikten entsprechen.
Der Staatsanwalt beantragte dazu die Beischaffung der Ermittlungsakten gegen Dr. Plank wegen Hinterziehung von Spendengeldern.
Zur Frage von DDr. Balluch, worin der Konflikt zwischen der BaT und der OGPI auf der einen Seite und DDr. Balluch und dem VGT auf der anderen bestanden habe, gab Faulmann an, dass es um Reformismus und die Einstellung zum Universellen Leben gegangen sei. In einem von DDr. Balluch vorgelegten Text, in dem der VGT wegen seiner Reformkampagnen als größte Kraft gegen Veganismus und Tierrechte bezeichnet wird, würde Faulmann das Umfeld der OGPI wiedererkennen.
Auf die Frage von DDr. Balluch, ob Faulmann ihn jemals im privaten oder öffentlichen Vortrag von der ALF schwärmen oder sie bewerben gehört habe, antwortete dieser klar nein.
Befragung Chris Moser: künstlerische Tätigkeit
Anschließend begann die Befragung vom nächsten Angeklagten, Chris Moser aus Tirol. Er sei seit 2006 beim VGT angestellt gewesen. Er nenne sich Radikalkünstler, seine Homepage sei radikalkunst.net. Er habe eine Ausbildung als bildender Künstler an Stein und Holz. Seine Stilmittel seien Provokation, Sarkasmus, Ironie und Übertreibung. Er lebe seine Kunst 24 Stunden pro Tag, 7 Tage die Woche. Alle seine Äußerungen müsse man also in diesem Sinn verstehen. Die Emails seien aus dem Blickwinkel seiner Kunst zu interpretieren, sie seien nicht analytisch durchdacht sondern provokative Einwürfe.
Die Richterin fragte, ob Moser Sterne und Maschinengewehre als Darstellungsmittel verwende. Ja, das würde er tun, war die Antwort. Ob er dann das Transparent gemacht habe, das bei Prozessbeginn an der A2 aufgehängt worden war. Das sei nicht von ihm, er sei damals nach Ende des Prozesses gleich nach Hause gefahren.
Kleider Bauer Kampagne
Ob er sich an der Kleider Bauer Kampagne beteiligt habe, wollte die Richterin wissen. Ja, er war beim VGT dafür angestellt, an Wochenenden die Demonstrationen vor Kleider Bauer zu organisieren und AktivistInnen zu rekrutieren. Das wäre die erste Kampagne in Tirol gewesen, eine P&C Kampagne habe es nicht gegeben.
Zwei Mal habe er Run-ins durchgeführt, es habe aber nie home demos gegeben. Die Absprache mit DDr. Balluch sei nur juristischer Natur gewesen, als Hilfe für die Demonstrationsanmeldungen und die Diskussionen mit der Behörde bei Problemen.
Und wieder radikale Emails
Zur ALF gäbe es eine positive Assoziation wegen den Tierbefreiungen, die Webseite Bite Back sei ihm aber unbekannt. Seit 2001 sei er politisch tätig, seine Homepage sei mit der BaT verlinkt, nachdem er dort angefragt habe, ob er das dürfe. Er habe aber keinen Kontakt zur BaT gehabt außer dieser Anfrage per Email.
Die Richterin legte ihm dann ein Email vor, in dem er gesagt haben soll, er würde vorschlagen nur Menschen mit kriminellen Grundpotential
auf das Fadinger-Internetforum zu lassen. Er habe dazu einen Smiley gesetzt und das ganze unter Anführungszeichen geschrieben, um zu unterstreichen, dass es nicht ernst gemeint sei. Es ging ihm um Aufgeschlossenheit gegenüber Aktionen des zivilen Ungehorsams.
In einem weiteren Email habe er am Fadinger-Forum gesagt, dass dieses Forum offenbar nicht für Personen mit illegaler Aktionserfahrung gedacht sei, meinte die Richterin. Was habe er damit gemeint? Es ging um Jagdstörungen, Besetzungen, Blockaden und dergleichen.
In einem weiteren Fadinger-Foren-Email habe er gemeint, man solle die Dinge möglichst lang geheim halten, sagte die Richterin. Es ging um zivilen Ungehorsam und Recherchen, kommentierte Moser.
DDr. Balluch habe ihm einen GPG-Schlüssel wegen einer größeren Aktion
geschickt, zeigte die Richterin ein Email. Er wisse nicht mehr, was das Thema damals gewesen sei, aber wahrscheinlich ging es um eine Jagdstörung. Er sei 2-3 Mal im Osten Österreichs auf Jagdstörungen gewesen. Es wurde ja angenommen, dass Fadinger von der Polizei mitgelesen werde und deshalb habe man über solche Dinge auf der Liste nicht sprechen wollen.
Zusammenarbeit mit anderen Angeklagten
Auf Anfrage durch die Richterin sagte Moser, er habe DDr. Balluch und Faulmann beim Kunstsymposium in Großwarasdorf im Burgenland im Jahr 2001 kennengelernt, das er als Künstler besucht habe. Zu fast allen anderen habe er praktisch keinen Kontakt, mit DI Völkl habe er nie gesprochen. Die BaT-Mitglieder habe er nie gesehen oder nur vom Sehen gekannt. Die VGT-MitarbeiterInnen Richter, Springer und Harald Balluch habe er ein bisschen von Demonstrationen her gekannt, auf denen er sie gesehen habe.
Zur ALF
Ob er Keith Mann kenne, wollte die Richterin wissen. Er habe dessen Vortrag am Kunstsymposium gehört, aber vorher sei dessen Name ihm nie untergekommen.
Er habe für ihn aber in Innsbruck eine Buchpräsentation organisiert. Er sei vom VGT lediglich dazu beauftragt worden, für Keith Manns Buchpräsentation einen Veranstaltungsort zu finden und das sei das PMK in Innsbruck gewesen, zu dem er Beziehungen gehabt habe.
In einem Email habe er im Jahr 2002 Interesse an einer ALF-Unterstützungswoche bekundet, blieb die Richterin hartnäckig. Das sei von ALF-Supporters Group organisiert worden, eine legale Gruppe, die sich um die wegen Tierschutzaktionen im Gefängnis sitzenden Personen und ihre Angehörigen kümmert. Diese Gruppe habe nichts mit ALF-Aktionen zu tun.
Und noch einmal radikale Emails
Die Richterin legte ein Email von Moser vor, in den dieser zu Gewalt auf Demos schrieb und meinte, es gäbe keinen Befehl zu Gewaltverzicht. Es sei damals um eine Demonstration gegen Pelz in Graz gegangen. Ein Pelzgeschäft habe illegal einen Pro-Pelz Infotisch mitten in die angemeldete Antipelzdemonstration gestellt und dieser Tisch sei dabei umgeworfen worden. Es habe sich dann eine Diskussion darüber entsponnen, ob das gerechtfertigt war.
In einem weiteren Email von Moser, das die Richterin an die Wand projizierte, soll dieser geschrieben haben, dass man einen Ausflug zu den RAF-Toten
unternehmen könne, um zur Besinnung zu kommen. Ob er es nicht als problematisch ansehe, von der RAF ermordete Menschen politisch zu missbrauchen. Nein, meinte Moser, das sei ein Missverständnis. Faulmann hätte zu dieser Zeit in Stuttgart gewohnt und es ging darum, ihn dort zu besuchen und dabei die in Stammheim gestorbenen RAF-AktivistInnen Baader, Ensslin und Raspe am Friedhof zu besuchen. Das Thema des Emails war ein ganz anderes, die Botschaft war eigentlich streitets nicht!
.
Die Richterin kritisierte, dass Moser nicht deutlich genug spreche. Das wäre für ihn als Tiroler zwar schwierig, aber er solle sich bemühen. Ein weiteres Email von der Richterin wurde vorgelegt, in dem Moser von einem 19 jährigen Mann berichtet, der auf einem Treffen war, auf dem über ALF-Aktionen und Strategien geredet worden sei und danach eine Webseite zur Vegan-Army
eröffnet habe. Moser sagte, es habe sich bei diesem Treffen um die Total Liberation Tour gehandelt, eine Tour einer veganen Band, die in verschiedenen Städten Musikkonzerte abhielten. Er wurde gebeten zum Konzert in Innsbruck einen Vortrag über die Kleider Bauer Kampagne zu halten. Danach habe es Diskussionen im privaten Kreis gegeben. Diese Band hatte einen revolutionären Anspruch und das habe sich in den Diskussionen danach widergespiegelt.
In einem anderen Email habe Moser gesagt, der paramilitärische Talibantouch
würde ihn nicht stören. Das sei aus dem Zusammenhang gerissen, sagte Moser. Es hätte eine Diskussion über ein Aktivistencamp gegeben und man wollte das für einige Tage in der Wildnis abhalten. Eine Tierschützerin habe gesagt, warum man dafür in die Wildnis ginge, das hätte dann ja einen paramilitärischen Talibantouch
. Er habe das lustig gefunden und scherzhaft kommentiert. Tatsächlich wollte man in die Wildnis ausweichen, weil niemand einen geeigneten Ort in Tirol gekannt hatte, der billig zu mieten gewesen wäre.
Radikale Kunst
Er habe eine Skulptur geschaffen, die vermummt einen Molotov-Cocktail werfe. Warum das, fragte die Richterin. Es handle sich um das Molotov-Männchen
, sagte Moser, und es sei Teil seiner Radikalkunstwerke mit politischem Anspruch. Die SOKO habe es bei der Hausdurchsuchung absichtlich zerstört und ihm die den Molotov-Cocktail werfende Hand abgebrochen.
In einem Email habe Moser angegeben, es habe ein Verfahren wegen Bombendrohung gegen ihn gegeben. Stimme das, fragte die Richterin. Ja, meinte Moser, aber es sei eingestellt worden. Er habe damals den Eindruck gehabt, seine Post würde gelesen. Daraufhin habe er auf das Kuvert eines Briefes an eine eingeweihte Person geschrieben: Öffnet nur den Brief, ihr Arschlöcher, irgendwann ist eine Bombe drin
. Das Gericht habe das dann als Satire anerkannt.
Die Richterin legte dann einen handschriftlichen Text von Moser vor, der von Gewalt handle und der in seinem Haus gefunden worden sei. Das sei der Textentwurf zu einem seiner Musikstücke gewesen, sagte Moser dazu. Das sei Teil seiner Kunst.
Wozu machen Sie Radikalkunst, fragte da die Richterin. Ist diese Gewaltsprache nötig? Er wolle lediglich provozieren und aufrütteln, antwortete Moser.
Zurück zur ALF
Ob er die ALF vor seiner Festnahme gekannt habe, wollte die Richterin wissen. Ja, aber nur peripher. So richtig kenne er sie erst seitdem es diesen Prozess gäbe.
Der Staatsanwalt zeigte dann ein Email, in dem Moser ein Feedback-Formular nach einem ALW in Innsbruck wiedergab, in dem ein Deutscher den VGT mit der ALF assoziierte. Moser meinte dazu, dass er das sehr seltsam empfunden habe und deshalb es überhaupt weitergeleitet habe. Da der VGT in Deutschland in manchen Kreisen einen sehr negativen Ruf habe wegen der Geschichte mit dem Universellen Leben, hätte es ihn besonders beeindruckt, dass der VGT, statt, wie zu erwarten, mit dem UL, mit der ALF identifiziert worden sei.
Der Staatsanwalt legte dann ein Email von Mosers Frau vor, in dem diese beschrieb, dass der gemeinsame Sohn ALF-Aktivisten zeichne, die Tiere befreien oder Tiere, die Versuche an Menschen machen würden, und zwar aus Rache. Moser antwortete dazu, dass es um Tierbefreiungen ginge und das wäre eine kindgerechte Lösung für das Problem des Tierleids. Sie als Eltern würden ihren Kindern die Wahrheit um die brutale Tierausbeutung nicht vorenthalten. Das Kind ginge so damit um, dass es Tierbefreiungen fantasiere. Daran sehe er nichts Negatives.
Die Richterin wandte dazu ein, das Tierbefreiungen aber illegal seien. Er fände Tierbefreiungen moralisch verständlich, sagte Moser dazu, auch wenn er selber das nicht täte. Seine Frau und er wollten ihre Kinder nicht anlügen, Tierrechtsthemen würden offen angesprochen.
Was ist in Ihren Augen ziviler Ungehorsam, wollte der Staatsanwalt wissen. Wie weit ginge das? Jagdstörungen, Besetzungen wie die eines Tierversuchslabors oder der ÖVP-Zentrale, oder Run-ins halte er für richtig und habe er auch mitgemacht, meinte Moser dazu. Es ginge dabei um Bewusstseinsarbeit.
Ob er auch an einem Run-in in die Legebatterie Wolf im Burgenland im Jahr 2004 beteiligt war, wollte die Richterin wissen. Er sei nicht dabei gewesen, sagte dazu Moser. Er habe sofort noch in der U-Haft alle Run-ins aufgezählt, an denen er beteiligt war. Er wüsse nicht, warum ihm dieser Run-in im Burgenland unterstellt würde, aber er fände an Run-ins sowieso nichts Verwerfliches. Er hätte also keinen Grund seine Teilnahme zu verheimlichen.
Warum er sich für die ALF interessiere, fragte die Richterin. Er sehe einen großen Unterschied zwischen Gewalt gegen Menschen und Gewalt gegen Sachen, sagte Moser. Ob Tiere für ihn wie Menschen seien, wollte die Richterin wissen. Von der Leidensempfindung her seien Tiere wie Menschen, ja, antwortete Moser. Und das Leiden sei für ihn das Zentrale. Warum er dann keine Sachbeschädigungen für Tierbefreiungen setzen würde, fragte die Richterin nach. Ich unterscheide zwischen ethisch gerechtfertigt und politisch richtig.
Ob es ihn nicht stören würde, dass KundInnen von Kleider Bauer durch seine Demonstrationen belästigt würden. Bei dem von ihm organisierten Kundgebungen seien die TeilnehmerInnen nicht aggressiv sondern entschlossen gewesen. Sie seien zu Recht wütend, dass Pelz verkauft werde. Sie seien daher konfrontativ und provokant, aber nicht aggressiv. Er habe sich bei seinen Kundgebungen immer an die Vorgaben der Polizei angepasst.
Aber zumindest in Wien habe es Belästigungen gegeben, behauptete die Richterin. Die Demonstrationen würden zu einer wirtschaftlichen Schädigung führen. Anwältin Dr. Stuefer warf dazu ein, dass es aber auch in Wien keine Anzeigen wegen derartiger Belästigungen gäbe. Wenn Pelz verkauft wird, muss ich die potentiellen KundInnen informieren, bestand Moser auf seiner Strategie. Welche Mittel wären für Sie denn adäquat, um Kleider Bauer pelzfrei zu machen, fragte die Richterin nach. Demonstrationen und Run-ins, sagte Moser.
Die AnwältInnen wollten immer wieder zu den angesprochenen Punkten Fragen stellen. Die Richterin ließ sie aber nicht zu Wort kommen und beendete an dieser Stelle um 15:43 Uhr diesen Prozesstag.