Tierschutzprozess:
Effektiver Tierschutz und gelebte Demokratie in Gefahr

Tierschutzprozess 75. Tag

Montag 28. Februar 2011

Inhalt:

Der heutige Tag war ausschließlich der Befragung des linguistischen Sachverständigen Dr. Wolfgang Schweiger gewidmet, allerdings kam nicht einmal die Richterin bis zum Ende ihrer Fragen. Der Sachverständige überraschte zunächst dadurch, dass er angab, vom Bericht vom letzten Prozesstag auf der Webseite des Standard gelesen zu haben, dass der Webmaster des TaTblatt seinen Text zu den Hintergrundinformationen hauptsächlich aus dem Artikel Grundsätze der ALF bezogen zu haben. Ohne dafür beauftragt worden zu sein, hat der Sachverständige über das letzte Wochenende auch diesen Artikel analysiert und wollte ihn offenbar DDr. Balluch zuordnen. Doch die Richterin unterbrach den Eifer des Sachverständigen und ließ ihn das entsprechende Ergebnis nicht vortragen. Er solle lediglich über sein Ergänzungsgutachten sprechen.

Auch heute ging es immer wieder um Befangenheitsanträge gegen den Sachverständigen, der sich in einer völlig verwirrten Weise präsentierte und viel Angriffsfläche für solche Anträge bot. So hatte er ja erwähnt, mit seiner Frau wegen Tierschutz häufig zu streiten, wobei er dabei die Position gegen Tierschutz eingenommen habe. Ansonsten hielt der Sachverständige weiterhin an seinen abstrus wirkenden Thesen fest, obwohl es ja Beweise gab, dass DDr. Balluch nicht der Autor einiger dieser Texte sein kann. Insbesondere das Flugblatt von Dr. Plank, dessen Text der Sachverständige DDr. Balluch zugeordnet hatte, weil sich im Text Kongruenzfehler befanden, spielte dabei eine Rolle. Der Sachverständige ignorierte diese Beweise, dass DDr. Balluch nicht der Autor sein kann, völlig und sprach locker und gelöst von seinen Indizien, als ob sie nicht schon längst widerlegt wären. Insbesondere dieser Umstand ließ die Ausführungen des Sachverständigen nachgerade pathologisch erscheinen.

Auf Befragung der Richterin verglich der Sachverständige den Text des eigentlichen Bekennerschreibens zum Zirkus Knie mit dem Text der Hintergrundinformationen vom TaTblatt mit dem Ziel zu beweisen, dass sie vom selben Autor stammen müssen. Das Bekennerschreiben besteht nur aus 4 Sätzen mit 75 Wörtern. Der Sachverständige meinte, er habe von den 56 hauptsächlich statistischen Parametern, die er für die Zuordnung zu DDr. Balluchs Schreibstil verwendet, 19 ähnliche Werte wie bei DDr. Balluch gefunden. 19 von 56 reichte ihm offenbar, um mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zuzuordnen. Dass das aber gleichbedeutend damit war, dass 37 Parameter nicht übereinstimmten, irritierte ihn nicht. Und weiter mache es nach seiner Sicht nichts, wenn die Statistik von z.B. Wörtern pro Satz bei 4 Sätzen nicht sehr groß ist. Wenn die Parameter die gewünschte Zahl zeigten, dann funktionierte der Vergleich nach der Sicht des Sachverständigen, wenn nicht, wenn also die Zahl mit der von DDr. Balluchs Statistik nicht übereinstimmte, dann handelte es sich um ein Problem der Statistik. In diesem Niveau wurde das Gutachten verteidigt. Man darf gespannt sein, was passiert, wenn die Verteidigung und die Angeklagten mit ihren kritischen Fragen an den Sachverständigen beginnen.

Am heutigen Prozesstag waren 25 BesucherInnen im Gerichtssaal. Von den Angeklagten fehlten 4, die Richterin eröffnete die Verhandlung um 9:02 Uhr.

Die SOKO meldet sich zu Wort

Am Beginn der Verhandlung erklärte die Richterin, sie habe von SOKO-Chefinspektorin Bettina Bogner am 25. Februar 2011 ein Email erhalten. Bogner habe die Berichterstattung zu den Prozessinhalten mitverfolgt und wolle daher feststellen, dass das Bekennerschreiben, das dem Sachverständigen als Grundlage übergeben worden sei, von der Webseite des TaTblatt gestammt habe. Es sei damals eine Hausdurchsuchung beim TaTblatt beantragt aber nicht bewilligt worden. Die Polizei habe dann beim TaTblatt um das Original des Bekennerschreibens angefragt, aber jene Person, der vor Gericht als Zeuge aus dem Vorstand des Herausgebervereins des TaTblatt aufgetreten sei, habe die Herausgabe des Bekennerschreibens verweigert. Er habe lediglich gesagt, dass er es elektronisch erhalten habe und es bereits gelöscht sei.

Der Sachverständige sagte, er habe gestern die Webseite des TaTblatt angeschaut und da stehe der Text, den er verwendet habe, genauso weiterhin. Damit bewies er einmal mehr seine Verwirrung, weil er offenbar den feinen Unterschied zwischen dem von ihm verwendeten Text und dem auf der Webseite veröffentlichten, nämlich die von ihm in die Analyse einbezogene Überschrift, bis heute nicht verstanden hat.

Der Sachverständige analysiert Grundsätze der ALF über das Wochenende

Er habe am letzten Verhandlungstag die Präsentation seines Ergänzungsgutachtens bis zur Vorstellung der Hapax-Methode durchgeführt, ermunterte die Richterin den Sachverständigen. Dieser sagte, er habe jetzt über das Wochenende die Anzahl der Wörter des Artikels Grundsätze der ALF gezählt und das würde DDr. Balluch sehr ähnlich sein. Wieso er diesen Text analysiert habe, fragte Anwalt Mag. Traxler dazwischen, das sei nicht der Gutachtensauftrag gewesen. Sie sind nicht dran!, fuhr die Richterin den Anwalt an. Im Übrigen sei das Ranking seiner Indizien die Erweiterung einer Idee eines Innsbrucker Universitätsprofessors, dessen Namen ihm gerade entfallen sei, sagte der Sachverständige. Ob das wissenschaftlich sei, fragte Anwalt Dr. Dohr voll Ungeduld.

Da sagte die Richterin, ihr würden die dauernden Unterbrechungen reichen. Ich lasse Unterbrechungen nicht zu!, schrie sie. Niemand dürfe hier essen, verhöhnen oder Zeitung lesen. Sie habe die Provokationen des Herrn Faulmann erlebt und das sei nicht zulässig.

Anwalt Mag. Bischof bat um Worterteilung. Nein!, sagte die Richterin. Er ersuche im Protokoll festzuhalten, dass ihm die Worterteilung verweigert worden sei, sagte Mag. Bischof. Der Sachverständige solle fortfahren, drängte die Richterin, aber nicht von einer neuen Analyse sprechen, sondern die Hapax-Methode erklären.

Der Hapax-Index sinke anfangs relativ rasch von 100% auf ein niedriges Niveau, bleibe dann ziemlich lang niedrig und steige dann wieder an, sagte der Sachverständige.

Die Richterin unterbrach und sagte, sie habe Springer Zeitung lesen gesehen. Wenn das noch einmal passiere, werde Springer des Gerichtssaals verwiesen.

Er habe die Hapax-Methode jetzt nachgereicht, sagte der Sachverständige, weil Zweifel geäußert worden seien, dass das Bekennerschreiben Zirkus Knie und die Hintergrundinformationen von dem/der selben AutorIn stammen. Meistens funktioniere die Hapax-Methode nicht, in diesem Fall aber zufälligerweise schon. Er habe den Plankbrief und das Bekennerschreiben analysiert und festgestellt, der Hapax-Wert liege auf einer Linie. Er habe jetzt auch die Grundsätze der ALF analysiert und die habe einen Hapax von 81,2% was wiederum genau auf DDr. Balluchs Hapax-Kurve zu finden sei.

Die AnwältInnen ersuchten um Worterteilung. Mag. Bischof sagte, er beantrage eine Unterbrechung. Mag. Traxler meinte erstaunt, dass hier über das Wochenende neue Texte analysiert worden seien. Er wolle wissen, woher der Sachverständige diesen neuen Text Grundsätze der ALF habe und woher er wisse, was ein Zeuge in der Hauptverhandlung gesagt habe, obwohl der Sachverständige gar nicht anwesend gewesen sei. Er habe den Standard-Ticker gelesen, sagte der Sachverständige. Dort sei gestanden, dass es um diesen Artikel Grundsätze der ALF gegangen sei und da habe er ihn sofort analysiert um zu zeigen, dass auch der von DDr. Balluch stamme.

Die Richterin sagte entnervt, dass der Sachverständige bei seinen Ausführungen bei seinem schriftlichen Gutachten bleiben möge.

Ich verwehre mich massiv gegen nicht nachvollziehbare Ausführungen des Gerichts bzgl. dem Verhalten der Verteidigung, sagte Mag. Bischof. Anwältin Dr. Stuefer fügte an, dass auch der Staatsanwalt manchmal das Wort ergreife, ohne es vorher erteilt bekommen zu haben. Bei einer Antragstellung ginge das nicht anders.

Bitte zur Sache kommen, sagte die Richterin. Sie wolle eine Situation wie am letzten Verhandlungstag nicht mehr erleben. Das Gericht wolle keine lesenden, essenden oder sprechenden Angeklagten.

Mag. Bischof brachte sein Anliegen vor. Der Sachverständige würde mündlich etwas vortragen, was er am Vortag im Standard gelesen habe. Der Staatsanwalt unterbrach und meinte, er sehe kein Problem dabei, wenn der Sachverständige sich auf die Einvernahme vor Gericht vorbereite. Der Sachverständige bereitet sich nicht vor, warf Mag. Traxler ein, sondern ergänzt sein Gutachten von sich aus. Plötzlich werden neue Texte DDr. Balluch zugeordnet, ohne dass diese Zuordnung eine objektive Basis hätte. Die Texte, die der Sachverständige untersucht habe, seien nicht die, die er laut Auftrag zu untersuchen gehabt hätte.

Ist der Sachverständige befangen?

Die Richterin machte ihrem Ärger über die letzte Pressekonferenz gegen das linguistische Gutachten Luft. Es gebe eine mediale Berichterstattung gegen dieses Gutachten, wie sie das von keinem anderen Verfahren kenne. Noch vor der Stellungnahme des Sachverständigen würde die Sichtweise der Verteidigung in der Öffentlichkeit verbreitet. Das Gericht sei hier im Hintertreffen, weil es nicht vorausgreifend beweiswürdigen dürfe.

Anwalt Mertens bat das Gericht den Sachverständigen zu fragen, ob er ein persönliches Interesse an diesem Prozess habe. Der Sachverständige würde mit atemberaubender Geschwindigkeit immer neue Beweise vorlegen.

Dr. Stuefer sagte, dass auch sie das Gericht ersuche, den Sachverständigen zu fragen, ob er befangen ist. Der Sachverständige habe gesagt, er sei Ehemann und Vater von Tierschützerinnen und er würde deshalb laufend Streit zu Hause haben. SOKO-Chefinspektorin Bogner habe angegeben, den Sachverständigen vor Übernahme des Gutachtens gefragt zu haben, ob er etwas mit Tierschutz zu tun habe. Er habe das negiert aber jetzt stelle sich heraus, er habe doch etwas mit Tierschutz zu tun. Der Sachverständige habe ja angegeben, wegen Tierschutz zu Hause Probleme zu haben, jetzt wolle er sich hier im Prozess gegen den Tierschutz durchsetzen. Zur Pressekonferenz meinte Dr. Stuefer, dass es dabei nicht nur um Meinungsfreiheit gehe, sondern auch um eine legitime Verteidigung. Das Gesetz sehe vor, dass die Verteidigung auch medial erfolgen dürfe. Medienarbeit sei also Teil des verfassungsmäßig geschützten Rechts auf Verteidigung.

Das stehe den Angeklagten zu, sagte die Richterin, sie habe nur festhalten wollen, dass die Angeklagten so vorgehen würden.

Es gebe eine sehr heftige Kritik an der Qualität des Gutachtens, sagte Mag. Bischof. Wenn der Sachverständige Kaffeekränzchen-Emails von DDr. Drommel vorlege, dann sei das keine inhaltliche Auseinandersetzung mit Kritik. Der Sachverständige würde laufend Seitenhiebe auf die universitäre wissenschaftliche Arbeit austeilen. Er müsse daher gefragt werden, ob er sich weiter für unbefangen halte.

Der Staatsanwalt sagte, jetzt wolle er auch Stellung nehmen, aber er werde weniger pathetisch reden als Mag. Bischof. Es sei skurril, dem Sachverständigen Befangenheit vorzuwerfen, weil seine Frau und seine Tochter Tierschützerinnen seien. Das würde ja eher eine Befangenheit pro Tierschutz erwarten lassen. Die Verteidigung würde einfach behaupten, der Sachverständige konstruiere etwas herbei. Das sei nicht zulässig, das Gericht möge solche Aussagen der Verteidigung zurückweisen.

Einzig relevant sei abzuklären, ob das Gutachten schlüssig und nachvollziehbar ist, stellte die Richterin fest. Dann fragte sie den Sachverständigen, ob er sich in der Lage sehe, das Gutachten unbefangen zu erstellen. Er habe damit überhaupt kein Problem, antwortete der Sachverständige. Er sei 41 Jahre lang Lehrer gewesen und habe rund 13.000 SchülerInnen Zeugnisse ausgestellt und dabei immer neutral geblieben. Er lebe mit seiner Frau im besten Einverständnis, auch wenn er mit ihr in vielen Dingen wie z.B. im Tierschutz ganz anderer Meinung sei. Der Zehntangeklagte warf ein, dass man dazu aber auch die Meinung seiner Frau einholen müsse. Die Richterin sagte scharf, dass der Zehntangeklagte bei der nächsten Störung entfernt werde.

Er werde objektiv und unvoreingenommen das sagen, was die Wahrheit ist, meinte der Sachverständige. Mag. Bischof beantragte, die Mahnung gegen den Zehntangeklagten zurück zu ziehen. Der Sachverständige habe damit begonnen, von der Auseinandersetzung mit seiner Frau zu berichten. Die Anmerkung, die Frau möge dazu auch befragt werden, sei sachlich gerechtfertigt. Antrag abgewiesen!, sagte die Richterin barsch. Das sei ein ungeziemendes Benehmen gewesen, der Zehntangeklagte sei nicht am Wort gewesen.

Es sei befremdlich, wenn in einem wissenschaftlichen Gutachten so private Dinge wie der Streit mit der Ehefrau stehen würden, sagte Anwalt Dr. Dohr und bezog sich auf die entsprechende Stelle im schriftlich vorliegenden Ergänzungsgutachten. Das zeige, dass der Sachverständige empfinden würde, er habe Erklärungsbedarf für seine Unbefangenheit. Dr. Stuefer ergänzte, dass der Sachverständige auch gesagt habe, dass er sich im Zusammenhang mit Tierschutz zu Hause nicht durchsetzen könne.

Sind Sie unbefangen?, fragte die Richterin den Sachverständigen. Warum nicht?, antwortete der Sachverständige, nur weil meine Frau anderer Ansicht ist als ich?. Das Gericht betrachte den Sachverständigen nicht als befangen, erklärte die Richterin dann.

Stellungnahme des Sachverständigen zu den Texten anderer Autoren

Er habe eine Hapax-Untersuchung gemacht, sagte der Sachverständige, er habe dabei das Bekennerschreiben Knie, die Hintergrundinformationen dazu, den Text Denunziation, das Bekennerschreiben Pummersdorf, die erste und die zweite Seite des Bekennerschreibens Nerzbefreiung einbezogen. Die Schlussfolgerung sei eindeutig, der Autor von allen diesen Texten sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit derselbe. Das gelte auch für die Leserbriefe. Dann fügte er hinzu, dass der Hapax-Wert aber nur ein Indiz sei.

Er glaube gerne, sagte der Sachverständige, dass Dr. Plank der Autor des Pelzflugblatts sei. Das sei aber zu 99,9% wortidentisch mit dem Bekennerschreiben Nerzbefreiung, sagte DDr. Balluch. Er glaube auch, dass der Zeuge des vorletzten Verhandlungstags diesen einen Leserbrief geschrieben habe. Die TaTblatt-Redaktion sei aber sicher nicht die Autorin der Hintergrundinformationen, das sei falsch. Er habe das noch einmal untersucht und es sei klar, dass das Bekennerschreiben und die Hintergrundinformationen vom selben Autor stammen.

Vergleich Bekennerschreiben Knie und Hintergrundinformationen

Wie er zu dieser Schlussfolgerung gekommen sei, fragte die Richterin, dass die beiden Textteile vom selben Autor. Er habe die Mittelwerte der Buchstaben pro Wort ausgerechnet, das waren 6,09% und 6,26%, sagte der Sachverständige, und die seien verdächtig ähnlich und würden auch dem Mittelwert bei DDr. Balluch entsprechen. Das sei ein sehr gutes Indiz. Mag. Traxler sagte, er beantrage die Worterteilung. Was da gesagt werde, stehe nirgends im Gutachten. Kein Worterteilung, sagte die Richterin. Die Verteidigung könne dem Gesagten nicht folgen, sagte Dr. Stuefer, weil das nirgends im Gutachten stehe. Ich ersuche um Disziplin!, rief die Richterin. Das Gutachten brauche nicht schriftlich vorzuliegen. Mag. Bischof kritisierte, dass der Sachverständige von kleinen handschriftlichen Zetteln verlesen würde, was er sage, stehe nirgends in den 3 Gutachten, die er verfasst habe. So könne man die Verteidigungsrechte nicht ausüben.

Er habe das Bekennerschreiben mit K1 und die Hintergrundinformationen mit K2 bezeichnet, sagte der Sachverständige. Er habe in seinem ersten Gutachten die beiden Texte zusammengenommen, jetzt habe sich separat bestätigt, dass das richtig gewesen sei. Der Prozentsatz an Wörtern mit mehr als 6 Buchstaben sei ähnlich, das sei bereits das dritte Indiz dafür, dass die AutorInnen dieselben seien. Er habe auch die Syntax angeschaut.

Die Richterin mahnte den Siebt- und den Zehntangeklagten, weil sie tratschen würden.

Zur Syntax sei auszuführen, sagte der Sachverständige, dass K1 aus 4 Sätzen bestehe, davon sei einer, also 25%, einteilig, und drei, also 75%, seien zweiteilig. K2 bestehe aus 8 Sätzen, davon seien 4, also 50%, alleinstehend und 4 seien zweiteilig, das Verhältnis sei also 50:50. Er habe nur im elften Leserbrief einen 3-teiligen Satz gesehen, sonst nur 2-teilige in allen Texten. Das sei doch auffällig.

Auch in der Sprachoberfläche gebe es Ähnlichkeiten zwischen K1 und K2. In K1 würden sich Anführungszeichen um das Wort Kunststücke befinden, Anführungszeichen mit einem Stricherl, und in K2 würden sich Anführungszeichen – wenn auch mit zwei Stricherl – um die Wortfolge menschliche und nichtmenschliche Tiere befinden. Das sei also klar derselbe Autor gewesen – mit einer anderen Schreibmaschine.

Im Übrigen stehe in K1 das Wort Mißhandlungen mit scharfem ß, das deute auf alte Rechtsschreibung hin. Ab wann denn die neue Rechtschreibung eingeführt worden sei, fragte die Richterin. Ab 1998 und dieser Text sei aus 2000, müsse also längst die neue Rechtsschreibung enthalten, sagte der Sachverständige.

In K2 sei das Wort menschliche nach dem Doppelpunkt klein geschrieben, der Doppelpunkt werde also als Beistrich benutzt. In K2 stehe auch ein falscher Genitiv entsprechend der Richtlinien. Das finde sich auch in der ersten Seite des Nerzbefreiungsbekennerschreibens. Dann sei etwas sehr merkwürdig. In K2 stehe manchmal ALF ohne Punkte und manchmal A.L.F. mit Punkten. Das beweise doch, dass die Sätze aus verschiedenen Texten stammen würden, wie der Zeuge ausgeführt habe, sagte DDr. Balluch. Sie können sich das nicht erklären?, fragte die Richterin. Nein, das könne er nicht, meinte der Sachverständige.

Ob das jetzt alle Indizien für denselben Autor seien, fragte die Richterin. K1 enthalte Genitivverschachtelungen, sagte der Sachverständige. Und K2?, fragte die Richterin. In K2 stehe entsprechend der Richtlinien und Anschläge mit möglichst großem finanziellem Verlust. Beide Texte würden also Genitivattribute enthalten, fragte die Richterin. Das stehe bei K2 bereits im Titel, betonte der Sachverständige. Der Titel war aber, wir erinnern uns, nie zusammen mit dem Bekennerschreiben auf der Webseite des Tatblatt und sei der Kreativität der Polizei zu verdanken, hatte der Zeuge aus dem TaTblatt-Vorstand ausgesagt. Der Hapax-Wert passe zwischen K1 und K2, wiederholte der Sachverständige.

Pause 11:02 Uhr – 11:19 Uhr.

Nach der Pause beantragte Mag. Traxler, die Texte zu K1 und K2 sollten an die Wand projiziert werden. Er könne nicht exakt sagen, welche Texte damit eigentlich gemeint seien. Die Richterin ließ den Originaltext an die Wand projizieren und fragte den Sachverständigen, welche Teile davon K1 und K2 seien. K1 sei von Tiernummern… bis …in Gefahr bringen, sagte der Sachverständige. Es handelte sich um den von TaTblatt-Originaltextservice eingerahmten Teil, also das eigentliche Bekennerschreiben. Wie oft müssen wir das wiederholen?, sagte die Richterin aggressiv an Mag. Traxler gerichtet. Mag. Traxler sagte, ihm sei es um die Überschrift gegangen, die außerhalb des TaTblatt-Originaltextservice-Markers stehe. Er wolle wissen, ob diese Überschrift, von der einer der Zeugen gesagt habe, sie sei von der TaTblatt-Redaktion geschrieben worden, zu K1 dazu gehöre oder nicht. Die Richterin mahnte Mag. Traxler, er habe sie unterbrochen. Dann fragte sie den Sachverständigen, wie er das mit der Überschrift gehalten habe. Dieser sagte, entweder man nehme die Überschrift zu den Hintergrundinformationen dazu, dann müsse man auch diese Überschrift zum Bekennerschreiben dazu nehmen, oder beides nicht. Was er denn nun gemacht habe, fragte die Richterin. Einmal so einmal so, sagte der Sachverständige, zur Berechnung mancher Paramteter habe er die Überschriften dazu genommen und bei der Berechnung anderer nicht. So etwas hänge vom jeweiligen Sachverständigen ab, er habe da die freie Wahl.

Die Ranking-Methode

Er solle jetzt zu seiner neuen Ranking-Methode ausführen, forderte die Richterin den Sachverständigen auf. Meine neue Methode wird im März dem Blitzlichtgewitter der Öffentlichkeit ausgesetzt, sagte der Sachverständige. Er habe 56 Parameter in seiner Randking-Methode bewertet. 20 dieser 56 Parameter würden in allen Bekennerschreiben gleiche Werte haben, 52 der 56 Parameter aus dem Bekennerschreiben Nerzbefreiung würden den Balluch-Paramterwerten entsprechen. 5/6 dieses Bekennerschreibens stamme wortwörtlich von Dr. Plank, sagte DDr. Balluch erstaunt. Der Sachverständige blieb ungerührt: Das ist die erdrückende Beweislage gegen DDr. Balluch.

Welche Parameter im Bekennerschreiben Knie passen?

Die Richterin fragte, wie diese Parameter nun zum Bekennerschreiben Knie passen würden. Bei K1 würden 19 von 56 Parametern mit DDr. Balluchs Werten übereinstimmen, bei K2 immer noch 17. Welche der 56 Parameter nun vergleichbar mit DDr. Balluchs Werten seien, wollte die Richterin wissen. Das habe er nicht errechnet, sagte der Sachverständige, er werde das in der Mittagspause nachholen. Ob er denn die Texte K1 und K2 dem Ranking unterzogen hätte, fragte die Richterin. Die Bekennerschreiben schon, aber DDr. Balluchs Text nicht, weil das wäre viel zu lange gewesen, da sitze ich ja 3 Wochen!, sagte der Sachverständige. Die Ranking-Methode mache doch nur Sinn, wenn die Indizien den Rankings zugeordnet würden, sagte die Richterin. Ob er das gemacht habe. Er brauche die Mittagspause, sagte der Sachverständige, dann mach ich Ihnen das. Die 56 Indizien würden ja aus DDr. Balluchs Texten ursprünglich stammen.

Dr. Stuefer beantragte, dass die vom Sachverständigen dauernd verwendeten Handzettel mit Notizen in den Akt aufgenommen werden. Ich möchte nicht unterbrochen werden!, schrie die Richterin.

Die 56 Ranking-Parameter

Dann bat die Richterin den Sachverständigen, die 56 Ranking Parameter vorzulesen. Die wichtigsten Indizien, Ultimate Power genannt, die mit Sicherheit auf DDr. Balluch als Autor hinweisen, seien Kongruenzfehler, wenn es also eine mangelnde Übereinstimmung zwischen Pronomen und Hauptwort im Geschlecht gebe oder wenn Subjekt und Prädikat sich in Einzahl und Mehrzahl widersprechen.

Full Power Indizien können bereits ausreichen, einen Text DDr. Balluch zuzuordnen. Dazu gehören Hapax, die Anzahl der Teilsätze pro Gesamtsatz, die Anzahl der Positionen pro Gesamtsatz, der Prozentsatz der Hauptwörter von allen Wörtern, die Anzahl der Wörter pro Satz, die Anzahl der Wörter pro Teilsatz, die Anzahl der Buchstaben pro Wort, der Prozentsatz der langen oder kurzen Wörter usw.

High Power Indizien reichen, wenn sie durch Medium oder Low Power Indizien unterstützt werden. Dazu gehört die Nutzung von Genitivattributen, Verwendung der alten Rechtsschreibung, die Kleinschreibung hauptwörtlich gebrauchter Wörter, die Verwendung von Anführungszeichen oder Aussagen wie ich verändere die Gesellschaft oder Schaden anrichten ist Hilfe für Tiere.

Medium Power Indizien haben eine geringere Aussagekraft. Hier gibt es 3 Indizien, nämlich die Verwendung vom Plusquamperfekt, die häufige Verwendung modifizierender Verba und die häufige Verwendung des Passivs.

Low Power Indizien haben die geringste Aussagekraft. Die 5 Low Power Indizien sind die Verwendung des Doppelpunktes als Beistrich, ein altertümliches Deutsch, die üppige Verwendung von Appositionen, Übertreibungen wie den Menschen als Tier zu bezeichnen und die Platzierung von Fehlern am Ende des Textes.

Zu DDr. Balluchs Wortschöpfungen

Die Richterin sagte plötzlich, sie habe gesehen, dass Harald Balluch in eine Zeitung geschaut habe. Das sei ungeziemend und ihm drohe der Ausschluss, wenn er das noch einmal mache.

Dann fragte die Richterin den Sachverständigen, ob er etwas zu DDr. Balluchs Wortschöpfungen sagen könne.

Dr. Planks Text sei nur in ganz wenigen Worten abgeändert worden, sagte der Sachverständige. An einer Stelle sei zu zweit zu zu mehrt verändert worden. Das sei eine typische Wortschöpfung von DDr. Balluch, er habe dieses Wort erfunden. In seinen Texten habe DDr. Balluch auch die Wörter Öffentlichkeitswirksamkeit und Tierausbeuter neu geschaffen. Der Sachverständige bot an, in der Mittagspause noch weitere Wortschöpfungen, die er DDr. Balluch zuordne, herauszusuchen. Wieso er das eine Wortschöpfung nenne, fragte die Richterin. Das seien Wörter, die weder im Duden noch im Österreichischen Wörterbuch stehen, meinte der Sachverständige. Ob ihm noch weitere Wortschöpfungen von DDr. Balluch einfielen, fragte die Richterin. Er glaube das Wort Hühnermastställe sei auch ein solches, sagte der Sachverständige.

Der Sechstangeklagte wird ausgeschlossen

Die Richterin mahnte den Sechstangeklagten, er solle nicht Zeitung lesen, sonst werde er ausgeschlossen. Der Sechstangeklagte las ungerührt weiter. Die Richterin sprach dann den Ausschluss aus. Dr. Stuefer sagte, dass das Zeitunglesen nicht die Verhandlung gestört habe. Dr. Karl gab zu bedenken, dass die Angeklagten keine Laptops benützen dürfen, um der Verhandlung zu folgen. Zusätzlich sei das Thema für den Sechstangeklagten völlig uninteressant, weil es ihn nicht betreffe. Die Angeklagten würden bereits sei 74 Tagen hier sitzen müssen.

Dr. Stuefer beantragte, dass der Sechstangeklagte wieder teilnehmen dürfe, er habe die Verhandlung nicht gestört. Die Richterin sagte dazu nichts. Daraufhin standen der Siebtangeklagte und der Zehntangeklagte auf und verließen den Gerichtssaal. Dr. Stuefer beantragte eine Unterbrechung der Sitzung. Die Richterin kommentierte, dass die beiden Angeklagten die Türe zugeschlagen hätten. Dr. Stuefer sagte, dass die Türe normal geschlossen worden sei. Dann unterbrach die Richterin die Sitzung.

Mittagspause 11:57 Uhr – 12:48 Uhr.

Nach der Mittagspause fehlten der Siebt- und der Zehntangeklagte. Mag. Bischof sagte, der Zehntangeklagte wolle nicht mehr teilnehmen. Mag. Bischof erachte die Mahnung des Zehntangeklagten für völlig überzogen. Der Zehntangeklagte habe den Ausführungen des Sachverständigen folgen wollen, habe das aber ohne seinen Laptop, den er nicht verwenden dürfe, nicht geschafft. Er habe sich dann konstruktiv einbringen wollen und habe dafür eine Mahnung erhalten. Dann habe er die Zeitung gesichtet, um für seine Verteidigung vorzuarbeiten, weil die Richterin ja immer wieder Medienartikel in die Verhandlung einbringe. Auch das habe der Richterin missfallen. Um weitere Provokationen zu verhindern wolle er den Rest des heutigen Tages nicht mehr teilnehmen.

Dazu sagte die Richterin, dass sie in diesem Prozess immer wieder dieselben Dinge sagen müsse. Die Richterin sei an die Amtsverschwiegenheit gebunden und könne sich daher medial nicht wehren.

Dr. Stuefer ergänzte, dass die Ausführungen von Mag. Bischof auch auf ihren Mandanten, den Siebtangeklagten, zutreffen würden.

Es sei immer wieder zu ungeziemendem Benehmen gekommen, jammerte die Richterin. Es seien sogar Angeklagte ohne Schuhe dagesessen. In anderen Verfahren, die sie geleitet habe, sei noch nie über den angeklagten Paragraphen diskutiert worden. Die Verteidigung hier sei so exzessiv. Was sie damit sagen wolle, fragte Dr. Stuefer.

Der Sachverständige habe immer wieder gelacht, sagte Mag. Bischof. Wenn man sein äußeres Verhalten ansehe und bedenke, dass andere wegen Lachens ausgeschlossen worden seien, dann könne man nur den Sachverständigen wegen Befangenheit ablehnen.

Niemand der Angeklagten sei wegen Lachens ausgeschlossen worden. Die Richterin habe aber nicht wahrnehmen können, dass der Sachverständige gelacht habe. Da meldeten sich gleich einige der VerteidigerInnen als ZeugInnen dafür, dass der Sachverständige ständig lache.
DI Völkl wollte dann einen Antrag stellen. Die Richterin ignorierte seine Versuche mehrmals und sagte, Unterbrechungen des Sachverständigen würden nur dessen Konzentration stören. DI Völkl beantragte dann, dass auch der Staatsanwalt gemahnt und des Saals verwiesen werden müsse, weil er immer wieder auf seinem Monitor Zeitung lese und Fußballergebnisse anschaue. DDr. Balluch und Mag. Traxler, die direkt neben dem Staatsanwalt saßen, erklärten sofort, dass sie das bezeugen könnten. Sie habe den Staatsanwalt nie eine Zeitung lesen gesehen, sagte die Richterin, obwohl sie keinen Blick auf den Monitor des Staatsanwalts hatte. Er lese den Standard-Live-Ticker, sagte der Staatsanwalt, weil das für ihn von Interesse sei.

Zum Bekennerschreiben Knie

Die Richterin drängte darauf, zum Gutachten zurück zu kommen. Der Sachverständige sagte, er habe sich das in der Mittagspause angesehen und könne jetzt sagen, dass K1 in 13 High Power Indizien, 4 Medium Power Indizien und 2 Low Power Indizien DDr. Balluchs Parameterwerten entspreche. Für K2 gebe es entsprechend 11 High Power Indizien, 5 Medium Power Indizien und 1 Low Power Indiz.

Zum Bekennerschreiben Nerzbefreiung

Als nächstes komme das Bekennerschreiben Nerzbefreiung, sagte die Richterin. Es gebe den Originalbrief von Dr. Plank an Landesrat Wagner und Dr. Planks Flugblatt. In letzterem stünde der vom Sachverständigen als Ultimate Power Indiz für DDr. Balluchs Autorenschaft angeführte Kongruenzfehler im Geschlecht zwischen Pronom und Subjekt. Der Sachverständige möge dazu Stellung nehmen.

Der Sachverständige sagte, er habe on der SOKO einen Text bekommen, der ein Bekennerschreiben von der APA enthalte. DDr. Balluch habe einen anderen Text vorgelegt. Dann verwies der Sachverständige auf seine Konkordanztabellen, weil sie halbwegs objektiv seien und fügte hinzu, dass DDr. Balluch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Autor dieses Bekennerschreibens Nerzbefreiung sei.

Er habe bei seinem ersten Gutachten, das zu diesem Schluss gekommen sei, weder die Hapax-Methode noch die Ranking-Methode verwendet, stellte die Richterin fest.

Jetzt habe er die zwei Seiten des Bekennerschreibens separat untersucht, er habe die erste Seite, die zu 2/3 aus dem Brief von Dr. Plank an den Landesrat besteht, mit N1 bezeichnet, und die zweite Seite, die bis auf 3 Wörter identisch mit Dr. Planks Flugblatt ist, mit N2. N1 bestehe aus 262 verschiedenen Wörtern und habe einen Hapax von 82,82%, N2 bestehe aus 344 verschiedenen Wörtern und habe einen Hapax von 81,39%. Vorher habe K1 einen Hapax von 88,7% gehabt. Er schließe daraus, alle diese Texte würden vom selben Autor stammen.

Zur Hapax-Methode

Wie das Bekennerschreiben Pummersdorf dazu passe, fragte die Richterin. Das enthalte 195 verschiedene Wörter und habe einen Hapax von 83,07%, passe also auch dazu, sagte der Sachverständige. Ob es üblich sei, bei einer solchen Untersuchung eine Hapax-Kurve aufzuzeichnen, fragte die Richterin. Er mache das immer so, wenn er den Hapaxwert berechne, sagte der Sachverständige und wich damit dem Umstand aus, dass niemand sonst Hapaxwerte zur Bestimmung von AutorInnen benutzt.

Ob es sich um eine wissenschaftliche Methode handelt, fragte die Richterin. Ja, sagte der Sachverständige, seit 40-50 Jahren. Bisher habe er, der Sachverständige, immer starke Schwankungen beim Hapaxwert desselben Autors gefunden, sagte der Sachverständige, aber da es hier eine so gute Übereinstimmung gebe, sei er sich jetzt ganz sicher, dass es sich um denselben Autor handle.

Die Ranking-Methode für das Bekennerschreiben Nerzbefreiung

Was die Ranking-Methode für das Bekennerschreiben Nerzbefreiung ergebe, fragte die Richterin. Der Kongruenzfehler im Geschlecht des Pronomens es mit dem Subjekt Futterbrei sei ein Ultimate Power Indiz, das mit Sicherheit auf DDr. Balluch als Autor hindeute. Das sei das beste Indiz, das es gebe.

In N1 sei auch noch ein Kongruenzfehler aufgetreten, es würde das Verb soll mit dem Hauptwort Rückschritte falsch als Prädikat (Einzahl) und Subjekt (Mehrzahl) verknüpft. Das sei das zweitbeste Indiz, dass DDr. Balluch der Autor sei. Es sei auch Ultimate Power.

Ob es noch etwas gebe, fragte die Richterin. Auch die Hapaxwerte von N1 und N2 würden übereinstimmen, sagte der Sachverständige.

Er solle jetzt den zweiten und dritten Absatz von N1 analysieren, bat die Richterin den Sachverständigen. Es handelte sich um einen Teil des Bekennerschreibens Nerzbefreiung, der mit Dr. Planks Brief an den Landesrat übereinstimmt. Das habe er noch nicht gemacht, sagte der Sachverständige. Er habe sich den Gesamttext N1 und N2 angeschaut und 13 statistische Parameter zur Wortgrammatik erhoben, wie z.B. die Buchstaben pro Wort und den Prozentsatz von Wörtern mit mehr als 6 Buchstaben. In diesen 13 Parametern stimme das Bekennerschreiben Nerzbefreiung 100% mit DDr. Balluchs Text überein.

Ob das eine wissenschaftliche Methode sei, fragte die Richterin. Ja, sagte der Sachverständige, sie heiße die Distributionsmethode und werde von Noam Chomsky verwendet.

Dem Sachverständigen seien der Brief von Dr. Plank und sein Pelzflugblatt aus der Nationalbibliothek übermittelt worden, stellte die Richterin fest. Ja, sagte der Sachverständige. Der Brief enthalte keinen Kongruenzfehler. Ob es eine Übereinstimmung zwischen dem Brief von Dr. Plank und dem Bekennerschreiben gebe, fragte die Richterin. Abschnittsweise ja, sagte der Sachverständige. Dann las er die Übereinstimmungen vor und dabei zeigte sich, dass der Sachverständige nicht den Text des Originalbriefs von Dr. Plank verwendete. Woher er seine Version habe, fragte die Richterin. Von der SOKO, sagte der Sachverständige. Das Gericht habe ihm doch eine Kopie des Originalbriefs übersandt, sagte die Richterin. Der Sachverständige ignorierte das und las weiter aus seiner Version vor. Dabei zeigte sich ein Widerspruch. Der Sachverständige hatte den Text ein Refugium der Tierquäler mit einem Genetiv, wie er für DDr. Balluch typisch sei, verwendet, während sowohl im Originalbrief von Dr. Plank als auch im Originalbekennerschreiben Nerzbefreiung die Phrase ein Refugium für Tierquäler stand.

Die Richterin zeigte sich entsetzt und fragte, wieso es diesen Unterschied gebe. Der Sachverständige schien überhaupt nicht zu verstehen, um was es ging, und sagte, es gebe viele Unterschiede, er habe lauter unterschiedliche Texte, und lachte dabei.

Die Richterin unterbrach die Sitzung, um diese Frage abzuklären.

Pause 14:41 Uhr – 14:53 Uhr.

Unterschiede im Originaltext zu dem, den der Sachverständige verwendet hatte

Nach der Pause sagte Mag. Traxler, dass es mehr als 20 Unterschiede zwischen dem Originaltext des Bekennerschreibens Nerzbefreiung, das der Sachverständige hätte analysieren sollen, und dem Text, den der Sachverständige benutzt hat, gebe. Die Richterin ging nun alle diese Fehler durch. Neben obigem für statt der fehlte anfänglich das Datum. An mehr als 10 Stellen waren die Anführungszeichen an falschen Positionen gesetzt. Ob Anführungszeichen wichtig seien, fragte die Richterin. Nein, sagte der Sachverständige, obwohl er vorher noch die Verwendung von Anführungszeichen als ein High Power Indiz für DDr. Balluch aufgezählt hatte. Also seien diese Unterschiede irrelevant, schloss die Richterin nichtsdestotrotz.

Mag. Traxler zählte aber weitere Unterschiede auf. So sei 2 Mal der Genetiv anders geschrieben. Aha, sagte die Richterin. Einmal stehe beim Sachverständigen ein Bindestrich im Text, der sich im Original nicht fände, sagte Mag. Traxler. Stimmt, kommentierte die Richterin. Dann stünde anhängig statt hängig, zwei Stellen seien im Original fett gedruckt, nicht aber beim Sachverständigen, einmal fehle ein der, Kohlendioxyd sei anders geschrieben und es gebe ein anderes Schriftbild, weil der Zeilenumbruch anders sei.

Das seien viele Unterschiede, zeigte sich die Richterin überzeugt. Woher er den Text für seine Analyse genommen habe, fragte sie den Sachverständigen. Ich vermute, dass ich ihn gescannt habe, sagte der Sachverständige, was allerdings angesichts von mehr als 20 Unterschieden unmöglich war. Vielleicht ließen sich einige Fehler aufgrund von Schmutz am Papier erklären, vermutete der Sachverständige. Jedenfalls habe er viele Texte von der SOKO bekommen und alle seien ein bisschen verschieden gewesen.

Von welchem Text er konkret ausgegangen sei, fragte die Richterin mit zunehmender Ungeduld. Ob er irgendeinen Text vom Original 1:1 übernommen habe. Was im Gutachten steht ist das, was ich von der SOKO zuerst bekommen habe, sagte der Sachverständige. Man müsse doch genau wissen, was als Grundlage zur Befundung herangezogen worden sei, sagte die Richterin, bei einem linguistischen Gutachten müsse man ja bitzeln. Er habe den Text genommen, sagte der Sachverständige, den er 8 Mal kopiert habe. Woher denn die Fehler gekommen seien, fragte die Richterin.

Mag. Bischof wollte wissen, ob der Sachverständige den Text abgetippt oder gescannt habe. Das sei schon lange her und er wisse das nicht mehr, sagte der Sachverständige. Er glaube, dass das Original gescannt worden sei. Er habe die Texte 8 Mal bekommen. Die SOKO habe ihm immer wieder neue Varianten von DDr. Balluchs Computer gegeben.

Das sei völlig falsch, sagte DDr. Balluch, weder Dr. Planks Brief noch Dr. Planks Flugblatt oder das gesamte Bekennerschreiben Nerzbefreiung habe sich jemals auf seinem Computer befunden, sagte DDr. Balluch. Er habe dieses Bekennerschreiben im Laufe dieses Verfahrens zum ersten Mal gesehen. Mag. Traxler sagte ebenfalls, dass N1 und N2 niemals auf DDr. Balluch Computer gewesen sei. Sie haben mich unterbrochen!, zeigte sich die Richterin unbeherrscht.

Von welchem Text er nun ausgegangen sei, fragte die Richterin den Sachverständigen zum x-ten Mal. Das kann ich jetzt in der Kürze nicht sagen, da muss ich erst zu Hause nachschauen, sagte der Sachverständige.

Anträge auf Enthebung des Sachverständigen

Mag. Bischof sagte, dass der Sachverständige nicht in der Lage sei offen zu legen, was Gegenstand seiner Befundung gewesen sei. Der Sachverständige habe der Verteidigung falsche Versionen seiner Gutachten ausgeteilt. Er beantrage deshalb die Enthebung des Sachverständigen, dieser hätte ausreichend die Möglichkeit gehabt, die offenen Fragen aufzuklären. Das sei ihm aber nicht gelungen.

Mag. Traxler sagte, er schließe sich Mag. Bischof an. In ON 1958 Seite 101 würde der SOKO-Computerexperte sogar berichten, dass der in das Gutachten aufgenommene Text, der DDr. Balluch zugeordnet werde, 10 Unterschiede zum Original in nur 252 Wörtern habe.

Die Richterin suchte den entsprechenden Aktenteil und sagte dabei, diese Textteile hätten sich auf DDr. Balluchs Computer befunden. Dazu sagte DDr. Balluch noch einmal, dass das nicht stimme. Keiner dieser Texte sei jemals auf seinem Computer gewesen. Das stehe auch im entsprechenden Bericht der SOKO.

Ende 15:38 Uhr.

2 Kommentare

Es fehlt nur der Vorhang vorher und nachher – und dass sich am Schluss alle verbeugen ;-)

Ja, das wäre diesem Schmierentheater angemessen. Aber wer soll da denn klatschen? ;)