Tierschutzprozess 29. Tag
Donnerstag 27. Mai 2010
Inhalt:
Der heutige Tag war sehr bezeichnend für diesen Prozess. Der Staatsanwalt schweigt und die Richterin ist klar gegen die Verteidigung und die Angeklagten positioniert. Man braucht nur wenige Minuten im Gerichtssaal zu sitzen, um das sofort zu spüren. Zwei RechtspraktikantInnen, die noch vor der Tür gemeint hatten, dass das Gericht eine schwere Aufgabe habe und schon richtig handle, waren nach einiger Zeit im Gerichtssaal sehr davon irritiert, wie diese Verhandlung geführt wird. Die Richterin ließ die AnwältInnen und die Angeklagten fast keinen Satz aussprechen. Offensichtlich sollten die Redeflüsse unterbrochen und die Personen, die gerade Fragen formulieren wollten, aus dem Konzept gebracht werden. Dazu bediente sich die Richterin einerseits des Vorwurfs, man solle offen
fragen, und andererseits der wohlbekannten Gründe, dass die Fragen irrelevant, unverständlich oder eine Wiederholung seien. Gerät der Zeuge der Anklage in Bedrängnis, dann wechselt die Richterin mitten in der Befragung plötzlich völlig das Thema und liest Akten anderer Verfahren oder neue Berichte der SOKO vor. Zusätzlich nimmt sie häufig Fragen, die dem Zeugen von Seiten der Verteidigung gestellt werden, an sich, formuliert sie um und stellt sie selbst ganz anders, viel weniger offen und nachgerade suggestiv.
Am heutigen Tag brachen die Fronten offen aus. Die Richterin schickte zwei Angeklagte wegen ungeziemenden Benehmens für diesen Prozesstag aus dem Gerichtssaal. Die AnwältInnen führten mehrmals offene Konflikte mit dem Gericht und ein Antrag auf Befangenheit scheint nur mehr eine Frage der Zeit. Die heutige Befragung wurde deswegen so hitzig, weil einer der beiden Besitzer von Kleider Bauer im Zeugenstand saß, der Auslöser für die Gründung der SOKO war. Eigentlich waren für heute noch zwei führende SOKO-Mitglieder zur Einvernahme vorgesehen, die aber zuletzt wieder nach Hause geschickt werden mussten. Die Einvernahme des Kleider Bauer Besitzers und Geschäftsführers hatte bereits am 19. Prozesstag, dem 27. April, begonnen und konnte auch heute nicht zu Ende gebracht werden. Und das, obwohl die Richterin alle Fragen zur Umsatzentwicklung, zu Schadensmeldungen und zu Gewalt gegen DemonstrantInnen vor Kleider Bauer stark eingeschränkt bzw. verhindert hat.
Der Gerichtstag begann erst um 9:27 Uhr, weil der Zug zweier Angeklagter und eines Anwalts Verspätung hatte. Wieder waren rund 40 PolizeischülerInnen anwesend, die diesmal mit Flugblättern zum Tierschutzprozess versorgt wurden. Im persönlichen Gespräch gaben einige von ihnen an, überhaupt nicht zu wissen, worum es eigentlich ginge und noch nie von diesem Prozess gehört zu haben. Ob heute mit einem Urteil zu rechnen wäre, fragte einer naiv.
Einvernahme des Besitzers und Geschäftsführers von Kleider Bauer
Die Richterin begann die heutige Einvernahme mit einigen Zusatzfragen an den Zeugen, da sie ja eigentlich alle ihre Fragen an ihn schon am 19. Prozesstag gestellt hatte. Sie bezog sich auf eine außergerichtliche Einigung im Zivilprozess Kleider Bauer gegen die Allianz Versicherung um die Bezahlung des angeblichen Schadens eines Buttersäureanschlags. Es war von Seiten Kleider Bauers behauptet worden, dass die Versicherung letztendlich € 257.000 außergerichtlich gezahlt habe. Ein Anwalt hatte dazu gemeint, das müsse sich nicht auf den Schaden beziehen, weil außergerichtliche Vergleiche von vielen auch externen Faktoren bestimmt sein könnten. Daher fragte die Richterin jetzt, welche Kosten mit diesem Vergleich abgegolten worden seien. Er sei weder beim Gerichtsverfahren noch bei den Vergleichsverhandlungen dabei gewesen, meinte der Zeuge. Er habe diesen Vergleich persönlich nie gesehen. Dann sagte er, er wolle zu seiner letzten Einvernahme noch nachtragen, dass die Schließung des Geschäftes in Graz sicherheitshalber erfolgt sei, weil man eine Gesundheitsgefährdung nicht habe ausschließen können, und sie habe 6 statt der von ihm angegebenen 3 Wochen lang gedauert.
Ob es Änderungen im Versicherungsvertrag gegeben habe, fragte die Richterin. Die Allianz habe den Vertrag gekündigt, gab der Zeuge an, er wisse aber nicht mehr darüber.
Ob es Umsatzeinbußen durch die Demonstrationen gegeben habe, fragte die Richterin. Es gebe viele Einflussfaktoren auf den Umsatz, blieb der Zeuge vorsichtig, man müsse das erst genaue analysieren.
Die Umsatzentwicklung von Kleider Bauer
Dann konnte die Verteidigung ihre Befragung vom 19. Prozesstag fortsetzen. Wie sich der Umsatz von Kleider Bauer on den Jahren 2006 bis 2009 entwickelt habe, fragte Anwalt Mag. Traxler. Der Zeuge fragte zurück, ob das denn relevant sei. Die Richterin sagte dazu Es macht keinen Sinn hier so allgemeine Fragen zu stellen
und gab damit die Marschrichtung des heutigen Tages vor.
Mag. Traxler legte dann einen wirtschaftlichen Lagebericht aus dem Firmenbuch von Kleider Bauer vor, in dem bei der Analyse der wirtschaftlichen Entwicklung von Kleider Bauer im Jahr 2007 alle Demonstrationen und Sachbeschädigungen keine Erwähnung fanden. Ob das bedeute, dass diese Faktoren wirtschaftlich keine Rolle gespielt hätten, fragte Mag. Traxler. Die Richterin unterbrach und meinte, sie müsse die Zulassung dieses Lageberichts noch überdenken. Dann fragte sie den Zeugen, was die Umsatzentwicklung bestimme. Das ist vielschichtig
, meinte der Zeuge zurück.
Dann beschloss die Richterin, dass ab jetzt keine Fragen zum Umsatz mehr zugelassen seien. Das rief einige Empörung bei den AnwältInnen hervor, die das hinterfragen wollten, was die Richterin aber nicht zuließ.
Der Konflikt Verteidigung – Gericht eskaliert
Mag. Traxler wollte dann zu einem Buttersäurevorfall bei Hämmerle fragen, wurde aber sofort von der Richterin unterbrochen, weil alles zu diesem Vorfall bereits gefragt worden sei. Eine Zeugin – und er nannte ihren Namen – habe aber ausgesagt, führte Mag. Traxler aus, dass es im Geschäft einen Gestank gegeben habe. Der heutige Zeuge habe aber angegeben, die Buttersäure sei nur vor dem Geschäft verschüttet worden. Dies sei deshalb relevant, weil dieser Hämmerle-Vorfall vor dem Vorfall in Graz stattgefunden habe und der Zeuge mit behauptet hatte, man habe keine Erfahrung mit Buttersäure gehabt – diese sei ja vor dem Geschäft und nicht in dem Geschäft ausgeschüttet worden – und daher habe man bei dem zweiten Vorfall in Graz letztendlich einen wesentlich größeren Schaden erlitten, als bei allen folgenden Buttersäurevorfällen zusammen.
Die Richterin sagte dazu, sie könne sich an diese Aussage der Zeugin nicht erinnern. Der Staatsanwalt pflichtete ihr bei. Anwältin Dr. Stuefer beantragte die Protokollverlesung dieser Einvernahme und wurde dabei von Anwälten Mag. Traxler und mag. Bischof unterstützt. Der Verteidigung stehe dieses Recht zu. Die Richterin meinte, es gebe noch keine Protokolle der Verhandlung dieses Tages und daher könne es auch noch nicht verlesen werden. Dr. Stuefer führte dann aus, dass die Strafprozessordnung aber in § 271ff vorsehe, dass eine Protokollverlesung beantragt werden könne. Sie wolle auch, dass vor der Einvernahme von Bogner und Landauf, den für diesen Tag noch vorgesehenen ZeugInnen der SOKO, deren bisherige Einvernahme verlesen werde, damit man dazu geeignete Fragen stellen könne. Abgesehen davon betonte Dr. Stuefer, dass der Verteidigung laut § 238 das uneingeschränkte Fragerecht zustehe. Alle AnwältInnen schlossen sich diesen Ausführungen an.
Die Protokolle können nicht verlesen werden
, bestand die Richterin auf ihrer Position. Als der Zehntangeklagte sich über diese Haltung der Richterin beschwerte, mahnte sie ihn, dass er bei einer weiteren Störung aus dem Gerichtssaal verwiesen werde. Dann verkündete sie zur Abkühlung
der Gemüter eine Pause.
Pause 10:00 Uhr – 10:13 Uhr.
Ein Prokurist von Kleider Bauer im Saal?
Nach der Pause stellte DI Völkl fest, dass der Prokurist von Kleider Bauer im Saal anwesend sei. Er solle aus dem Saal verwiesen werden, weil er als Zeuge in Frage käme. Das ist kein Beweisantrag
, meinte die Richterin dazu und wollte die Befragung fortsetzen. Er beantrage die Ladung dieses Prokuristen als Zeugen, meldete sich jetzt Mag. Hnat zu Wort, zum Beweis, dass der Umsatz von Kleider Bauer nicht durch die Kampagne gelitten habe. Dieser Antrag solle abgelehnt werden, warf der Staatsanwalt ein.
Die Richterin fragte dann den Mann, ob er Prokurist von Kleider Bauer sei. Nein, antwortete dieser, obwohl sein Name mit jenem übereinstimmte, den DI Völkl genannt hatte. Anwalt Dr. Dohr beantragte dann die Einvernahme von ihm als ehemaligem Prokuristen. Die Richterin fragte also, ob er früher Prokurist von Kleider Bauer gewesen sei. Auch das verneinte der Mann. Damit sei das abgeschlossen, verfügte die Richterin und lehnte alle Anträge ab.
Konflikt um die Schadenshöhe
Um die genaue Schadenshöhe zu ergründen, sagte Mag. Traxler, wolle er vom Zeugen wissen, warum es eine Geheimhaltungsklausel im außergerichtlichen Vergleich mit der Versicherung gebe. Die Richterin ließ diese Frage aber nicht zu. Mag. Traxler beantragte daraufhin die Zulassung der Frage, weil das für die Bestimmung der tatsächlichen Schadenshöhe relevant sei. Sie lasse diese Frage dennoch nicht zu, betonte die Richterin. Es ginge hier nur darum, ob der Schaden höher als € 3000 gewesen sei, weil das ausreiche, um die Straftat zu einer schweren Sachbeschädigung zu machen. Es ginge sehr wohl auch um die Schadenshöhe, meinte Mag. Traxler, nicht zuletzt weil die tatsächliche Schadenshöhe ja auch das Strafausmaß bestimme.
Da seine Fragen aber nicht zugelassen wurde, wollte Mag. Traxler dann wissen, was mit der Ware aus der Filiale in Graz nach dem Buttersäurevorfall passiert sei. Sie sei über 2 Jahre bei einem Spediteur gelagert worden, sagte der Zeuge. Ob sie dann nicht mehr verkäuflich gewesen sei, nicht durch einen Schaden, sondern weil sie entmodet war, fragte Mag. Traxler. Ja, sagte der Zeuge, nach 2 Jahren sei Kleidung dieser Art nicht mehr in Mode. D.h, sagte Mag. Traxler, wenn sie nicht gelagert worden wäre, dann wäre sie zu verkaufen gewesen. Die Richterin mischt sich wieder ein und sagte, sie sehe keine Relevanz in dieser Frage.
Mag. Traxler verwies wieder darauf, dass es wesentlich sei, auf welche Weise ein Schaden entstehe und deshalb sei relevant, ob die Ware allein durch den Buttersäureeinfluss wieder verkaufbar gewesen wäre. Sie sei ja in Outlets letztendlich verbilligt verkauft worden, meinte der Zeuge. Sagen Sie einfach, Sie verweisen auf Ihre bisherige Aussage
, versuchte die Richterin dem Zeugen zu helfen.
Buttersäure bei Hämmerle außen oder innen?
Mag. Traxler legte dann den Polizeibericht zum Buttersäurevorfall bei Hämmerle in der Mariahilferstraße in Wien vor. Darin stand, es habe einen Geruch im Inneren des Geschäfts gegeben, vermutlich Buttersäure. Hier steht ‚vermutlich‘
, warf die Richterin ein, was ist die konkrete Frage?
. Mag. Traxler meinte zum Zeugen, er habe in seiner Aussage gesagt, die Buttersäure sei nur vor der Tür gewesen, hier stehe aber, dass sie im Geschäft gewesen sei. Er sehe diesen Polizeibericht zum ersten Mal und könne dazu nichts sagen, weil er nicht persönlich dabei gewesen wäre. Sie brauchen sich nicht zu wiederholen
, versuchte die Richterin dem Zeugen die Möglichkeit zu bieten, zu heiklen Fragen einfach zu schweigen.
Erneut Konflikt um Umsatzentwicklung
Anschließend bekam Anwalt Mag. Bischof das Fragerecht. Er beantragte erneut, dass der Lagebericht zur Umsatzentwicklung von Kleider Bauer im Jahr 2007 in den Akt aufgenommen werde, sodass er den Zeugen dazu befragen könne. Dann stellte er den Zusatzantrag, dass die Richterin das sofort entscheiden solle. Wenn der Lagebericht erst später aufgenommen würde, müsste der Zeuge noch einmal geladen werden. Die Richterin sagte dennoch, dass sie sich diese Entscheidung vorbehalte. Dann beschwerte sie sich darüber, dass immer die gleichen Anträge kämen und dass sie das als Verfahrensverzögerung auffasse. Er nehme zur Kenntnis, sagte Mag. Bischof dazu, dass die Richterin ihm Verfahrensverzögerung vorwerfe. Sie habe nicht seinen Namen genannt, sagte die Richterin.
Mag. Bischof beantragte dann, dass Fragen zur Umsatzentwicklung zuzulassen seien. Immerhin sei das Verbrechen der schweren Nötigung angeklagt, das nur erfüllt sei, wenn Kleider Bauer ins seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht gewesen wäre. Daher sei die Umsatzentwicklung zu ergründen. Dr. Stuefer schloss sich diesem Antrag an und verwies auf die ständige Rechtssprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach Anträge der Verteidigung sofort zu beschließen seien, damit die Verteidigung etwaige Präzisierungen vornehmen könne. Warum sollte ein Geschäftsführer nicht über die Umsatzentwicklungen seiner Firma gefragt werden können?
, sagte sie dann, dafür müsse er doch da sein.
Die Richterin wiederholte immer ungeduldiger, dass sie sich alle diese Entscheidungen vorbehalte und dass das laut Gesetz so vorgesehen sei, dass sie bis zum Ende der Beweisaufnahme alle Beweisanträge offenhalten könne. Dann sagte sie: Dieses Verfahren wird noch eine längere Dauer haben, dieses Verfahren sprengt alle Regeln!
.
Mag. Bischof sagte dann, er halte fest, dass er unter diesen Umständen sein Fragerecht nicht weiter ausüben könne. Dr. Stuefer sagte, sie schließe sich an. Die Richterin meinte dazu fast erleichtert, dass dann der nächste Anwalt, Dr. Dohr, seine Fragen stellen solle. Doch Dr. Stuefer berichtigte, dass sie sich der Feststellung anschließe, dass sie ihr Fragerecht zu diesem Themenkomplex nicht ausüben könne, dass sie aber sehr wohl noch andere Fragen habe.
Zurück zur Schadenshöhe
Wann die Ware in Graz nach dem Buttersäurevorfall untersucht worden sei, fragte Dr. Stuefer. Er müsse nur antworten, wenn er das wisse
, sagte die Richterin zu dem Zeugen. Dieser meinte, Ende Jänner/Anfang Februar 2007, also 1 Monat später, sei ein Gutachten erstellt worden. Dr. Stuefer stellte fest, dass im Februar 2008, also ein Jahr später, ein Totalschaden
der Ware bei der Versicherung geltend gemacht worden sei. Ja, sagte der Zeuge. Wer diesen Totalschaden festgestellt habe, fragte Dr. Stuefer. Wir haben das geltend gemacht
, versuchte der Zeuge auszuweichen. Wer ist wir?
, fragte Dr. Stuefer. Diese Angelegenheit habe sein Bruder bearbeitet, meinte jetzt der Zeuge, er solle dazu befragt werden. Ob er diesen Schaden der Polizei bekannt gegeben habe, fragte Dr. Stuefer. Das wisse er nicht, meinte der Zeuge. Wer denn von Kleider Bauer aus mit der Polizei kommuniziert habe, fragte Dr. Stuefer. Er habe der Polizei dazu das Dossier übergeben, das bereits in seiner vorherigen Einvernahme Thema gewesen sei und im Akt vorliege. Was in diesem Dossier dazu stehe, fragte Dr. Stuefer. Ob er das wisse. Er habe dieses Dossier selbst diktiert, sagte der Zeuge, und verschwieg dabei, dass in diesem Dossier absolut nichts über die Schadenshöhe in Graz stand, sondern lediglich eine Bestandsaufnahme aller Tierschutzgruppen, die in die Kampagne gegen Kleider Bauer involviert waren, zusammen mit einer Sammlung aller Aktionen und Demonstrationen.
Schließung von der Filiale in Graz nach dem Buttersäurevorfall
Wieso er seine vormalige Angabe, dass die Filiale in Graz 3 Wochen geschlossen gewesen sei, auf 6 Wochen verlängert habe, fragte Dr. Stuefer. Er habe intern über seine Aussage berichtet, meinte der Zeuge, und sei dabei auf den Fehler aufmerksam gemacht worden. Er habe dann nachgelesen und die Korrektur vorgenommen.
Er habe gesagt, das Geschäft sei wegen der Gefahr einer Gesundheitsgefährdung geschlossen worden, meinte Dr. Stuefer. Eine Sachverständige habe vor Gericht ausgesagt, dass sie sofort vor Ort festgestellt habe, dass keine Gesundheitsgefährdung vorliege. Er habe eine anderslautende Information gehabt, meinte der Zeuge. In seinen Augen sei unverzüglich zu schließen gewesen. Dann sagte auch die Richterin, dass die Sachverständige aber gleich nach dem Vorfall in der Filiale gewesen sei und eine Gesundheitsgefährdung ausgeschlossen habe. Ob es wirklich einen Zusammenhang mit der Schließung und einer Gesundheitsgefährdung gegeben habe. Bei der ursprünglichen Schließung am Nachmittag des ersten Tages ja, sagte der Zeuge, für die zweite, längere Schließung sei eine Renovierung der Grund gewesen. Warum also konkret das Geschäft gesperrt gewesen sei, fragte die Richterin. Weil die Ware nicht zum Verkauf geeignet war
, sagte der Zeuge.
Es sei also renoviert worden, fragte Dr. Stuefer. Das wisse er nicht, meinte der Zeuge. Wer das beantworten könne, fragte Dr. Stuefer, er sei immerhin der Geschäftsführer und Besitzer. Sein Bruder und die Bauabteilung könnten da Auskunft geben, meinte der Zeuge.
Zurück zur Schadenshöhe
Eine Sachverständige habe hier vor Gericht gesagt, meinte Dr. Stuefer, dass die Kleidung nach einem Buttersäurevorfall durch einfaches Lüften und nötigenfalls durch eine Reinigung von Buttersäure befreit werden könne. Wieso er dann von Totalschaden spreche. Ob es ein Gutachten gegeben habe, das Grundlage für den Vergleich gewesen sei, fragte die Richterin. Es gebe dieses Gutachten vom Februar 2007, sagte der Zeuge. Darin habe gestanden, dass es sich Kleider Bauer nicht leisten könne, solche Waren in Umlauf zu bringen, und dass ein Werteabschlag von 67% notwendig sei.
Dann geschah wiederum etwas für diesen Prozess Bezeichnendes. Die Richterin wollte dieses Privatgutachten in den Akt aufnehmen, obwohl sie alle bisherigen Privatgutachten der Verteidigung mit der Begründung abgelehnt hatte, dass sie ja nur Privatgutachten gewesen wären. Die AnwältInnen erhoben sofort entsprechenden Einspruch. Dazu sagte die Richterin ich nehme das zur Kenntnis
und nahm das Gutachten nicht in den Akt auf. Der Staatsanwalt konnte zu alldem schweigen, weil die Richterin sowieso seine Rolle eingenommen hatte.
Wer Auftraggeber und wer Autor dieses Gutachtens gewesen sei, fragte Anwalt Dr. Dohr. Kleider Bauer habe es beauftragt, sagte der Zeuge, und Hugo Tropper sei der Autor. Das sei ein gerichtlich beeideter Sachverständiger. Diese Behauptung müsse noch überprüft werden, kündigte Dr. Dohr an. Dann sagte er, dass es eine Schadensminderungspflicht gebe. Das ist ein Strafverfahren
, warf die Richterin ein. Auch da bestehe eine Schadensminderungspflicht, sagte Dr. Dohr, und fragte den Zeugen, ob er dieser nachgekommen sei. Die Richterin versuchte diese Frage zu verhindern und fragte den Zeugen, ob er denn eine juristische Ausbildung habe. Nein, sagte dieser. Und ob er dann wisse, was eine Schadensminderungspflicht sei, fragte die Richterin. Ja, sagte der Zeuge zur Überraschung aller dazu und einige BesucherInnen lachten, weil so offensichtlich war, dass die Richterin eine andere Antwort provozieren wollte. Aber man müsse die Fragen nach der Schadensminderung seinem Bruder stellen, sagte der Zeuge noch.
Ob er sich erkundigt habe, wie mit Buttersäure umzugehen sei, fragte Anwalt Dr. Karl. Dazu habe er das Gutachten gehabt, meinte der Zeuge. Das sei aber erst einen Monat später gewesen, sagte Dr. Dohr. Er wisse jetzt nicht, ob er früher Informationen gehabt habe, sagte der Zeuge.
Fragen von Dr. Karl
Wann er sein Dossier zusammengestellt habe, fragte Dr. Karl, wo das Treffen mit der Polizei doch so kurzfristig anberaumt worden sei. Das sei in den 24 Stunden vor dem Treffen mit der Polizei gewesen, gab der Zeuge zu. Ob er von der Gründung der SOKO informiert worden sei, fragte Dr. Karl. Nein, sagte der Zeuge, er habe nur die Schadensfälle gemeldet.
Ob es Weisungen an die FilialleiterInnen gegeben habe, wie mit den DemonstrantInnen umzugehen sei, fragte Dr. Karl. Sie sollten freundlich und korrekt behandelt werden, behauptete der Zeuge. Bei Belästigungen von KundInnen sollte die Polizei gerufen werden. Was darunter zu verstehen sei, fragte Dr. Karl. Wenn KundInnen angepöbelt würden, sagte der Zeuge, oder wenn getrommelt würde oder wenn es Beschwerden von KundInnen gebe. Ob die FilialleiterInnen ihm von den Demonstrationen berichtet hätten, fragte Dr. Karl. Ja, sagte der Zeuge, wöchentlich seien Fotos gemacht worden, die an ihn weitergeleitet worden seien.
Ausschluss des Zehntangeklagten für den Verhandlungstag
Die Richterin mahnte den Zehntangeklagten und schloss ihn dann wegen Schulterzuckens für den heutigen Tag von der Verhandlung aus. Dazu verkündete sie eine Pause.
Pause 11:03 Uhr – 11:20 Uhr.
Nach der Pause wollte sich der Zehntangeklagte seine Sachen holen, wurde aber von der Polizei nicht mehr in den Verhandlungssaal gelassen. Die Richterin forderte seinen Anwalt Mag. Bischof auf, ihm die Sachen zu bringen. Dieser fragte, ob es nicht sinnvoller wäre, den Zehntangeklagten kurz herein zu lassen, um seine Sachen zu holen. Das hätte er in der Pause tun können, meinte die Richterin. Mag. Bischof brachte dann die Sachen hinaus.
Anschließend meinte Mag. Bischof, das Schulterzucken nicht für einen Ausschluss ausreiche. Er beantragte, das Gericht möge den Ausschluss zurück nehmen, weil er nicht gesetzlich gedeckt sei. Die Richterin sagte dazu, der Zehntangeklagte habe wiederholt gestört und der Ausschluss bleibe aufrecht. Mag. Bischof sagte, er habe keine lautstarken Äußerungen des Zehntangeklagten wahr genommen. Er ersuche um Spezifizierung, was genau gestört hätte.
Die Richterin sagte dazu, dass der Zehntangeklagte gemahnt worden sei, dass er lautstark gestört habe und dass er ungeziemendes Benehmen gezeigt habe. Daraufhin sprang der Neuntbeschuldigte auf, ergriff das Mikrophon und erklärte, die Verhandlungsführung sei tendenziös und skandalös. Es gebe Zwischenrufe dieser Art nur deswegen, weil das Gericht ganz offensichtlich an einem fairen Verfahren nicht interessiert sei. Der Siebtangeklagte schloss sich diesen Ausführungen an.
Die Richterin sagte, sie habe ein Klatschen im Publikum vernommen. Der Neuntbeschuldigte meinte dazu, die Richterin habe die Zwischenrufe des Privatbeteiligtenvertreters am Vortag nicht geahndet. Ob sie das erklären könne. Die Richterin ignorierte aber diese Frage und sagte, sie erkenne die gesamte zweite Reihe mit Ausnahme eines Mannes im Anzug – des angeblichen Prokuristen von Kleider Bauer – als eine Gruppe und verwarne diese wegen Störens. Dann mahnte sie den Siebt-, die Acht- und den Neuntbeschuldigten und drohte ihnen ebenfalls den Ausschluss an.
Zurück zu den Demonstrationen
Dr. Karl sagte zum Zeugen, eine Mitarbeiterin habe ausgesagt, dass es eine Weisung gegeben habe, nicht mit den DemonstrantInnen zu sprechen. Davon wisse er nichts, sagte dieser. Wer denn dafür zuständig sei, fragte Dr. Karl. Er und sein Bruder, gab der Zeuge an. Angestellte hätten auch vor Gericht ausgesagt, meinte Dr. Karl, dass nur die FilialleiterInnen aber nicht sie die Polizei hätten rufen dürfen. Auch davon wisse er nichts, meinte der Zeuge.
Von wem die Maßnahmen gegen die Demonstrationen beschlossen worden seien, fragte Dr. Karl. Von ihm und seinem Bruder, gab der Zeuge an. Bei Beginn der Demonstrationen habe er Kontakt zur Polizei aufgenommen, wollte Dr. Karl wissen. Er wisse nicht mehr genau wann, sagte der Zeuge, aber es sei um die Demonstrationen in Wien gegangen. Von wem diese Demonstrationen ausgegangen seien, fragte Dr. Karl. Das wisse er nicht, gab der Zeuge an. Ob sie polizeilich angemeldet gewesen seien, fragte Dr. Karl. Ja, sagte der Zeuge. Ob er denn von allen Demonstrationen wisse, dass sie angemeldet gewesen seien, fragte die Richterin dazwischen. Die Polizei habe keine detaillierten Auskünfte gegeben, sagte der Zeuge, aber dass diese Demonstrationen angemeldet gewesen seien, das habe sie gesagt.
Ob die Demonstrationen rechtswidrig oder rechtskonform abgelaufen seien, fragte Dr. Karl. Die Richterin wollte diese Frage nicht zulassen, aber Dr. Karl ergänzte seine Frage dahingehend, dass er wissen wolle, was er diesbezüglich von der Polizei erfahren habe. Das wisse er nicht mehr, aber er fühle sich hier, als ob er beschuldigt sei. Das müsse ins Protokoll, rief die Richterin dazwischen. Warum sie dieser Aspekt hier und in vorherigen Einvernahmen so offensichtlich begeisterte, war den ProzessbeobachterInnen beim mittäglichen Gespräch nicht wirklich klar. Es wurde vermutet, dass sie darauf hinaus wolle, dass das Klima bei der Befragung eine Art Einschüchterung durch eine kriminelle Organisation sein könnte, auch wenn das sehr weit hergeholt schien.
Die Art der Demonstrationen sei seiner Ansicht nach nicht rechtskonform gewesen, gab der Zeuge an. Er habe dazu ein Gutachten erstellen lassen. Was das Ergebnis des Gutachtens gewesen sei, wollte Dr. Karl wissen. Ob es Untersagungen gegeben habe, fragte die Richterin. Im Dezember 2006 für eine kurze Zeit ja, sagte der Zeuge. Das Gutachten hätten Verfassungsjuristen erstellt. Es habe ergeben, dass Demonstrationen keine Rechtfertigung für die Störung einer Person seien. Wer das Gutachten erstellt habe, wollte Dr. Karl wissen.
Was er für persönliche Wahrnehmungen von den Demonstrationen gehabt habe, fragte die Richterin. Sporadisch habe er eigene Wahrnehmungen gemacht, er habe aber auch wöchentliche Berichte erhalten. Was seine eigenen Wahrnehmungen gewesen seien, wollte die Richterin wissen. Es habe Trommeln und Megaphone auf den Demonstrationen gegeben.
Wann und wo das genau gewesen sei, fragte Dr. Karl. Vor der Kleider Bauer Filiale auf der Mariahilferstraße, sagte der Zeuge. Ob er auch gesehen habe, dass KundInnen angesprochen worden seien, fragte die Richterin. Er habe nur das Rufen von Parolen gehört, sei aber nicht lange dort gewesen, sagte der Zeuge. Was er konkret gesehen habe, fragte jetzt Dr. Karl. Es seien 5-10 Personen vor Ort gewesen, meinte der Zeuge, es habe einen Informationstisch und ein Auto mit Plakaten gegeben. Ob er mit den DemonstrantInnen gesprochen habe, wollte Dr. Karl wissen. Nein, sagte der Zeuge. Und ob er die Polizei gerufen habe, bohrte Dr. Karl weiter. Nein, sagte der Zeuge. Sei diese Demonstration als legal oder illegal gewesen, fragte Dr. Karl. Sie sei lautstark gewesen, sagte der Zeuge, sodass die Türen zum Geschäft geschlossen werden mussten.
Ob er vor Ort Rücksprache mit der Polizei gehalten habe, fragte die Richterin. Nein, sagte der Zeuge. Wann die Demonstrationen zum ersten Mal begonnen hätten, fragte Dr. Karl. November 2006, gab der Zeuge an. Ob es da Anrufe von FilialleiterInnen bei ihm gegeben hätte, fragte die Richterin. Es habe Beschwerden von KundInnen bei ihm gegeben, sagte der Zeuge. Kinder hätten sich gefürchtet. Wie viele Beschwerdebriefe Kleider Bauer erhalten habe, fragte die Richterin. 5 bzgl. der Filiale in der Mariahilferstraße, die er mit habe und vorlegen könne, sagte der Zeuge. Die Richterin ließ ihn dann die Beschwerdebriefe vorlesen. Dabei sollen die KundInnen gesagt haben, dass sie wegen der Störungen anderswo einkaufen wollten.
Wie viele KundInnen diese Filiale denn pro Tag habe, fragte Dr. Karl. Einige Hundert, sagte der Zeuge. Das seien also mehr als Tausend pro Woche bzw. etwa 100.000 pro Jahr, von denen sich 5 beschwert hätten, führte Dr. Karl aus. Das sei ein sehr geringer Promillesatz. Die Richterin unterbrach diese Bemerkung und fragte, ob sich auch jemand bei ihm persönlich beschwert habe. Nein, sagte der Zeuge.
Besprechung mit der Polizei wegen Demonstrationen
Dr. Karl legte dann einen Bericht der Polizei vom 24. November 2006 vor, also einem Zeitpunkt, an dem es noch keine Sachbeschädigung bei Kleider Bauer gegeben hatte. Peter Graf, so stand in dem Bericht, habe die Spitze der Versammlungsbehörde in der Bundespolizeidirektion Wien zu einer Besprechung aufgefordert und diese auch ermöglicht bekommen. Die Richterin las den Bericht vor. Dr. Karl fragte, warum er diese Besprechung gefordert habe. Seinem Empfinden nach sei die Versammlungsfreiheit durch diese Demonstrationen missbraucht worden, sagte der Zeuge.
Von wem das Gutachten zu den Demonstrationen geschrieben worden sei, bezog sich Dr. Karl wieder auf das Gutachten von Kleider Bauer gegen die Demonstrationen. Von Öhlinger und Raschauer, gab der Zeuge an. Es sei herausgekommen, dass die Behörde eine Modifikation der Demonstrationen veranlassen solle. Ob die Behörde diesen Vorgaben gefolgt sei und seinen Eindruck bestätigt habe, dass die Versammlungsfreiheit missbraucht würde, fragte Dr. Karl. Das wisse er nicht, sagte der Zeuge.
Was die Fragestellung des Gutachtens gewesen sei, wollte Dr. Dohr wissen. In wie weit die Polizei befugt oder verpflichtet sei, die Demonstrationen in der beschriebenen Art zu unterbinden, las der Zeuge vor. Wer habe denn die Demonstrationen beschrieben, fragte Dr. Dohr. Die Gutachter hätten sei Dossier erhalten, meinte der Zeuge. Das Dossier handle von den Demonstrationen, fragte Dr. Karl. Nein, sagte der Zeuge, aber diese Hintergrundinformation sei wesentlich gewesen. Ob es bei den Demonstrationen jemals Sachbeschädigungen gegeben habe, fragte Dr. Karl. Das wisse er nicht, gab der Zeuge an.
DDr. Balluch fragt zur internen Absprache von Zeugenaussagen bei Kleider Bauer
Er habe in seiner Einvernahme vorhin gesagt, er habe intern von seiner letzten Zeugenaussage berichtet, stellte DDr. Balluch fest. Wem gegenüber er da berichtet habe. Seinem Bruder, meinte der Zeuge. Seinem Bruder, wiederholte DDr. Balluch, der ebenfalls als Zeuge vor diesem Gericht geladen sei? Die Richterin griff sofort ein, um die Relevanz dieses Themas in Frage zu stellen. Er habe doch nicht inhaltlich mit seinem Bruder gesprochen, suggerierte die Richterin dem Zeugen einen Ausweg. Nein, nicht inhaltlich, gab der Zeuge an.
DDr. Balluch stellte dann fest, dass der Zeuge offenbar lüge. Er habe vorher davon gesprochen, dass er bei diesem internen Bericht darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass das Geschäft in Graz nicht 3 sondern 6 Wochen geschlossen gewesen sei. Wenn das bei diesem internen Bericht zur Sprache gekommen sei, dann müsse es um Inhalte gegangen sein. Die Richterin unterbrach DDr. Balluch aber und meinte, der Zeuge habe alles bereits beantwortet.
Bezahlte Gewalt gegen Demonstranten vor Kleider Bauer
DDr. Balluch fragte dann den Zeugen, ob er jemanden dazu angehalten oder sogar bezahlt habe, friedliche DemonstrantInnen vor Kleider Bauer anzugreifen und ein Drohemail an den VGT zu schreiben. Nein, sagte der Zeuge. Daraufhin beantragte DDr. Balluch die ergänzende Einvernahme vom Angeklagten Chris Moser, zum Beweis, dass dieser zusammen mit anderen friedlichen DemonstrantInnen am 2. Dezember 2006 auf einer Demonstration vor der Kleider Bauer Filiale in Innsbruck von Schlägern angegriffen und schwer verletzt worden sei. Dann legte DDr. Balluch ein anonymes Email vom 11. Dezember 2006 vor, das dem VGT zu diesem Vorfall zugeschickt worden war. DDr. Balluch las das Email vor: Eine funktionierende Wirtschaft sichert Arbeitsplätze, auch der Pelzhandel. Lieber ein paar tote Tierschützer als eine kaputte Wirtschaft!
Die Richterin griff sofort ein und meinte, DDr. Balluch könne nicht einfach ein Email vorlesen. Der Zeuge habe ebenfalls reihenweise Emails vorlesen dürfen, konterte DDr. Balluch. Dann beantragte er dieses Email in den Akt aufzunehmen.
Weiter beantragte DDr. Balluch die ergänzende Einvernahme von David Richter zu einem Vorfall am 15. September 2007 in Graz. Ein 17 jähriger, friedlicher Tierschützer ist damals auf einer Kleider Bauer Demonstration von Schlägern angegriffen und schwer verletzt worden. Und dann beantragte DDr. Balluch die ergänzende Einvernahme von Monika Springer zu einem Vorfall am 28. September 2007 vor der Kleider Bauer Filiale in Wien Mariahilferstraße. Damals hatte einer der Schläger zugegeben, sie hätten pro Person € 30 bezahlt bekommen, um die friedliche Demonstration anzugreifen.
Ob der Zeuge zu diesen Vorfällen etwas sagen könne, fragte DDr. Balluch.
Nicht funktionstüchtige Rauchbombe bei Kleider Bauer im März 2010
Die Richterin fragte zunächst mehrmals DDr. Balluch, ob er den Zeugen beschuldigen wolle, unterbrach dann plötzlich die Befragung und erklärte, dass sie etwas in den Prozess einbringen wolle. Die SOKO habe einen neuen Bericht erfasst, der ihr am 25. Mai 2010 zugegangen sei. In einem Bekennerschreiben, das am 16. Mai 2010 auf einer amerikanischen Webseite erschienen sei, habe es Ermittlungen der SOKO gegeben. Es habe sich herausgestellt, dass tatsächlich von Angestellten von Kleider Bauer in Innsbruck Ende März eine Schachtel gefunden worden sei, die im hintersten Mantel direkt unter einer Löschanlange ausgelegt worden sei. Das entspreche den Angaben in dem Bekennerschreiben. Das Ziel sei, laut Bekennerschreiben, gewesen, zeitverzögert eine Rauchentwicklung zu zünden, die dann das Löschsystem auslösen solle. Die MitarbeiterInnen hätten aber die Schachtel als einen ekelerregenden Gegenstand empfunden und in den Mistkübel geworfen. Sie hätten dabei nicht erkannt, um was es gegangen sei.
Pause 12:17 Uhr – 12:34 Uhr.
Die Richterin legte dann diesen neuen SOKO-Bericht vor und verteilte ihn an alle AnwältInnen. Die Schachtel mit der Rauchbombe, die nie gezündet hatte, sei nicht mehr gefunden worden. Ein Sachverständiger habe dann das Foto, das dem Bekennerschreiben am Internet beiliege, untersucht und festgestellt, dass es sich um eine nicht funktionstüchtige Rauchbombe handle.
Anschließend las die Richterin aus dem Eintrag am 26. Verhandlungstag auf der Webseite www.tierschutzprozess.at vor und betonte, dass es nicht um eine versuchte Brandstiftung gehe und dass sie dieses Bekennerschreiben auch nicht begeistert angenommen habe.
Die AnwältInnen fragten dann, ob diese Straftat jetzt auch den Angeklagten vorgeworfen werde. DDr. Balluch meinte, wenn das so wäre, dann würde dieser Prozess sowieso nie enden, weil es laufend neue Vorfälle geben würde.
Die Richterin meinte dazu, DDr. Balluch habe auf dieses Bekennerschreiben hingewiesen. Im SOKO-Bericht stand, dass die folgenden 5 Gründe einen Zusammenhang mit den Beschuldigten untermauern würden:
- Tatort sei die Firma Kleider Bauer
- Die Tat habe nach Prozessbeginn stattgefunden
- Das Bekennerschreiben sei mit A.L.F. unterzeichnet
- Das Bekennerschreiben sei in Englisch und Deutsch verfasst
- Es gebe inhaltliche Parallelen zwischen dem Bekennerschreiben und einem Interview von Anwalt Mag. Traxler, das dieser mit dem Webblog diewahrheit.at geführt habe
Anzeige der Richterin gegen die Tageszeitung Österreich
Dann las die Richterin eine Sachverhaltsdarstellung vor, die sie an die Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt geschickt hatte. Der anwesende Staatsanwalt bemerkte dazu, dass er diese Sachverhaltsdarstellung an die zuständige Staatsanwaltschaft in Wien weitergeleitet habe. Dabei ging es um einen Artikel in der Tageszeitung Österreich, der am 15. Mai erschienen sei und vom Tierschutzprozess gehandelt habe. Die Richterin gab an, sie habe sich durch diesen Artikel in ihrer Ehre verletzt und gekränkt gefühlt und sie ermächtige die Staatsanwaltschaft, den Autor des Artikels wegen Übler Nachrede strafrechtlich zu verfolgen.
Dann projizierte die Richterin Fotos von Kritzeleien auf einer Frauentoilette am Landesgericht Wr. Neustadt an die Wand. Richterin Arleth hat sich kaufen lassen
stand dort. Die Richterin erklärte, dieser Spruch sei jetzt beseitigt worden.
Was der Zusammenhang dieser seltsamen Vorhalte mit dem laufenden Verfahren sei, fragte Dr. Dohr. Das Bekennerschreiben zur nicht funktionstüchtigen Rauchbombe sei genau einen Tag nach dem Erscheinen dieses Artikels in der Zeitung Österreich veröffentlicht worden, erklärte die Richterin zur Verwunderung wahrscheinlich ausnahmslos aller Anwesenden.
Mag. Traxler sagte dann, er möchte zum SOKO-Bericht Stellung nehmen. Erstens kritisierte er dann, dass dieser Bericht von der SOKO direkt an die Staatsanwaltschaft aber nicht an die Verteidigung geschickt worden sei. Das bedeute, die Staatsanwaltschaft würde im Verfahren bevorzugt, was einem fairen Prozess widerspreche. Er erwarte daher, dass in Hinkunft alles, was der Staatsanwaltschaft geschickt werde, auch gleichzeitig der Verteidigung übermittelt würde.
Und zweitens finde er es sehr bedenklich, dass dieser SOKO-Bericht jetzt auch ihn mit Straftaten und der kriminellen Organisation in Verbindung bringe. Seine Ausführungen in dem besagten Interview hätten überdies keine inhaltlichen Parallelen mit dem Bekennerschreiben. In jedem Fall habe er weder in diesem noch in anderen Interviews das Gericht kritisiert. Es handle sich hier um eine Verleumdung seitens der SOKO. Ein anderer Anwalt kommentierte, dass auf der Anklagebank offenbar ein Platz für Kollegen Mag. Traxler freigemacht werden müsse, was die Art der Ermittlungen dieser SOKO und der ganzen Anklage deutlich mache.
Anwälte Dr. Dohr und Dr. Karl wollten dann noch einmal erläutert haben, was der Zusammenhang des Artikels in Österreich mit den Inhalten des gegenständlichen Verfahrens sei. Das habe sie bereits ausgeführt, antwortete die Richterin schnippisch.
Zurück zur Gewalt gegen DemonstrantInnen
DDr. Balluch sagte dann, nach dieser fast einstündigen Unterbrechung seiner Frage wolle er auf diese zurück kommen. Ob der Zeuge einen zeitlichen Zusammenhang des Angriffs auf friedliche DemonstrantInnen am 2. Dezember 2006 mit der ersten Sachbeschädigung bei Kleider Bauer am 1. Dezember 2006 sehe. Das dürfe nicht gefragt werden, schritt die Richterin ein, weil sie sich eine Entscheidung darüber vorbehalten habe, ob diese Angriffe auf DemonstrantInnen überhaupt in den Akt aufgenommen werden dürfen. Der Neuntbeschuldigte sagte dann, die Richterin solle DDr. Balluch aussprechen lassen, worauf sie auch den Neuntbeschuldigten für den heutigen Gerichtstag aus dem Saal verwies und vom Verfahren ausschloss.
Mittagspause 13:06 Uhr – 14:04 Uhr.
Nach der Mittagspause bestand Dr. Stuefer darauf, es möge die protokollierte Aussage ihres Mandanten, des Neuntbeschuldigten, die vor seinem Ausschluss gefallen ist, wörtlich vorgespielt werden. Ihres Erachtens würde diese Aussage nämlich keinen Ausschluss rechtfertigen. Das sei technisch nicht möglich, erklärte die Richterin. Es werde bei der nächsten Verhandlung nachgeholt, meinte die zuletzt, nachdem Dr. Stuefer mehrmals insistiert hatte, dass das das Recht der Verteidigung sei.
Fragen von DDr. Balluch: Lack über Autos des VGT gegossen
DDr. Balluch wollte dann vom Zeugen wissen, ob diesem bekannt sei, dass nach einer Kleider Bauer Demonstration im Jahr 2007 das Auto des VGT in der Nacht mit Lack übergossen worden sei. Nach einigem Zögern sagte der Zeuge, dass ihm das nicht bekannt sei.
Kampagne gegen Kleider Bauer
Ob dem Zeugen bekannt sei, dass die Firma Kleider Bauer im Jänner 1998 aus dem Pelzhandel ausgestiegen sei, fragte DDr. Balluch. Nein, meinte der Zeuge. Unter dem Protest der Richterin fragte DDr. Balluch dann, ob es vor dem Jänner 1998 schon eine Kampagne gegen Kleider Bauer wegen deren Pelzhandel gegeben habe. Er sei erst seit Mitte 2000 Besitzer von Kleider Bauer und könne über die Zeit vorher nichts aussagen, meinte der Zeuge.
Am 8. Mai 2006, so habe der Zeuge bereits gesagt, sei die Tierschutzorganisation Vier Pfoten mit Kleider Bauer in Kontakt getreten und habe wegen des Pelzverkaufs nachgefragt, sagte DDr. Balluch. Wieso er darauf nicht reagiert habe. Es sei so unhöflich formuliert gewesen, gab der Zeuge an. Ob er sich gewundert habe, dass es Kritik wegen des Pelzverkaufs bei Kleider Bauer gibt, wo doch die Produktion von Pelz in Österreich bereits verboten sei, sagte DDr. Balluch. Der Verkauf von Pell sei aber nicht verboten, meinte der Zeuge. Das sei richtig, sonst hätte man ja nicht ihn um ein Gespräch über den Pelzverkauf gebeten, sondern gleich die Polizei vorbeigeschickt, meinte DDr. Balluch. Es sei ihm von den Vier Pfoten angedroht worden, Kleider Bauer auf eine schwarze Liste zu setzen, und das sei doch keine Art der Kommunikation, sagte der Zeuge. Wie er sich vorstelle, dass in einer Demokratie Kritik an einer Firma vorgebracht werde, fragte DDr. Balluch.
Dabei wurde DDr. Balluch laufend von der Richterin unterbrochen und dazu ermahnt, nur offene
Fragen zu stellen. Wo in der Strafprozessordnung stünde, dass nur offene Fragen zulässig seien, wollte Mag. Bischof wissen. Die Richterin ging darauf aber gar nicht ein sondern sagte, sie wolle offene Fragestellungen.
Der Zeuge meinte, dass ihm Tierschutz schon ein Anliegen sei, aber die Kontaktaufnahme müsse höflich sein und dürfe nicht mit schwarzen Liste drohen. Ob es bei Kleider Bauer eine Art Krisenmanagement zu der Kampagne gegeben habe, fragte DDr. Balluch, oder ob man beschlossen habe, einfach den Kopf in den Sand zu stecken. Die Position sei gewesen, führte der Zeuge aus, dass es moralisch vertretbar sei, Produkte mit Tierpelz zu verkaufen. Man könne durchaus darüber diskutieren, aber hier sei nicht das Forum dafür. Aber damals habe es ein Forum gegeben, konterte DDr. Balluch. Gespräche mit einem Partner, der nur den Pelzausstieg ins Auge fasse, würden aber von vornherein keinen Sinn machen, sagte der Zeuge.
Die Frage, ob er über eine Kampagne verwundert gewesen sei, ließ die Richterin nicht zu. DDr. Balluch wollte dann wissen, ob der Zeuge z.B. die Kampagne gegen Supermärkte gekannt habe, bei denen es um den Ausstieg aus dem Käfigeihandel gegangen sei, der auch damals erlaubt war, und in deren Rahmen es auch zahlreiche Dauerdemonstrationen vor Supermarktfilialen gegeben habe. Kleider Bauer sei nicht gegen Tierschutz, sagte der Zeuge dazu und die Richterin verbot weitere Fragen in diese Richtung.
DDr. Balluch legte dann einen Polizeibericht vor, in dem der Zeuge mit der Aussage zitiert wurde, er werde mit daher gelaufenen Möchtegern-Tierschützern
nicht sprechen. Dazu sagte der Zeuge, er habe diese Phrase nie benutzt und sein Bruder würde so etwas auch nie sagen.
Demonstrationen gegen Kleider Bauer
Ob er den Tierschutzverein RespekTiere kenne, fragte DDr. Balluch. Warum das gefragt werde, wollte die Richterin wissen. Weil auch dieser Verein eine Kampagne gegen Kleider Bauer führe und Demonstrationen durchführe, erklärte DDr. Balluch. Dann legte er ein Fadinger Email vor, das erst kürzlich verschickt worden sei, in dem von einer Demonstration vor Kleider Bauer in Salzburg durch RespekTiere die Rede war. Auf den Fotos war eine Demonstrantin mit Megaphon zu sehen und die Parole wer vom Tierleid profitiert, dem sei der Ruin garantiert
wurde widergegeben. Ob dieser Verein auch Kleider Bauer kontaktiert habe, wollte die Richterin wissen. Ja, sagte der Zeuge, das müsse so gewesen sein, weil dieser Verein auch in seinem Dossier an die Polizei erwähnt worden sei. Die Richterin nahm das Email nicht zum Akt, fragte aber DDr. Balluch, ob er wisse, ob RespekTiere auch schon 2007 gegen Kleider Bauer demonstriert habe. Ja, meinte DDr. Balluch, er sei sich sicher. Die SOKO habe auch bei RespekTiere eine Hausdurchsuchung gemacht, aber das Verfahren sei letztendlich eingestellt worden. Das sei dem Gericht alles nicht bekannt, meinte die Richterin.
DDr. Balluch fragte dann, vor welchen Filialen von Kleider Bauer es überhaupt Demonstrationen gegeben hat. Der Zeuge erwähnte mehrere Filialen in Wien, sowie Linz, Salzburg, Innsbruck, Wr. Neustadt, Graz, Bruck an der Mur und St. Pölten, sei sich aber nicht sicher, ob noch andere Filialen Demonstrationen erlebt hätten. Regelmäßig sei aber nur in Wien, Linz, Innsbruck, Graz und Wr. Neustadt demonstriert worden. Er wisse aber nicht, welche Organisationen oder Einzelpersonen diese Demonstrationen durchgeführt hätten.
Also man kann sagen, in ganz Österreich wird gegen Sie demonstriert
, sagte DDr. Balluch. Wurde, meinte der Zeuge, nicht überall fänden heute noch Demonstrationen statt. Ob man also sagen könne, in ganz Österreich sei von verschiedenen Gruppen gegen Kleider Bauer demonstriert worden, fragte DDr. Balluch. Staatsanwalt und Richterin meinten, er habe das nie gesagt, er habe aber die Frage schon beantwortet. Der Zeuge antwortete auf die Frage, indem er sagte, die Demonstrationen und Sachbeschädigungen hätten zur gleichen Zeit begonnen und es sei daher von ihm ein Zusammenhang vermutet worden. Das sei nicht die Frage gewesen, meinte DDr. Balluch, aber wenn er es schon erwähne, dann solle er sagen, ob sein erstes Treffen mit der Polizei ausschließlich von Demonstrationen und nicht von Straftaten gehandelt habe. Er sehe die Kontaktaufnahmen vor Beginn der Kampagne schon als Straftaten, nämlich als Nötigungen, an, meinte der Zeuge.
Gibt es Zusammenhang zwischen Demonstrationen und Sachbeschädigungen?
DDr. Balluch verwies dann auf eine Frage des Staatsanwalts, ob die Intensität der Kampagne im Lauf der Zeit zugenommen habe. Er wolle jetzt wissen, was der Zeuge über die Intensität der Kampagne von Anfang bis Ende sagen könne. Die Richterin wollte diese Frage mit Hinweis darauf, dass noch Zeugen der Bundespolizeidirektion über die angemeldeten Demonstrationen vernommen würden, nicht zulassen.
Es ginge dabei aber nicht um die Demonstrationen und ihre Wirkung an sich, sondern einerseits um die Frage, ob, wie der Staatsanwalt behauptet, die angebliche kriminelle Organisation daran zu erkennen sei, dass ihre Kampagnen an Intensität zunehmen würden, und zweitens, ob es einen Zusammenhang zwischen den Demonstrationen und den Straftaten gegeben habe. Was er unter Intensität verstehe, fragte die Richterin. Dieses Wort habe der Staatsanwalt benutzt und da habe sie nicht nachgefragt, meinte DDr. Balluch, aber er versteh das Wort als Frequenz von Aktionen und Demonstrationen.
Die Intensität der Kampagne habe sich anfangs gesteigert, gab der Zeuge an. Dann sei sie in Wellenbewegungen verlaufen, mit Maxima im Dezember 2006 und April 2007. Seit Anfang bis Mitte 2008 habe es bis auf einen Anschlag keine Straftaten mehr gegeben. Wann genau, sei der letzte Anschlag im Jahr 2008 gewesen, wollte DDr. Balluch eine Präzisierung. Anfang Jänner 2008, sagte der Zeuge. Also 5 Monate vor den Festnahmen der Beschuldigten, sagte DDr. Balluch. Ob das eine Frage sei, wollte der Zeuge wissen. Ja, sagte DDr. Balluch. Nach seinem Kenntnisstand sei das so, meinte der Zeuge.
Er habe jetzt von der Intensität von Straftaten gesprochen, sagte DDr. Balluch. Wie stehe es mit der Intensität von Demonstrationen. Er habe Dezember 2006 und April 2007 als Höhepunkte der Intensität von Straftaten genannt. Ob es da auch besonders viele Demonstrationen gegeben habe. Könne er eine Korrelation zwischen der Intensität der Straftaten und der Intensität der Demonstrationen herstellen? Dazu sagte der Zeuge, er habe einen Zusammenhang zwischen Straftaten und Demonstrationen vermutet, weil sie zu ähnlichen Zeiten begonnen hätten. Das sei aber nicht die Frage, meinte DDr. Balluch. Die Richterin sagte verärgert, dass der Zeuge geantwortet habe und DDr. Balluch eine andere Frage stellen müsse. DDr. Balluch sagte dazu, er wolle von dem Zeugen keine Vermutungen hören, sondern nach seiner Wahrnehmung wissen, ob er eine Korrelation in den Intensitäten von Straftaten und Demonstrationen über die Zeit sehe. Das sei eine Frage, die eine naturwissenschaftliche Antwort ohne jede Vermutung zulasse. Daraufhin verwarnte die Richterin DDr. Balluch und sagte, wenn er noch einmal solche Fragen stelle, werde er des Gerichtssaals verwiesen. Dazu sagte Anwalt Dr. Karl, dass er nicht verstehe, wieso diese Frage eine Mahnung nach sich ziehe. Er beantragte, dass diese Frage zugelassen werde. DDr. Balluch konnte sie dann wiederholen, doch der Zeuge antwortete wiederum nur, dass er einen Zusammenhang vermute aber sich für die Intensität der Demonstrationen nicht interessiert habe. Er sei seitdem die Demonstrationen nicht mehr direkt vor dem Eingang stattfinden würden, durch diese nicht mehr betroffen und habe sich daher nicht interessiert, wie sie weiter gegangen wären.
Email von PETA
DDr. Balluch legte dann ein Email von PETA an den Zeugen vor, in dem stand, dass PETA um Konsensgespräche ersuche und anbieten könne, im Falle einer Einigung dafür Sorge zu tragen, dass die Kampagne, nämlich nicht die eigene, sondern die von allen Gruppen, eingestellt werde. Wie er diesen Satz verstanden habe. Das zeige für ihn, sagte der Zeuge, dass hier eine Vernetzung aller Tierschutzgruppen stattfinde und es eine Einflussnahme gebe. Das sei deswegen relevant, erklärte DDr. Balluch kurz, weil der Staatsanwalt aus dem Umstand, dass Mag. Hnat das Ende der Kampagne bei einer Einigung angekündigt habe, geschlossen hatte, dass die gesamte Kampagne von einer einzigen Organisation geführt worden sein müsse, auf die Mag. Hnat bzw. der VGT großen Einfluss habe. Jetzt zeige sich, dass die Kampagne von unabhängigen Gruppen geführt werde, die aber natürlich miteinander kommunizieren würden und daher bei einem Konsens durch Weitergabe dieser Information andere Organisationen beeinflussten. Das sei daher kein Hinweis auf das Bestehen einer einheitlichen Organisation, die allein diese Kampagne führe.
Sachbeschädigungen seit Prozessbeginn
Vor Gericht sei bekannt gegeben worden, sagte DDr. Balluch zuletzt, dass es seit Prozessbeginn bereits zwei Sachbeschädigungen – einmal eingeschlagene Scheiben und einmal eine beschmierte Fassade – gegen Kleider Bauer jeweils mit Bekennerschreiben und jetzt auch eine nicht funktionstüchtige Rauchbombe gegeben habe. Ob ihm das bekannt gewesen sei. Er habe nur von der ersten dieser Sachbeschädigungen gewusst, meinte der Zeuge. Wenn er also gar nicht von Sachbeschädigungen erfahre, dann könnten diese sein Leben ja nicht sehr beeinflussen und wären für Nötigungen nicht besonders gut geeignet, bemerkte DDr. Balluch.
Fragen von Mag. Hnat zur Umsatzentwicklung bei P&C
Ob er derzeit Kontakt zur Polizei habe, wollte Mag. Hnat wissen. Nein, sagte der Zeuge.
Mag. Hnat beantragte dann, dass Belege für den Schaden durch Buttersäure bei Kleider Bauer vorgelegt werden sollten. Die Richterin meinte, sie behalte sich einen Beschluss darüber vor.
Ob er Gespräche mit P&C über deren Umsatzentwicklung geführt habe, fragte Mag. Hnat. Das sei ein Konkurrent, meinte der Zeuge, das würde dieser ihm nicht sagen. Man könne die Umsatzentwicklung auch aus Firmenbüchern ablesen, meinte Mag. Hnat. Ob ihm das bekannt sei. Ob das relevant sei, fragte der Zeuge zurück. Er solle keine Gegenfragen stellen sondern antworten, meinte Mag. Hnat. Ob ihm das nicht komisch vorkäme, fragte die Richterin Mag. Hnat, ihn als Angeklagten ein Zeuge fragen müsse, ob seine Fragen relevant seien.
Mag. Hnat fragte dennoch, ob der Zeuge die Umsatzzahlen von P&C habe feststellen können. Er wisse nicht wie, meinte dieser und die Richterin erklärte die Frage für irrelevant. Das sei schon relevant, erklärte jetzt Dr. Dohr, wenn Umsatzzahlen trotz Demonstrationen ansteigen würden. Das sei reine Vermutung und Spekulation, sagte die Richterin, und deshalb für das Gericht nicht relevant. Das müsse dann aber auch umgekehrt gelten, wenn über Umsatzeinbußen durch Demonstrationen spekuliert werde. Mag. Hnat beantragte, seine Frage zuzulassen, weil der Zeuge genau wisse, wie man so etwas in Erfahrung bringe und weil für eine schwere Nötigung, wie ihm, Mag. Hnat, vorgeworfen würde, die Meinung des angeblich Bedrohten ausschlaggebend sei.
Ob er die Umsatzentwicklung bei seinem Konkurrenten P&C verfolgt habe, fragte Dr. Dohr. Das sei irrelevant, erklärte der Zeuge, Mag. Hnat habe ihm Drohemails geschickt, und nur das zähle. Ob er ihm denn Sachbeschädigungen angedroht habe, fragte Mag. Hnat. Nein, gab der Zeuge zu, aber er habe auf eine andere Organisation verwiesen, die einen Link zu einer Webseite mit Sachbeschädigungen auf deren Webseite gehabt hätte. Dort würden 1500 Demonstrationen stehen, nicht Sachbeschädigungen, meinte Mag. Hnat. Ob er sich das nicht angeschaut habe. Er habe eine Liste mit einer Zusammenfassung von Sachbeschädigungen gefunden, erklärte der Zeuge. Ob er ihm denn eine Liste mit Sachbeschädigungen geschickt habe, fragte Mag. Hnat. Er solle offene Fragen stellen, rief wiederum die Richterin dazwischen. Diese Frage sei zuzulassen, erklärten die AnwältInnen unisono. Nein, sagte der Zeuge, habe er nicht.
Dann legte der Zeuge einmal mehr sein Dossier vor und zeigte darin eine Liste von Sachbeschädigungen in Deutschland. Ob er diese Liste von einem Link habe, den ihm Mag. Hnat geschickt habe, fragte die Richterin. Das wisse er nicht mehr, erklärte der Zeuge. Ob er ein Email von ihm, Mag. Hnat, bekommen habe, fragte Mag. Hnat, das einen Link zu Anschlägen enthalten habe. Er wisse nicht mehr, sagte der Zeuge, ob dieser Link direkt zu dieser Liste geführt habe, oder ob man da erst weitere Links habe verfolgen müssen. Ob seine Liste eine Auswahl von Aktionen sei, die zusammengefasst worden seien, fragte Dr. Karl. Auch das wisse er nicht mehr, sagte der Zeuge.
Ob er sich erinnern könne gesagt zu haben, dass er, Mag. Hnat, und eine Frau Sandleitner am selben Tag bei ihm angerufen aber verschiedene Fristen genannt hätten. Der Staatsanwalt projizierte pflichtbewusst die besagte Mitteilung an die Wand. Ob man daraus nicht schließen könne, dass Frau Sandleitner und er, Mag. Hnat, verschiedenen Organisationen angehören müssten, fragte Mag. Hnat. Er habe darüber keine Überlegungen angestellt, sagte der Zeuge.
Dann beantragte Mag. Hnat, das Gericht möge eruieren, ob der vom Zeugen genannte Gutachter Hugo Tropper tatsächlich gerichtlich beeideter Sachverständiger sei. In der entsprechenden Liste sei er nicht zu finden. Das würde beweisen, dass der Zeuge nicht glaubwürdig sei, will er eben das behauptet habe. Ob er Wirtschaftszeitungen lese, fragte Mag. Hnat. Er würde bei dieser Frage in sich hinein lachen, meinte die Richterin zu Mag. Hnat und wollte damit suggerieren, dass er diese Frage nur zur Provokation stelle. Er lache nicht, aber sie, die Richterin, schon, meinte Mag. Hnat. Daraufhin beendete die Richterin die Sitzung für den heutigen Tag. Der Zeuge müsse noch einmal geladen werden.
Ende 15:17 Uhr.