Tierschutzprozess 27. Tag
Donnerstag 20. Mai 2010
Inhalt:
Der heutige Tag war der bei weitem langweiligste dieses Prozessverlaufs. Es wurden nur zwei Sachverständige zu ihren Gutachten zu DNA-Analysen befragt und es ergaben sich dabei keinerlei Überraschungen. Die Mischspur auf zwei Steinen, mit denen die € 200 teure Scheibe eines Gasthauses nach einem Treffen Rechtsradikaler eingeschlagen worden war, enthielt auch die DNA eines der Angeklagten. Das ist nach wie vor die einzige konkrete Verbindung eines Angeklagten mit einer Straftat, wobei die Straftat nichts mit Tierschutz zu tun hat und der Angeklagte eine nachvollziehbare Erklärung für seine DNA auf den Steinen hatte.
Sonst wurde nur die DNA eines der Angeklagten – überraschender Weise! – auf seinen eigenen Wollhauben nachgewiesen. Allerdings waren mit diesen Wollhauben keine Straftaten verübt worden. Alle anderen DNA-Vergleiche von Spuren an Tatorten mit den Angeklagten ergaben keine Übereinstimmung.
Ansonsten wurden am heutigen Tag nur etwa 200 ZeugInnen der Verteidigung beantragt. Die Richterin behielt sich darüber eine Entscheidung vor. Bisher wurden also weit über 200 ZeugInnen von der Verteidigung beantragt, aber die Richterin hat noch niemanden dieser ZeugInnen anerkannt geschweige denn geladen.
Es waren wieder etwa 40 PolizeischülerInnen und rund 10 andere Personen im Gerichtssaal als BeobachterInnen anwesend. Um 9:02 Uhr begann die Verhandlung.
Doch keine Brandstiftung bei Kleider Bauer?
Die Richterin fragte zunächst DDr. Balluch, ob er weitere Informationen zu dem von ihm vorgelegten Bekennerschreiben von einer amerikanischen Webseite zu einer versuchten Brandstiftung bei Kleider Bauer im März 2010 habe. Nachdem DDr. Balluch verneint hatte, zeigte die Richterin zwei Bekennerschreiben zu Sachschäden bei Kleider Bauer am 2. und 11. März 2010. Zur versuchten Brandstiftung habe sie bei der Polizei angefragt und die Mitteilung erhalten, es sei kein Brandsatz gefunden worden.
Anwältin Dr. Stuefer beantragte dann, den Bericht der Staatsanwaltschaft Innsbruck zu diesem Vorfall beizuschaffen.
Präsentation der Sachverständigen Gutachten DNA-Tests
Dann wurden die Sachverständigen Dr. Christina Stein und Dr. Christa Nußbaumer aufgerufen, die beide DNA-Tests für die SOKO vorgenommen hatten. Zunächst sprach Dr. Stein. In ihrem ersten Gutachten habe sie Abriebe von 9 Einstichstellen an Autoreifen, von einer Kette, einem Kunststoffteil und einer Farbkapsel erhalten. Von den Reifen, der Kette und der Farbkapsel sei zu wenig DNA isolierbar gewesen, um einen Test durchführen zu können. Auf dem Kunststoffteil habe man DNA gefunden, die aber keinem bzw. keiner der Angeklagten zugewiesen werden konnte.
Wie leicht sonst DNA-Abriebe z.B. von aufgestochenen Reifen zu finden seien, fragte die Richterin, und nahm damit auf ihr Argument Bezug, es müsse sich um eine kriminelle Organisation handeln, weil so wenige Spuren bei Tatorten zu finden seien. Bei solchen Straftaten gehe die Chance eine DNA-Spur zu finden gegen Null, antwortete aber die Sachverständige. Es werde ja nur mit der Messerklinge der Reifen berührt. Und bei der Farbwurfkapsel, fragte die Richterin. Die habe wahrscheinlich jemand geworfen, ohne sie mit der Hand berührt zu haben, meinte die Sachverständige. Obwohl, wenn man die Farbkapsel mit Handschuhen berühre, die vorher in einer Jackentasche gewesen seien, in der wiederum die Hände gesteckt hätten, dann gebe es schon eine Chance, DNA zu finden. Aber es sei dennoch nicht ungewöhnlich, bei diesen Straftaten keine DNA gefunden zu haben.
Dann legte die Sachverständige ein weiteres Gutachten zu einer Taschenlampe und einer Batterie von einer Nerzbefreiung aus dem Jahr 1997 und einigen Wollhauben aus der Wohnung von DI Völkl vor. Die Wollhauben habe alle derselbe Mann und sonst niemand berührt. Dazu habe es einen Treffer in der Datenbank des Bundeskriminalamtes gegeben. Von der Taschenlampe und der Batterie sei keine DNA zu isolieren gewesen.
Ob der Treffer in der Datenbank DI Völkl gewesen sei, fragte die Richterin. Das wisse sie nicht, meinte die Sachverständige. Sie habe keinen Zugang zu diesen Daten. Der Staatsanwalt ließ dann einen Aktenteil an die Wand projizieren, in dem Stand, dass die an den Wollhauben gefundene DNA jene von DI Völkl gewesen sei.
Die Sachverständige legte dann noch ein Ergänzungsgutachten zu DNA von einem Metallteil vor, aber auch da seine keine DNA gefunden worden.
Fragen der Verteidigung
Di Völkl wollte dann wissen, ob die Sachverständige von der Polizei organisches Material bekommen habe, oder ob sie an den Gegenständen dieses Material erst gesucht habe. Sie habe organisches, zelluläres Material von der ihr von der Polizei zur Verfügung gestellten Probe entnommen und untersucht, sagte die Sachverständige. Bei dem Metallteil z.B. habe sie dann kein organisches Material gefunden.
Wie das dann beim Reifenabrieb gegangen sei, fragte DI Völkl. Da habe die Polizei Abriebe mit Wattestäbchen vorgenommen und ihr diese Stäbchen übergeben, meinte die Sachverständige. Diese Stäbchen habe sie dann nach Organischem untersucht.
Gutachten zu den Steinen in Gumpoldskirchen
Dann präsentierte die Sachverständige ihr Gutachten zur DNA-Analyse der Steine, die im Benediktinerhof in Gumpoldskirchen nach der rechtsextremen Versammlung gefunden worden seien. Sie habe von diesen Steinen DNA isolieren und weitergeben können. Von der Sachverständigen Dr. Nußbaumer habe sie die DNA von Mag. Hnat erhalten. Diese habe von einem Kopftuch gestammt, das die Polizei Mag. Hnat entwendet habe. Sie habe dann die DNA von den Steinen mit der von Mag. Hnat verglichen. Ihr erstes Ergebnis sei gewesen, dass man Mag. Hnat als Teilspurleger nicht habe ausschließen können. Er sei mit der Wahrscheinlichkeit 1:8000 ein möglicher Teilspurleger gewesen. D.h. in Österreich wären etwa 1000 Personen als Teilspurleger zusammen mit Mag. Hnat in Frage gekommen. Dazu habe es eine Mischspur von mindestens drei und maximal sechs Personen gegeben.
Dann habe sie aber eine Hauptspur auf einem der Steine isolieren können und diese Mag. Hnat mit der Wahrscheinlichkeit von 1:7 Milliarden für unverwandte Personen zuordnen können.
Ob die Spuren der anderen Personen auf den beiden Steinen dieselben seien, d.h. ob dieselben Personen beide Steine angegriffen hätten, fragte der Staatsanwalt. Das könne man nicht sagen, antwortete die Sachverständige.
Fragen der Verteidigung
Was sie mit verwandt
meine, fragte Anwalt Mag. Traxler. Es seien doch letztlich alle Menschen miteinander verwandt. Das stimme zwar, aber für verwandte Personen gelte eine entsprechend geringere Wahrscheinlichkeit der Übereinstimmung. Sie wisse aber nicht genau, welche Verwandtheitsgrad welche Wahrscheinlichkeit bedeute.
Ob die Mischprofile auf beiden Steinen zu finden seien, fragte Mag. Traxler. Ja, sagte die Sachverständige. Das Hauptprofil habe man nur auf einem der Steine gefunden. Da sei es aber sehr ausgeprägt. Ob der Begriff Hauptprofil bedeute, dass der Verursacher den Stein länger berührt habe oder ob seine Berührung kürzer her sei, fragte Mag. Traxler. Nein, sagte die Sachverständige, es sei reiner Zufall, ob eine Spur stärker ausgeprägt sei oder nicht.
Man könne also aus ihrer Analyse schließen, dass die Steine von mehreren Personen berührt worden seien, fragte Mag. Traxler. Ja, definitiv, antwortete die Sachverständige.
Ob die Intensität der Hauptspur etwas über die Reihenfolge des Angreifens aussage, fragte Mag. Hnat. Nein, sagte die Sachverständige. Wenn man sich z.B. in die Hände spucke oder eine leichte Verletzung habe, dann würde mehr DNA übertragen, auch wenn man den Stein kürzer berühre oder diese Berührung länger her sei.
Ob man jetzt sagen könne, dass mindestens zwei weitere Personen diese Steine angegriffen hätten, fragte Mag. Hnat. Ja, sagte die Sachverständige.
Ob ohne Verletzung bei einer gleichen Berührung die gleiche Menge von DNA übertragen würde, fragte der Staatsanwalt. Nein, sagte die Sachverständige, die Menge an übertragener DNA sei individuell verschieden. Manche Personen würden mehr übertragen und manche weniger.
Pause 10:22 Uhr – 10:43 Uhr.
Gutachten DNA-Analyse von Mag. Hnats Kopftuch
Dann präsentierte die Sachverständige Dr. Nußbaumer ihre DNA-Analyse von Mag. Hnats Kopftuch. Sie habe daraus ein komplettes DNA-Profil erstellen können. Sie habe das auch mit der DNA der Steine verglichen und habe das Ergebnis erhalten, dass es 342.000 Mal wahrscheinlicher sei, dass Mag. Hnat und zwei unbekannte Personen die Steine berührt hätten, als dass drei unbekannte Personen die Steine berührt hätten.
Was der Unterschied zum Gutachten von Dr. Stein sei, fragte der Staatsanwalt. Dr. Stein habe die besseren Daten vom Original erhalten, sie selbst habe auf die Datenbank-Daten zugreifen müssen, die weniger gut seien, gab die Sachverständige an.
Von welcher Datenbank die Rede sei, wollte DI Völkl wissen. Das sei eine Datenbank zu DNA-Profilen des Innenministeriums, meinte die Sachverständige. Diese Datenbank sei national und teilweise international. Die Spuren dort könne man auch löschen lassen, sie wisse aber nicht wie, man müsse einen Antrag stellen.
Um 11:03 Uhr wurden die Sachverständigen entlassen. Mittagspause 11:03 Uhr – 12:32 Uhr.
Nach der Pause gab der Anwalt von Jürgen Faulmann bekannt, dass sein Mandant habe rasch nach Hause eilen müssen, weil sein Hund blutigen Durchfall gehabt habe. Die Richterin ließ den Prozess dennoch fortsetzen.
Stellungnahme von DDr. Balluch zu den Gutachten
DDr. Balluch betonte zunächst, dass die Sachverständige Dr. Stein deutlich gesagt habe, dass es nicht erstaunlich sei, dass so wenige Spuren vorliegen würden. Bei dieser Art von Straftat sei das nicht ungewöhnlich. Die Richterin wollte das sofort relativieren und meinte, die Sachverständige habe aber gesagt, dass es beim Hantieren mit einem Messer auch Spuren von Blut geben könnte. Sie habe aber in erster Linie gesagt, dass wenn man mit einem Messer einen Reifen aufsteche, nur die Klinge den Reifen berühre und daher DNA-Spuren sehr unwahrscheinlich seien, konterte DDr. Balluch. Abgesehen davon habe sie auch gemeint, dass der Mangel an DNA-Spuren an der Farbkapsel nicht verwunderlich sei.
Dann führte DDr. Balluch aus, dass man die Wollhauben von DI Völkl offenbar deshalb nach DNA-Spuren untersucht habe, weil man ihn für den Haubenwart einer kriminellen Organisation gehalten habe, der bei einer Aktion dieser angeblichen Organisation jeweils die Hauben ausgeben würde. Die DNA-Tests hätten aber bestätigt, dass diese Idee falsch ist. Das habe einen weiteren Widerspruch zur Idee einer kriminellen Organisation geliefert. DI Völkl würde offenbar seine Hauben nur selbst verwenden.
Stellungnahme von Mag. Hnat
Mag. Hnat machte dann darauf aufmerksam, dass die Steine die Spuren von mehreren Personen tragen würden. Das sei mit seiner Erklärung für seine Spuren auf den Steinen kompatibel und würde seine Unschuld bestätigen.
Dann sagte Mag. Hnat, dass die anwesenden PolizeischülerInnen gelacht hätten, wie er davon erzählt habe, dass ihm die Polizei mit gezogener Waffe nachgerufen hätte, er solle stehen bleiben oder es werde geschossen. Er finde es nicht richtig, dass die PolizeischülerInnen sich so verhalten würden und die Richterin sie nicht daran hindere, sich über die Ängste der Angeklagten zu belustigen.
Erklärung von DI Völkl
Di Völkl sagte dann, er sei weder EDV-Experte noch Haubenwart einer kriminellen Organisation. Diese Hauben benutze er für seine Recherchen, um nicht von Stopfmästern mit der Axt erschlagen zu werden. Dabei spielte er darauf an, dass er einen Film eines Gänsefarmers vorlegen wollte, auf dem zu sehen sei, dass dieser Farmer das Rechercheteam mit der Axt angriff. Die Haube würde ihn im Feld unkenntlich machen, sodass ihn kein Farmer überraschen würde.
Klage von Kleider Bauer gegen Allianz Versicherung
Dann las die Richterin den beigeschafften Akt der Klage von Kleider Bauer gegen die Allianz Versicherung vor. Darin habe Kleider Bauer einen Schaden von € 347.744,74 geltend gemacht. Davon sei der Nettoeinkaufspreis der Ware ca. € 200.000 gewesen, Sanierung, Lagerung und Transport weitere € 55.833. Die Angeklagten hätten Nebenintervenienten werden wollen. Das ist natürlich bestritten worden
, kommentierte die Richterin und gab durch ihr natürlich
wieder einmal ihre Einseitigkeit zu erkennen.
Dann habe es eine außergerichtliche Einigung gegeben, die aber nicht Teil des Aktes sei, meinte die Richterin. Mag. Traxler stellte den Antrag auf Einholung einer Expertise zur Ermittlung der tatsächlichen Schadenshöhe zum Beweise dafür, dass der Schaden viel geringer gewesen sei. Es gebe einen Vergleich, meinte die Richterin. Das sage aber nichts zur relevanten Schadenshöhe, meinte Mag. Traxler. Ein Vergleich könne auch wirtschaftliche Gründe haben und z.B. durch Gegengeschäfte gedeckt sein.
Antrag auf Verfassungsschutzbericht
Anwältin Dr. Stuefer beantragte dann die Beischaffung gewisser Seiten des Verfassungsschutzberichts 2010 zum Beweis, dass keine kriminelle Organisation vorliege. Der Verfassungsschutzbericht gebe an, dass weiterhin Sachschäden vom Tierschutz vorkämen. Das BVT solle angeben, welche. Da aber weiterhin Straftaten begangen würden, könnten die Angeklagten für diese nicht verantwortlich sein. Die Ermittlungsakten zu den genannten Straftaten sollten ebenfalls eingeholt werden.
DDr. Balluch schloss sich diesem Antrag an und beantragte darüber hinaus noch den Leiter des BVT Peter Grindling als Zeugen.
Der Rest des Prozesstages wurde von Mag. Traxler verwendet, um fast 200 ZeugInnen zur Entlastung von DDr. Balluch zu beantragen. Die Richterin fragte DDr. Balluch, ob er exakt angeben könne, wann er mit wem dieser ZeugInnen worüber gesprochen habe. DDr. Balluch meinte zu dieser seltsamen Frage, er könne das zwar nicht umfassend tun, wisse aber in etwa, mit welchen der ZeugInnen er worüber gesprochen habe und könne aber bestätigen, dass die genannten ZeugInnen zu den beantragten Beweisthemen aussagen könnten.
Nach einer Pause von 14 Uhr – 14:20 Uhr wurden die Anträge für ZeugInnen bis zum Ende um 15:30 Uhr fortgesetzt.