Tierschutzprozess 17. Tag
Donnerstag 15. April 2010
Inhalt:
Am heutigen Prozesstag präsentierte der Sachverständige aus dem EDV-Bereich ohne größere Überraschungen sein Gutachten. Zusätzlich wurde, und das war an sich überraschend, das SOKO-Mitglied Herbert Landauf befragt. Letzteres überraschte deshalb, weil Landauf weder als Zeuge auf dem Programm stand, noch von der Richterin vorher angekündigt worden war. Daraus entwickelte sich auch ein Konflikt zwischen Richterin und Verteidigung, weil die Verteidigung verständlicher Weise eine Vorwarnung davon erhalten wollte, welche ZeugInnen als nächstes einvernommen würden. Der Akt sei so umfangreich, wurde argumentiert, dass diese Vorwarnung notwendig sei, um sich entsprechend vorbereiten zu können.
Aber insbesondere eskalierte heute der Konflikt zwischen Zuhörerschaft und Richterin, was letztendlich zum vorzeitigen Abbruch der Verhandlung führte und einer Besucherin eine Ordnungsstrafe von € 80 einbrachte. Die Kluft zwischen Verteidigung, Angeklagten und BesucherInnen auf der einen Seite und Richterin und Staatsanwalt auf der anderen wird zusehends größer. Vielleicht handelt es sich bei den Umständen dieses politischen Prozesses hier um eine zu erwartende Kluft und Lagerbildung. Aber andererseits sollte die Richterin der Staatsanwaltschaft nicht näher stehen als der Verteidigung und die Verteidigung würde unter normalen Umständen viel stärker um die Gunst der Richterin buhlen. Bei diesem Verfahren gelten aber offenbar andere Gesetze. Die Frontlinien verhärten sich zusehends. Die Richterin führte am Ende der Verhandlung ein intensives Gespräch mit allen 5 AnwältInnen der Verteidigung, möglicherweise um dieses Problem anzusprechen. Die Zukunft wird zeigen, ob diese Initiative einen Erfolg zeitigt.
Die heutige Verhandlung begann mit 40 anwesenden BesucherInnen um 9:15 Uhr, weil sich zwei der Angeklagten verspätet hatten. Die Richterin erklärte gleich zu Anfang, dass es allen Angeklagten verboten sei, etwas zu essen und dass alle Schuhe anhaben müssten. Dann sagte sie, dass Anwältin Dr. Stuefer für einen ihrer Klienten die Übergabe des beschlagnahmten USB-Sticks beantragt habe. Diesem Antrag werde nachgekommen, es werde eine Spiegelung der Daten vorgenommen und der USB-Stick werde ehest möglich ausgehändigt.
Dazu beantragte auch die Anwältin Dr. Lehner für ihren Mandanten DDr. Balluch die Aushändigung aller seiner Computer, CDs und Festplatten, die jetzt bereits zwei volle Jahre in den Händen der SOKO seien. Der Staatsanwalt sagte dazu, dass das nur ginge, wenn der Beweiszweck auch ohne diese Computer erfüllbar sei. Die Richterin vertagte den Beschluss.
Anwalt Dr. Dohr beantragte den Laptop seines Mandanten David Richter. Auch dazu wollte die Richterin später entscheiden.
Da die Richterin erklärt hatte, dass heute der Sachverständige Dr. Christian Lürzer einvernommen werde, das aber am letzten Prozesstag der Verteidigung gegenüber explizit ausgeschlossen hatte, beantragte Rechtsanwalt Dr. Karl, dass Dr. Lürzer aufgrund des Fairnessgebots bei Verhandlungen später einvernommen werden solle, da sich sonst die Verteidigung nicht ausreichend darauf vorbereiten könne. Die Richterin lehnte diesen Antrag ab und führte aus, dass die AnwältInnen Zeit genug gehabt hätten, sich auf diesen Prozess vorzubereiten. Anwalt Mag. Bischof schloss sich, trotz eben erteilter Ablehnung, dem Antrag an und führte an, dass die Richterin ihm gegenüber deutlich gesagt hätte, dass dieser Sachverständige heute nicht dran käme. Ich diskutiere nicht mehr!
, rief die Richterin dazwischen. Daraufhin sagte Anwältin Dr. Stuefer, dass auch ihr auf zweimaliges Anfragen von der Richterin gesagt worden sei, dass der Sachverständige nicht komme. Antrag abgelehnt!
, rief die Richterin stur dazwischen. Und dann sagte sie, die Verteidigung und die Angeklagten seien selbst schuld, dass das Programm so durcheinander käme, weil sie viel zu viele Fragen stellen würden. Dieser Vorwurf führte zu einer allgemeinen Empörung im Raum, die die Richterin dazu veranlasste, eine Pause auszurufen, um die Gemüter zu beruhigen
.
Pause von 9:37 Uhr – 9:45 Uhr.
Doch auch nach der Pause ging es um dasselbe Thema. Jetzt schloss sich Anwältin Dr. Lehner dem bereits abgelehnten Antrag an, dass der Sachverständige später befragt werden solle. Abgelehnt
, sagte die Richterin wieder und wiederholte ihren Vorwurf, dass die Fragen der Verteidigung und der Angeklagten viel länger dauern würden, als von der Richterin geplant gewesen sei. Weil also die Verteidigung zu viel frage, würde jetzt der Sachverständige zur Strafe entgegen der Ankündigung befragt, stellte Dr. Stuefer fest. Der Sachverständige kommt jetzt dran
, rief die Richterin.
Dann stand der Angeklagte Mag. Hnat auf und beantragte, die Richterin solle der Verteidigung die fehlenden Aktenteile zur Verfügung stellen. Er führte aus, dass 6 Beilagen der bisherigen Hauptverhandlungs- HV-Protokolle fehlten, sowie 20 Ordnungsnummern aus dem Akt. Weitere 350 Ordnungsnummern aus dem Akt würden in digitaler Form fehlen. Alle AnwältInnen schlossen sich diesem Antrag an.
EDV-Gutachten
Dann begann der Sachverständige Dr. Christian Lürzer sein Gutachten zusammen zu fassen. Seine Aufgabe sei gewesen zu klären, ob auf den Computern von Verdächtigen Verschlüsselungen existierten, wenn dann welche und ob eine Entschlüsselung möglich sei. Zusätzlich solle er der Frage nachgehen, ob zu erkennen sei, wie intensiv die Verschlüsselungen betrieben worden seien.
Der Sachverständige sagte, dass er mit dem SOKO-Experten der Datensicherung, Breitschink, Kontakt gehabt hätte und dass er mit ihm die Vorgangsweise aus technischer Sicht abgesprochen habe. Das Landeskriminalamt habe die Datenträger analysiert und ihm, dem Sachverständigen, nur Informationen zukommen lassen. Er selbst habe also keine Datenträger bekommen. Am 11. August sei er erstmals von Breitschink kontaktiert worden. DDr. Balluch fragte dazu höflich, um welches Jahr es sich handle, woraufhin die Richterin aggressiv ausrief, DDr. Balluch werde sofort entfernt, wenn er noch einmal den Mund aufmache. Dann fragte auch Faulmann dieselbe Frage und wurde nach einigem Zögern ebenfalls von der Richterin mit Hinauswurf bedroht. Anwältin Dr. Lehner beantragte dann, der Sachverständige möge darüber Auskunft geben, um welches Jahr es sich handle. Die Richterin erlaubte dann dem Sachverständigen das Jahr zu nennen: 2008.
Am 7. Jänner 2009 habe er dann noch Nachtragsinformationen von Breitschink erhalten, führte der Sachverständige weiter aus. Seine Informationen seien also auf Basis der Erkenntnisse im Jänner 2009 zustande gekommen. Er habe von 15 Personen die ihm von der Polizei übermittelten Informationen angesehen und festgestellt, dass die meisten mittels PGP bzw. dem neueren GPG, Truecrypt, der Window-Verschlüsselung EFS und Linux DM-Crypt verschlüsselt hätten. Manche hätten auch das Programm TOR zum anonymen Surfen installiert.
Die Richterin wollte wissen, was Truecrypt sei. Das würde zur Verschlüsselung von Dateien, Partitionen oder ganzer Computer dienen. Es sei ein Schlüssel erforderlich. EFS könne ebenfalls zur Verschlüsselung verwendet werden. PGP sei eine asymmetrische Verschlüsselungsform, die insbesondere zur Verschlüsselung von Emails diene.
Was bei DDr. Balluch verschlüsselt worden sei, fragte die Richterin. Er habe 17 mit PGP verschlüsselte Files am Computer gehabt, las der Sachverständige aus seinen Tabellen vor. Zusätzlich seien drei Container mit Truecrypt verschlüsselt gewesen. Weiters habe man bei DDr. Balluch 11 mit PGP verschlüsselte Dateien sichergestellt.
Bei Mag. Hnat habe sich Der kleine Abhörratgeber
gefunden, ein Büchlein aus dem Jahr 1996, das leicht erhältlich wäre. Ebenso habe Mag. Hnat das Computersicherheitshandbuch
besessen. Dann habe es eine CD gegeben, die wahrscheinlich von DI Völkl erstellt worden war, und die Informationen zur Verschlüsselung enthalten solle, die der Sachverständige auf 14 A4-Seiten zusammengefasst hatte.
Pause 10:58 Uhr – 11:18 Uhr.
Warum er sich sicher sei, dass diese CD von DI Völkl stamme, fragte die Richterin. Das würden die Metadaten angeben, meinte der Sachverständige. Die CD enthalte Vorschläge, wie gewisse Programme zur Verschlüsselung, die ebenfalls auf der CD waren, verwendet werden können und was es für Ideen zur Verschlüsselung gebe.
Ob eine Datei verschlüsselt zurückbleibe, wenn sie mittels PGP abgeschickt werde, fragte die Richterin. Das habe er nicht geprüft, sagte der Sachverständige. Die genannte CD enthalte jedenfalls Truecrypt, EFS und die Emailverschlüsselung PGP bzw. GPG. Ebenso fänden sich dort Gedanken zu Grenzen der Anwendung dieser Methoden, Gefahren bei der Anwendung, sowie die Software Eraser für das sichere Löschen von Dateien und das anonyme Surfprogramm TOR. Die Verschlüsselung von Dateien sei eine wichtige Frage für jeden Betreiber von EDV-Anlagen.
Ob DurchschnittsbürgerInnen solche Programme benutzen würden, fragte die Richterin. Er sei bereits seit 20 Jahren auf diesem Gebiet tätig, führte der Sachverständige aus, und er habe das aus erster Hand mitverfolgt. Verschlüsselung sei immer wieder Thema in Fachdiskussionen. Unternehmen würden momentan nur in Ausnahmefällen ihre Daten verschlüsseln. Im Privatbereich sei es in der Praxis auch eher selten, etwa 1 % der Emails würde verschlüsselt, oft auch wesentlich weniger. Datensicherheit sei aber im Fachbereich ein sehr gutes und wichtiges Thema. Die Verschlüsselung sei da, um sensible Daten vor dem Mitlesen Dritter zu schützen. Unverschlüsselte Emails könnten von jedem, der sich einigermassen auskenne, mitgelesen werden, wie eine offene Postkarte. Dem Großteil der PrivatnutzerInnen sei das nicht bewusst. Dieses Bewusstsein sollte aufgebaut werden.
Zur Frage, welche der genannten Programme wie leicht zu erhalten seien, sagte der Sachverständige, dass PGP als Freeware einfach zu beschaffen sei, aber auch in besserer Ausführung gekauft werden könne. GPG sei wie PGP, allerdings nur als Freeware vorhanden, und der Source Code sei öffentlich, daher nachvollziehbar und vertrauenswürdig. Truecrypt sei ebenfalls eine einfach zu beschaffende Freeware. Man könne damit aber auch Verschlüsselungen verstecken, sodass sie durch Gutachter nicht nachweisbar wären. Die EFS-Verschlüsselung sei für Linux nicht gut geeignet, das aber die meisten der Angeklagten genutzt hätten. TOR sei ebenfalls Freeware und für anonymes Surfen gut, wo es insbesondere im Bereich der Kinderpornographie wichtig sei. Eraser diene dem rückstandlosen Löschen und DM-Crypt diene der Verschlüsselung bei Linux. Alle verwendeten Verschlüsselungen seien also kostenlos überall erhältlich und sehr leicht zu installieren.
Zur Entschlüsselung führte der Sachverständige aus, dass die Länge des Schlüssels entscheidend sei. Die Schwachstellen der genannten Verschlüsselungen seien:
- Unsichere Kennworte
- Schwächen in der Software bestimmter Programme in bestimmten Versionen, die bekannt seien
- Im temporären Arbeitsspeicher würden die Dateien, solange der Computer laufe, unverschlüsselt vorliegen, deshalb werte die Polizei zunächst die Speicher aus, wenn sie einen Computer findet, der noch läuft
- Kennworte werden manchmal z.B. unter der Tastatur aufgeschrieben und versteckt (danach zu suchen habe man die BeamtInnen angewiesen)
- Wenn der Computer laufe und die verschlüsselten Dateien offen seien, dann könne die Polizei sie lesen
- Vertrauen zum öffentlichen Schlüssel, am besten sei es, den eigenen öffentlichen Schlüssel auf einer Key-Server Webseite zu veröffentlichen
Jedenfalls, so der Sachverständige weiter, seien alle verwendeten Programme in den Jahren 2006-2008 weit verbreitet gewesen. Schlüssel seien grundsätzlich knackbar, aber wenn die wichtigsten Regeln befolgt würden und die Verschlüsselung sorgfältig gemacht sei, dann nicht.
Fragen der Verteidigung an den Sachverständigen
Der Staatsanwalt wollte keine Fragen stellen. Also ergriff Anwältin Dr. Lehner das Wort. Wie verbreitet die Computerverschlüsselung sei, wollte sie wissen. Es gebe keine Vereine, die die Verschlüsselung förderten, meinte der Sachverständige. Aber es gebe Fachmedien, die sich dieses wichtigen Themas annehmen würden. Ob es Erfahrungswerte gebe, dass politisch aktive Personen öfter verschlüsseln als andere, fragte Dr. Lehner. Wie das denn bei dem sei, was DDr. Balluch eine Protestkultur nenne, schloss sich die Richterin der Frage an. Er könne nur sagen, dass in den Fachzeitschriften lediglich 1-2% der Themen politisch seien, antwortete der Sachverständige, zum Verhalten von politischen AktivistInnen könne er nur unseriös vom Hörensagen antworten.
Anschließend wurde Anwalt Mag. Bischof das Wort erteilt. Er führte noch einmal aus, dass die Richterin ihm am Vortag versichert hätte, dass dieser Sachverständige heute nicht dran käme. Er habe daher seine Fragen nicht vorbereitet und könne so seine Verteidigungspflichten nicht wahrnehmen. Dass die Richterin zuerst zusichere, dass der Sachverständige nicht komme, und dann doch diesen aufrufe, verletze die Prinzipien eines fairen Verfahrens. Daher beantragte Mag. Bischof, dass die Richterin am Ende jeden Tages die Beweisaufnahmen des nächsten Prozesstages ankündigen möge. Zusätzlich stellte Mag. Bischof den Antrag, heute das SOKO-Mitglied Landauf nicht zu vernehmen. Er sei weder angekündigt worden, noch stünde er im Verhandlungsplan.
Dazu sagte die Richterin verächtlich, ob Mag. Bischof sich so kurzfristig auf ZeugInnen vorbereite. Ein Tag vor der Verhandlung sei doch zu wenig. Sie habe Breitschink vernehmen wollen, aber diese Vernehmung habe sie vertagen müssen, um einem der Angeklagten seinen USB-Stick aushändigen lassen zu können. Mag. Bischof fügte an, dass wegen des Aktenumfangs eine wesentliche Zusatzvorbereitung einen Tag vor der Verhandlung notwendig sei. Er wolle also nichts fragen, meinte die Richterin. Auch Anwältin Dr. Stuefer sagte, sie sei nicht vorbereitet und beantrage deshalb, dass der Sachverständige noch einmal zur Einvernahme geladen werde. Die Richterin verkündete, dass er bei der Vernehmung von Breitschink dabei sein werde.
Dann fragte Dr. Stuefer dennoch den Sachverständigen, ob er sagen könne, welche Person welches Programm wann installiert habe. Er könne nur sagen, dass die CD in dieser Zeit erstellt wurde, meinte der Sachverständige. Ob es in letzter Zeit Updates zu Truecrypt gegeben habe, wollte Dr. Stuefer wissen. Dann legte sie einen Webseitenausdruck von Truecrypt vor, auf der von einem Update am 5. Februar 2008 die Rede war. Warum das relevant sei, wollte die Richterin wissen. Ein Update könnte ein Grund für eine neue Installierung sein, statt einer kriminellen Verschwörung, meinte Dr. Stuefer. Das sagen Sie, nicht die Angeklagten!
, kommentierte die Richterin. Es handle sich um eine Frage, meinte Dr. Stuefer. Die Vorlage der Webseite sei glaubwürdig, sagte der Sachverständige. Sie beantrage, dass der Sachverständige die Geschichte von Truecrypt recherchieren solle, sagte Dr. Stuefer.
Er glaube aber, dass diese Neuversion von Truecrypt nicht von den Angeklagten installiert worden sei, sagte dann der Sachverständige. Dazu rief die Richterin erleichtert, dass es dann irrelevant sei. Dr. Stuefer bestand dennoch darauf, dass das überprüft werden solle. Ob sie das als Antrag stellen wolle, fragte die Richterin. Darüber werde sie nachdenken, meinte Dr. Stuefer. Denken Sie nach!
, sagte die Richterin. Dann entließ sie den Sachverständigen, obwohl noch einige Personen Fragen hätten stellen wollen. Dagegen erhob sich Protest, worauf die Richterin die Sitzung schloss.
Mittagspause 12:23 Uhr – 13:19 Uhr.
Antrag auf Enthebung des linguistischen Gutachters
Nach Ende der Mittagspause erklärte die Richterin, es handle sich hier um keinen politischen Prozess, worauf sie einen Lacherfolg einfuhr.
Dann beantragte die Anwältin Dr. Lehner die Enthebung des linguistischen Gutachters Dr. Schweiger. Dazu legte sie einen Artikel der Tageszeitung Der Standard vor. Die Richterin nahm den Artikel an und las ihn laut vor. Wörtlich stand dort:
Schweiger selbst will zu den Vorwürfen nicht Stellung nehmen:
Ich bin für morgen als Zeuge geladen. Heute etwas zu sagen, wäre unhöflich.Dass ihn der VGT bereits wegen des Erstellens eines wissentlich falschen Gutachtens angezeigt hat, sorgt bei Schweiger für Gelächter:Da wünsche ich dem Herrn Balluch viel Glück. Aber was bleibt dem armen Teufel denn noch übrig.Er wolle zwar als Sachverständiger nicht über den Fall urteilen.Aber der Balluch hat nur zwei Möglichkeiten: Entweder er gesteht, und kriegt die geringstmögliche Strafe. Oder er schießt mit allen Kanonen und behauptet weiterhin, er ist unschuldig.
Der Staatsanwalt äußerte sich nicht zu dem Antrag. Anwalt Mag. Bischof schloss sich an und beantragte die Bestellung eines neuen Gutachters. Die Judikatur sage, dass schon der äußere Anschein von Neutralität gewahrt sein müsse. Auch Anwältin Dr. Stuefer schloss sich an und betonte, dass durchschnittliche LeserInnen bei diesem Artikel zur Meinung gelangen würden, der Gutachter sei voreingenommen.
Anwalt Dr. Dohr beantragte die Standard-Redakteurin als Zeugin. Anwalt Dr. Karl stellte fest, dass der Gutachter im obigen Text davon spreche, DDr. Balluch würde lediglich behaupten
, er sei unschuldig. Das deute klar auf eine Voreingenommenheit hin.
Die Richterin vertagte den Beschluss und meinte, man müsse zuerst den Wahrheitsgehalt des Artikels eruieren.
Einvernahme des SOKO-Mitglieds Abteilungsinspektor Herbert Landauf
Geboren sei er am 11. 8. 1965, sagte Landauf auf Befragen. Ab September 2007 sei er zur SOKO gestoßen.
Plötzlich meinte die Richterin, dass die Angeklagten Bilder ihrer Persönlichkeit durch ihr Verhalten zeichnen würden und das habe eine Auswirkung auf das Urteil. So würden sich insbesondere Chris Moser, der Sechstangeklagte, sowie David Richter, Monika Springer und Harald Balluch sehr anständig verhalten, was man von den anderen nicht sagen könne.
Landauf führte dann aus, dass seine Aufgabe gewesen sei, die bei den Hausdurchsuchungen sichergestellten Gegenstände zu sichten. Nur die Computer, sowie die Sachen des VGT aus dessen Materiallager und Wiener Büro, habe er nicht angesehen. Er habe dann alls Abschlussberichte, außer den von DDr. Balluch, erstellt. Dabei habe er mit Bettina Bogner zusammengearbeitet, beide hätten verschiedene Passagen geschrieben.
Sonst habe er die Telefonüberwachung betrieben. Der Tierrechtsextremismus sei für ihn völliges Neuland gewesen. Für sie auch, fügte die Richterin dazu. Im Jahr 2007 sei er jedenfalls mit Null-Wissen über Tierrechte eingestiegen, meinte Landauf. Er habe auf die Inhalte der Telefonate achten müssen, und da vor allem auf Aussagen zu aktuellen Kampagnen wie Kleider Bauer, aber auch P&C und SHAC.
Die Richterin wollte dann wissen, wie groß der Überwachungszeitraum gewesen sei, insbesondere, weil in den Abschlussberichten Tabellen zur Anzahl der Telefonkontakte der Beschuldigten untereinander angegeben gewesen seien, ohne Angabe zum Zeitraum. Das wisse er nicht mehr, antwortete Landauf. Die Tabelle habe aus der Telefonüberwachung und der Rufdatenrückerfassung bestanden, letztere wahrscheinlich für 6 Monate. Angeführt seien auch SMS und nicht zustande gekommene Telefonate gewesen. Das Ziel sei gewesen einzuschätzen, wer zum Telefonkreis der Beschuldigten gehöre. Er habe aber natürlich auch die Inhalte der Telefonate angeschaut.
Auf Befragen durch die Richterin gab er an, bei Hausdurchsuchungen nicht anwesend gewesen zu sein. Er habe die Gegenstände, die bei den Hausdurchsuchungen beschlagnahmt worden waren, gesichtet und danach geordnet, was relevant sei. Er habe die Abschlussberichte auch auf Basis der Einvernahmen erstellt, bei denen er anwesend war.
Der Staatsanwalt wollte wissen, ob Landauf auch den Abschlussbericht von Mag. Hnat verfasst habe. Ja, sagte dieser. In diesem Abschlussbericht stehe, dass Mag. Hnat seit 2002 Mitglied des VGT sei und zum engen Kreis um DDr. Balluch gehöre. Ja, sagte Landauf, man habe eine Mitgliederliste des VGT aus dem Jahr 2004 gefunden, die allerdings nicht alle Mitglieder enthalten habe. Mag. Hnat sei auch Rechungsprüfer des VGT gewesen. Aufgrund der Telefonüberwachung könne man sagen, dass DDr. Balluch eine Führungspersönlichkeit sei. Mag. Hnat sei Bindeglied zur BaT gewesen. Er sei einer der engsten Vertrauten von DDr. Balluch.
Pause 14:05 Uhr – 14:16 Uhr.
Befragung durch die Verteidigung
Anwältin Dr. Lehner sagte dann, dass laut Strafantrag DDr. Balluch einer kriminellen Organisation Informationen in der Anti-Pelz Kampagne zur Verfügung gestellt habe. Er wisse nicht, um welche Information es sich da handeln könne, sagte Landauf dazu.
Und Informationen zur Eier-Kampagne, fragte Dr. Lehner nach. Die Eier-Kampagne sei nicht primär Gegenstand der Ermittlungen gewesen, meinte Landauf. Er habe jedenfalls nie behauptet, dass es bei der Eier-Kampagne zu kriminellen Aktivitäten gekommen sei.
Könne man den VGT als Tarnorganisation bezeichnen, fragte Dr. Lehner. Die Infrastruktur des VGT sei für die kriminelle Organisation verwendet worden, sagte Landauf. So sei z.B. Geld für die Kampagnenarbeit bezahlt worden. Und bzgl. Infoständen, Run-ins oder home demos, welche Gegenstände des VGT seien dafür verwendet worden, wollte die Richterin wissen. Er ginge davon aus, dass die Funkgeräte des VGT auch bei Recherchen verwendet worden seien, sagte Landauf. Das schließe er aus der Telefonüberwachung. Welche Recherchen er meine, fragte Dr. Lehner. Z.B. Recherchen von Legebatterien, sagte Landauf.
Da unterbrach die Richterin die Sitzung und meinte, eine Zuhörerin habe zu laut zu ihrem Sitznachbarn geflüstert. Sie solle daher hinausgehen. Da sie sich weigerte, sagte die Richterin zur anwesenden Polizei, sie solle die Frau entfernen. Da sich die Frau dennoch weigerte und einfach sitzen blieb, aber auch andere ZuschauerInnen um die Frau herum sitzen blieben und die Polizeibeamtinnen nicht durchgehen ließen, brach die Richterin die Sitzung ab.
Pause von 14:30 Uhr – 14:48 Uhr.
Dann begann die Richterin kurz wieder die Verhandlung, aber lediglich, um die betroffene Frau um ihren Namen zu fragen. Nachdem diese schwieg sprach die Richterin eine Ordnungsstrafe von € 80 aus und schloss für diesen Tag die Sitzung.
Angehörige des Gerichts gaben später an, dass es noch nie am Landesgericht in Wr. Neustadt dazu gekommen sei, dass während der Verhandlung eine Ordnungsstrafe verhängt wurde. Die Frau ging vor die Tür des Gerichts und wurde dort von etwa 20 PolizistInnen aufgehalten. Nach einiger Zeit gab sie ihren Namen an und zahlte die € 80.
Unterdessen sprach die Richterin mit den 5 AnwältInnen der Verteidigung und betonte, sie würde eine gute Verhandlungsführung haben, das habe man ihr oft bescheinigt, aber in diesem Prozess würden sich alle, inklusive der Verteidigung, in einer Weise benehmen, wie sie das noch nie erlebt habe.