Tierschutzprozess:
Effektiver Tierschutz und gelebte Demokratie in Gefahr

Richterin Mag. Arleth im Polizeisportverein?

Ist der Tierschutzprozess ein fairer Prozess? Setzt sich der Rechtsstaat durch? Diese Fragen wurden während der ersten 12 Prozesstage unter den ProzessbeobachterInnen laufend diskutiert. Anfänglich schien Richterin Mag. Sonja Arleth in der Befragung von DDr. Martin Balluch sehr scharf, ließ ihn kaum zu Wort kommen und erwartete offenbar politisch-fundamentalistische Ausbrüche. Die Richterin milderte dann im Lauf der Zeit ihre Vorgehensweise ab und manche BeobachterInnen nahmen sie in Schutz, indem sie meinten, die Richterin habe schließlich scharf fragen müssen, weil das ihre Rolle wäre. Wir werden sehen, ob sie die ZeugInnen der Anklage auf eine ähnliche Weise befragen wird.

Aber dennoch bleibt der fahle Beigeschmack, sie habe anfangs eine Erwartungshaltung eingenommen, die auf Vorurteilen basierte. Tatsächlich hat noch Monate vor der Verhandlung einer der Richter des Landesgerichts Wr. Neustadt im persönlichen Gespräch über die Angeklagten gesagt, sie seien Gfraster und würden einen Denkzettel verdienen. Man werde sie verurteilen, allerdings nur zur bereits abgesessenen U-Haft-Zeit und der Rest würde bedingt nachgelassen. Das sei eben die gängige Praxis.

Da die Polizei bereits im Jahr 2007 in verschiedenen Aktenteilen fix davon ausging, dass es HD und HB, also Hausdurchsuchungen und Haftbefehle, geben werde, ist diese Praxis allerdings fragwürdig. Sollte die Polizei tatsächlich bereits am Anfang der Ermittlungen beschließen können, dass es U-Haft Befehle geben wird, die dann quasi als übliche Praxis zu rechtskräftigen Gefängnisstrafen umgemünzt werden, offenbar um dem Staat etwaige Wiedergutmachungszahlungen zu ersparen?

Ein Filmteam war kürzlich am Landesgericht Wr. Neustadt, um den Pressesprecher des Gerichts zur Tierschutzcausa zu interviewen. Der Redakteur erzählte später, dass knapp vor dem Interview jemand seinen Kopf aus einem der Büros des Landesgerichts gesteckt und ausgerufen hatte, diese Tierschützer gehörten eingesperrt, weil sie den Pelzhandel schädigten. Auch das wirkt äußerst bedenklich, wenn Angestellte des Landesgerichts offenbar eine derartige Vorverurteilung betreiben und diese ihnen auch noch so wichtig ist, dass sie sie lauthals herausbrüllen, wenn Medien in der Nähe sind. Übrigens wurde dieser Mann vom Filmteam gefragt, ob er seine Meinung vor laufender Kamera wiederholen würde. Er lehnte dankend ab.

Im Prozess fiel immer wieder auf, dass Richterin Mag. Arleth die Polizei vehement gegenüber Angriffen seitens der Angeklagten und ihrer AnwältInnen verteidigte. Auf der Webseite http://www.psvwrn-schiessen.at/zeitung/25_2010.pdf des Polizei-Sport-Vereins Wr. Neustadt – Sektion Schießen scheint Richterin Mag. Arleth gleich zwei Mal auf. Einmal wird angegeben, dass sie dem Verein Geld gespendet habe, und einmal wird sie in der Liste der SchützInnen geführt. Offenbar hat sie im Rahmen dieses Vereins auch an einem Wettkampf im Schießen teilgenommen.

Zieht man in Betracht, wie sehr die Polizei in Form der Sonderkommission mit den Angeklagten und dem gesamten Tierschutz im Konflikt liegt, scheinen derartige Beziehungen schon bedenklich. Auf der anderen Seite sollten vielleicht auch wir ProzessbeobachterInnen nicht irgendwelchen Vorurteilen nachgeben, sondern den Prozessverlauf objektiv und unvoreingenommen beobachten, wie wir hoffen, dass auch die Richterin ihre Vorurteile ablegt. Leicht wird das in diesem Prozess aber niemandem gemacht.

Übrigens gab es am 19. und 26. Dezember Veranstaltungen zum Tierschutz an der Universität Wien, Institut für Philosophie. Für beide Veranstaltungen hatte die Uni Werbeplakate offiziell aufgehängt. Jetzt wurde seitens der Uni mitgeteilt, dass unbekannte TäterInnen diese Werbeplakate rigoros zerstört und entfernt hatten, also Sachbeschädigungen gegen den Tierschutz begangen wurden. Auf beiden Seiten gibt es offenbar unbekannte Personen, die vor derartigen Aktionen nicht zurückschrecken. Auch das sollten alle Beteiligten, insbesondere die Richterin, die ja letztlich zu entscheiden hat, bedenken, wenn die Aussagen vor Gericht bewertet werden.

5 Kommentare

Dieser Prozess macht es einem schwer, den Glauben an Gerechtigkeit und Unabhaengigkeit in der oesterreichischen Rechtsprechung aufrechtzuhalten.

In einem Prozess in dem es hauptsächlich um die Gesinnung der Angeklagten zu gehen scheint,ist wohl als erste die Gesinnung der Vorsitzenden Richterin zu prüfen,den ein Richter kann nur neutral urteilen wenn er das auch ist, in diesem Prozess schein Justizia die Augenbinde abgelegt zu haben, und das ist ja seit Beginn schon ein Faktum, wann endlich treten die Verteidiger vor und lehnen diese Richterin als BEFANGEN ab, den Grund haben Sie ja jetzt und es bedarf nur einen Grund,Frau mag.Arleth ist in meinen Augen als Richter nicht mehr tragbar !!

Frau Arleth erscheint mit dieser engen Bindung an die Polizei – selbst wenn sie kein formelles Mitglied im Polizeisportverein sein sollte – auch in anderen Verfahren als in diesem, in denen es wesentlich auf Aussagen von Polizisten ankommt, z.B. in Verkehrsstrafsachen oder auch in Verfahren gegen Polizisten, die ja auch vorkommen können indem Angehörige der Polizei Straftaten begehen, ebenfalls als befangen. Ein Richter sollte alles, was auch nur den Anschein einer Befangenheit erwecken könnte, vermeiden. Es ist unverständlich, dass von Seiten des Präsidiums hierauf anscheinend nicht hingewiesen wird.

Wenn es nicht nur einen staatlicherseits behaupteten Anspruch auf Rechtsstaatlichkeit in Österreich, sondern auch eine eingelöste Rechtsstaatswirklichkeit gegeben hätte, dann hätte dieser Prozeß, die plump konstruierte Anklage, diese jahrelangen willkürlichen Ermittlungen, die brutalstmöglichen Verhaftungen der Angeklagten, diese verbissene Einseitigkeit des staatlichen Blicks auf Kriminalität rund um den Tierschutz niemals stattfinden dürfen. Nein, in Österreich gilt nur die gewalttätige Korruption der Tierindustrie. Daran können die aufgeblasenen Hanseln der Rechtsstaatsfassade gar nichts ändern, ob sie nun Kinderstube reklamieren oder nicht. Der Prozeß macht deutlich, dass das Urteil schon längst festgelegt ist. Nicht einmal der Schein der Unvoreingenommenheit wird noch gewahrt. Mittelalterliches Schranzengehabe ist das, von Fairplay haben die noch nie etwas gehört.
Es wird höchste Zeit, dass man die staatlich gewollte politische Sittenlosigkeit in Österreich seitens der europäischen Öffentlichkeit viel mehr in den Fokus nimmt. Mit diesem widerlichen Schmierentheater verliert Österreich unaufhörlich viele Sympathien in den hellhörig gewordenen Nachbarländern. Der österreichische Polizeistaat zeigt, wie er mit einer heranwachsenden, friedlichen, veritablen, außerparlamentarischen Opposition umzugehen gedenkt: Gewalttätig ohne jede Rechtfertigung – und das darf nicht sein. Wer europäisch mitentscheiden möchte, hat sich gefälligst auch selbst an die Spielregeln zu halten und darf dies nicht nur von Anderen verlangen.

Operation Spring 2.0