Tierschutzprozess 3. Tag
Freitag 5. März 2010
Inhalt:
Um 9:03 Uhr eröffnete Richterin Mag. Sonja Arleth den heutigen Verhandlungstag. Sie schien wiederum wesentlich unduldsamer und unfreundlicher als am Nachmittag des Vortages. Zunächst wurde der Film einer Legebatterie gezeigt, den DDr. Balluch im Rahmen einer Recherche zusammen mit den Vier Pfoten ausgenommen hatte. Laut Strafantrag würde diese Recherche die Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation begründen. Der Film lief nur wenige Sekunden und schon bemerkte die Richterin, sie wüsste wie Legebatterien aussehen und es wäre unnötig, sich diesen Film anzuschauen. Am Vortrag hatte sie noch beim Film über Pelzfarmen deutlich Mitgefühl gezeigt. Davon war heute nichts zu spüren.
Anschließend legte Anwalt Mag. Traxler einige Emails vor, die bewiesen, dass die Polizei im November 2007 Planungsgespräche zwischen TierschutzaktivistInnen abgehört und die Informationen an die Jägerschaft weitergeleitet hatte, sodass diese die Tierschutzaktion verhindern konnten. Deshalb beschlossen die TierschützerInnen, einen Pool von anonymen Wertkartenhandys anzulegen. Weiters wurde ein Protokoll einer Vorstandssitzung des VGT vorgelegt, bei dem dieser Kauf beschlossen und einer der Angeklagten mit dem Ankauf der Handys betraut wurde. Der Staatsanwalt hatte behauptet, dass der Ankauf von anonymen Wertkartenhandys ein Hinweis darauf wäre, dass eine kriminelle Organisation vorliege.
DDr. Balluch betonte an dieser Stelle auf Frage seines Anwalts, dass die SOKO-Mitglieder Landauf und Bogner ihm während seiner Befragung in der U-Haft mitgeteilt hatten, dass sie tatsächlich die TierschützerInnen am Telefon belauscht und die JägerInnen informiert hätten.
Scheiben bei Kleider Bauer eingeschlagen
An dieser Stelle sprang der Staatsanwalt plötzlich auf und verkündete, dass er eine wichtige Mitteilung hätte. Er tat das mit so viel Pathos, dass man erwarten musste, der Bundespräsident wäre gestorben oder etwas Vergleichbares wäre passiert. Dann sagte der Staatsanwalt, er habe gerade eine Mitteilung der Kriminalpolizei erhalten, dass unbekannte TäterInnen in der Nacht vom 2. auf den 3. März, also wenige Tage vorher, mehrere Auslagenscheiben einer Filiale von Kleider Bauer in Wien Favoritenstraße eingeschlagen hätten. Die folgende Stille im Saal schien fast wie eine Schweigeminute.
Dann fragte die Richterin DDr. Balluch, was er dazu sage. Dieser meinte, er wäre unter den gegebenen Bedingungen juristisch gezwungen sich zu freuen, zumal der Staatsanwalt noch am Vortag den Umstand, dass seit Jänner 2008 keine Sachbeschädigungen gegen Kleider Bauer mehr stattgefunden hätten, als Beweis dafür vorgebracht hatte, dass die Angeklagten schuldig wären. Mit dieser Sachbeschädigung sei das wohl widerlegt. Es wäre völlig unglaubwürdig anzunehmen, die Angeklagten säßen untertags vor Gericht und würden in der Nacht Scheiben einschlagen.
Bekennerschreiben Brandstiftung Hühnermasthalle Pummersdorf im Jänner 2000
Die Richterin las das Bekennerschreiben im Original vor und verwies auf ein linguistisches Gutachten der Staatsanwaltschaft, nach dem DDr. Balluch der Autor wäre. Das sei aus verschiedenen Gründen unmöglich, antwortete dieser.
Erstens sei das Bekennerschreiben mit der Hand geschrieben und würde nicht DDr. Balluchs Handschrift entsprechen. Zweitens befände sich im Text des Bekennerschreibens das Wort tierisch
, das nach DDr. Balluchs Aussage von ihm grundsätzlich nicht verwendet würde. Dazu wurde ein Ausschnitt seiner Dissertation und seines Buches vorgelegt, in dem genau dieser Umstand ausgeführt wurde. Weiters hatte die Richterin ausgeführt, dass dieselbe Masthuhnfarm bereits 1996 von TierschützerInnen heimlich gefilmt worden war. DDr. Balluch konnte belegen, erst ab 1997 Kontakt zur österreichischen Tierschutzszene gehabt zu haben.
Anschließend konnte DDr. Balluch anhand des Aktes nachweisen, dass das Bekennerschreiben nicht, wie der Staatsanwalt behauptet hatte, am 7. Jänner 2000 per Fax an die APA geschickt worden war, sondern bereits am 5. Jänner 2000 per Post von St. Pölten aus. DDr. Balluch war aber von Weihnachten 1999 bis 6. Jänner 2000 mit einer Gruppe von Personen auf Schitour. Das konnte er durch sein Schitourenbuch und das Tagebuch einer der Teilnehmerinnen belegen. Zusätzlich beantragte DDr. Balluch eine Reihe von ZeugInnen zum Beweis für sein Alibi. Bemerkenswert fand DDr. Balluch den Umstand, dass weder die SOKO noch der Staatsanwalt dieses Alibi, das ihnen seit langem bekannt war, in den Gerichtsakt aufgenommen haben, obwohl sie laut § 3 StPO dazu verpflichtet wären, alles Entlastende gleichberechtigt anzuführen. Aber SOKO und Staatsanwalt stünden offenbar über dem Gesetz, zumal eine entsprechende Anzeige dieses offensichtlichen Gesetzesbruches nicht verfolgt worden war.
Richterin Mag. Arleth legte dann DDr. Balluch ein Email vor, in dem er geschrieben haben solle, er würde mit seinen Kampagnen zur Verschärfung von Tierschutzgesetzen versuchen, Tierprodukte teurer zu machen und so die Tierindustrie in den Ruin treiben. Nach ihrer Ansicht würde das offenbar DDr. Balluch ein Motiv für diese Tat nahelegen. DDr. Balluch wies darauf hin, dass dieses Email 7½ Jahre nach diesem Brand geschrieben worden war und dass er in diesem Text schließlich betonen würde, dass er mittels Tierschutzgesetzen die Tierindustrie, also die industrielle Tiernutzung, in den Ruin treiben wolle, was legitim wäre.
Die Richterin legte dann einen Ausdruck eines Files vor, das die Polizei auf einem Datenstick von DDr. Balluch gefunden habe, das das Bekennerschreiben enthalte. DDr. Balluch meinte dazu, dass, erstens, der 8 GB Datenstick eine Technologie sei, die erst 6 Jahre nach dem Brand entwickelt worden war. Zweitens, dass dieses File am 24. 1. 2000, also 19 Tage nach dem Brand angelegt worden ist. Und drittens, dass das Bekennerschreiben schließlich per Hand geschrieben worden war und daher ein Computerfile davon nur eine Abschrift sein könne. Im übrigen habe er dieses Bekennerschreiben neben Tausenden anderen Medienberichten seit 1999 auf seinem Computer gesammelt, weil er an allen Ereignissen im Tierschutz interessiert sei und diese archiviere, und weil er mit anderen Personen eine wöchentliche Radiosendung abhalte, in deren Verlauf objektive Nachrichten verlesen würden. Als medial exponierte Person müsse er sich für alle Vorkommnisse im Tierschutz interessieren, um bei etwaigen Medienanfragen oder Interviews dazu seriös Stellung nehmen zu können.
Die Richterin verwies dann auf ein Email von DDr. Balluch in einer philosophischen Internetdiskussion 7 Jahre nach dem Vorfall, in dem er behauptet hätte, dass es Fälle geben könne, in denen eine Brandstiftung ethisch vertretbar wäre. DDr. Balluch meinte dazu, dass es sich um eine Grundsatzdiskussion gehandelt habe. Es wäre grundsätzlich falsch, Brandstiftungen zu begehen, aber jede Regel habe ihre Ausnahmen. Brandstiftung sei abzulehnen, aber Adolf Hitler durch eine Brandstiftung aufzuhalten, wäre gerechtfertigt gewesen. Im Fall von Brandstiftungen für Tierschutz gäbe es ein Gerichtsverfahren, an das er bei dem zitierten Ausspruch gedacht hätte. Im Jahr 1994 waren 4 TierschützerInnen in Huddersfield in England angeklagt, einen Schlachthof angezündet zu haben. Sie gaben das zwar zu, versuchten sich aber durch übergesetzlichen Notstand zu rechtfertigen. Sie hatten jahrelang versucht, diesen illegal betriebenen Schlachthof sperren zu lassen, aber ohne Erfolg. Das gelindeste Mittel, um diese gesetzwidrige Tierquälerei abzustellen, schien ihnen eine Brandlegung. Die Geschworenen gaben damals den Angeklagten Recht und ließen sie frei.
Von 10:05 – 10:17 gab es eine Pause.
Radikale
Emails
Die Richterin legte im Weiteren wiederum einige Emails vor, die angeblich DDr. Balluch zugeordnet werden könnten. Er meinte nur, sich nicht an diese Emails erinnern zu können. In diesen Emails soll DDr. Balluch gesagt haben, dass die legalen und friedlichen Demonstrationen des VGT vor dem Zirkus denselben Effekt gehabt hätten, als wäre der Zirkus angezündet worden. In einem weiteren Email hätte er kroatischen TierrechtlerInnen geraten, sich nicht so heftig in aller Öffentlichkeit von einer Brandstiftung in Zagreb zu distanzieren, die angeblich von TierschützerInnen dort begangen worden sei. Er meinte den KroatInnen gegenüber, dass derartige Straftaten relativ rasch aus den Medien verschwinden würden und es daher am besten wäre, abzuwarten und nicht die Verweildauer des Vorfalls im Bewusstsein der Öffentlichkeit durch Presseaussendungen dazu unnötig zu verlängern.
In einem weiteren Email, wurde DDr. Balluch vorgeworfen, hätte er autonom-zelluläre
Strukturen in der Tierschutzbewegung für wichtig erachtet. Diese sollten den Großteil der Tierrechtsarbeit leisten, während ein kleiner Prozentsatz zentral organisierte Medienaktionen sein könnten. Die Richterin deutete darauf hin, dass diese Aussage so zu verstehen sein könnte, dass DDr. Balluch sich auf ALF-Zellen beziehe. Das wäre nicht so, meinte dieser, es ginge hier darum, den Tierschutz zu einer Massenbewegung zu machen, und dazu wären lauter autarke Gruppen von AktivistInnen mit maximal 15 Mitgliedern ideal. Auch im VGT gäbe es diese Struktur, so würde eine Gruppe dieser Größe z.B. die samstäglichen Kundgebungen am Stefansplatz in Wien organisieren. Im konkreten Fall dieses Emails wäre es um die Organisation von Aktionen des zivilen Ungehorsams gegen die Jagd, sogenannte Jagdstörungen, gegangen.
Die Webseite Erzengel
und eine Kunstausstellung zur ALF
Die Richterin legte DDr. Balluch Emails vor, in denen er mit anderen darüber sprechen würde, dass er die Webseite arkangelweb.org
, also Erzengel
, mit Informationen versorge. Die Richterin assoziierte diese Webseite mit einer Zeitschrift ähnlichen Namens, die in England als radikales Magazin bekannt wäre.
DDr. Balluch verwies daraufhin auf Webseitenausdrucke dieser Seite und konnte rasch belegen, dass es sich um eine internationale Tierschutzseite mit News handelte, die keinen Bezug zu Straftaten haben. In einer Subseite dieser Webpage werden alle wichtigsten Tierschutznews aus Österreich aktuell aufgelistet, die ebenfalls nicht auf Straftaten Bezug nehmen.
Der Staatsanwalt hielt DDr. Balluch dann vor, dass er zu einer Ausstellung über die ALF in Holland beigetragen habe. Das sei richtig, meinte DDr. Balluch, allerdings habe es sich um eine große internationale Kunstausstellung zu diesem Thema gehandelt. In mehreren großen, mit Alufolie unterlegten Flächen wäre eine Collage aufbereitet worden, die in verschiedenen Städten Europas zu sehen war. Es habe sich also um ein Kunstprojekt gehandelt.
Und noch ein paar radikale
Emails
Der Staatsanwalt legte ein weiteres Email vor, in dem DDr. Balluch sich dafür aussprach, Pelzkampagnen eher gegen Bekleidungsketten als Pelzgeschäfte zu machen, weil letztere durch eine derartige Kampagne ruiniert werden müssten. DDr. Balluch gab dazu an, dass eine Information an die potentiellen KundInnen, wie grausam Pelz ist, zum Ruin von Pelzgeschäften führen würde, und nicht Sachbeschädigungen.
In einem weiteren Email hätte DDr. Balluch von einer Demonstration gegen Pelz berichtet, bei dem auf einem Pelzgeschäft rote Farbe und auf einem anderen eine mit Kieselsäure verätzte Scheibe erwähnt wird. Dabei handle es sich nicht um Sachbeschädigungen, die während der Demonstration begangen worden wären, meinte DDr. Balluch dazu, sondern wären ihm diese Sachbeschädigungen bei der Demo lediglich aufgefallen. Die Demonstration selbst wäre von 100 PolizistInnen begleitet worden und entsprechend sei es klar, dass keine Sachbeschädigungen stattgefunden haben. Das müsse sich auch aus den entsprechenden Polizeiberichten ergeben.
Anschließend wurden Emails vorgelegt, in denen DDr. Balluch in einem internen Internetportal auf Vorfälle zu Sachbeschädigungen hingewiesen habe. DDr. Balluch erklärte das dadurch, dass dieses Internetportal wie ein elektronischer Stammtisch sei und man sich dort eben erzählen würde, was man kürzlich erlebt habe. Wenn alle Anwesenden im Tierschutz aktiv sind, dann wäre es naheliegend, eine Medienmeldung über eine Sachbeschädigung mit Tierschutzbezug dort weiterzuerzählen. DDr. Balluch habe niemals Bekennungen zu Sachbeschädigungen veröffentlicht.
An dieser Stelle entstand ein heftiges Wortgefecht zwischen Verteidigung und Staatsanwalt. Letzterer wollte ein uneingeschränktes Fragerecht, während die Verteidigung in ihren Äußerungen durch die Richterin laufend auf Beweisthemen, die im Strafantrag erwähnt sein müssen, eingeschränkt würden.
Von 11:45 Uhr bis 13 Uhr gab es eine Mittagspause.
Kampagnenstrategien
Die Nachmittagssitzung begann die Richterin damit, Personen im Zuschauerraum zurecht zu weisen, die einen Laptop benutzen. Das wäre nur JournalistInnen gestattet, die sich mittels Presseausweis eine entsprechende Karte holen würden. Allerdings beanstandete eine der JournalistInnen, dass sie diese Karte nicht bekommen hätte. Eine Privatperson im Zuschauerraum wurde aufgefordert aufzustehen, weil sie auf einem Laptop schrieb. Sie verweigerte die Auskunft über ihren Namen. Anschließend wurde ihr erlaubt, am Laptop zu schreiben, sie dürfe damit aber das Verfahren nicht akustisch aufnehmen.
Nun legte der Anwalt von DDr. Balluch ein Email vor, das der Staatsanwalt als Begründung für seine Anklage angeführt hatte. Es würde beweisen, dass sich DDr. Balluch an der Ausarbeitung von Kampagnenstrategien gegen Pelz beteilige. Das gesamte Email zeigte aber, erstens, dass es sich auf die Kampagne gegen Kaninchenkäfige bezog, und dass, zweitens, nur normale Kampagnenmethoden wie Dauerdemonstrationen, Medienaktionen und Besetzungen angeführt waren.
Bekennerschreiben Nerzbefreiung Juli 1997
Ein linguistisches Gutachten wäre zu dem Schluss gekommen, dass DDr. Balluch der Autor eines Bekennerschreibens vom Juli 1997 zu einer Befreiung von 300 oder 400 Nerzen im Waldviertel gewesen wäre. DDr. Balluch führte dazu aus, dass dieses Bekennerschreiben aus zwei Teilen bestünde. Der eine wäre ein Brief von Mai 1997, also aus der Zeit, bevor DDr. Balluch zur österreichischen Tierschutzszene Kontakt aufgenommen hatte. Der andere sei ein Flugblatt vom Jahr 1996. Beides hätte also DDr. Balluch nachweislich nicht geschrieben. Da das Bekennerschreiben mit diesen Texten wortident ist, könne es nicht von DDr. Balluch stammen. Dazu wurde auch eine Reihe von ZeugInnen beantragt. Nach Anfrage der Richterin befand sich eine dieser Personen, die als ZeugInnen aufgerufen wurden, im Gerichtssaal und musste auf Anweisung der Richterin den Saal verlassen.
Die Richterin schob die Entscheidung über die Zulassung der ZeugInnen auf. Anwalt Mag. Bischof fragte an, wann mit einer Entscheidung zu rechnen wäre. Die Richterin wies diese Anfrage zurück. Daraufhin zitierte Anwalt Bischof ein Urteil des Obersten Gerichtshofs, wonach eine Entscheidung rasch zu fallen habe. Die Richterin gab daraufhin an, bei Vorliegen des Protokolls entscheiden zu wollen.
Teilnahme an Sitzung der Offensive gegen die Pelzindustrie
Nun wurde DDr. Balluch vorgeworfen, er hätte an einer Sitzung der Offensive gegen die Pelzindustrie OGPI im Jahr 2003 teilgenommen, weil auf einem Sitzungsprotokoll der Name Martin
für einen Teilnehmer vermerkt wäre. DDr. Balluch gab an, dass es sich dabei um eine andere Person handle, die er als Zeuge aufrufe. Er selbst habe mit einer OGPI nie etwas zu tun gehabt. Dazu legte er 2 Emails vor, die diese Aussage bestätigten.
Daraufhin projizierte der Staatsanwalt Auszüge aus dem Taschenkalender von DDr. Balluch an die Wand, in dem Demonstrationen gegen P&C vermerkt waren. Das würde beweisen, dass DDr. Balluch an diesen Demonstrationen teilgenommen habe. Stimmt nicht, antwortete DDr. Balluch. Die Liste der Kundgebungen hätte nur dazu gedient, die entsprechenden Kundgebungen für die Nachrichten in seiner Radiosendung zu sammeln. Ein Eintrag nannte z.B. 2 Pelzdemos in Wien und 1 in Linz. Er könne wohl nicht auf 3 Demos gleichzeitig in Wien und Linz gewesen sein.
In einem weiteren Eintrag stand Liska ist tot
, Alf Bestellung
und P&C Scheibe eingeschlagen
. Was diese Einträge bedeuten würden, fragte der Staatsanwalt. Er hätte weder Liska ermordet noch die ALF für eine Aktion nach Österreich bestellt, oder sich den Plan eine Scheibe einzuschlagen im Kalender notiert, kommentierte DDr. Balluch. Der erste Eintrag wäre der Tag, an dem der Pelzhändler und langjährige Sprecher der internationalen Pelzvereinigung Liska an Altersschwäche gestorben sei. Der zweite würde vermerken, dass DDr. Balluch bei dem Besitzer eines Veganversands namens Alf Waibel eine Bestellung aufgegeben habe. Allgemeines Gelächter im Saal. Und der dritte bezöge sich auf diesen Vorfall, der damals bekannt wurde und für die News in der Radiosendung notiert worden wäre.
Zwei der Angeklagten benutzten ihre Laptops, um im Gerichtsakt mitzulesen. Die Richterin sah das plötzlich und meinte, die Laptops müssten sofort abgedreht werden. Den Akt könnten die Angeklagten auch nach Ende des Prozesstages studieren. Daraufhin beantragten die Anwälte unisono, dass die Angeklagten Laptops benutzen dürften. Sogar der Staatsanwalt sprach sich nicht gegen diesen Antrag aus. Die Richterin behielt sich vor, zu gegebener Zeit darüber zu urteilen.
Von 14:23 bis 14:40 Uhr gab es eine Pause.
Basisgruppe Tierrechte
Anwältin Stuefer fragte nach der Pause den Angeklagten, warum er Streit mit der Basisgruppe Tierrechte BaT gehabt hätte. Dazu führte DDr. Balluch aus, dass die BaT eine religiöse Gruppierung namens UL ausgrenzen wollte, während der VGT und er das Recht auf freie Religionsausübung höher eingestuft hätten. Deshalb wäre die BaT ab 2004 grundsätzlich nicht mehr zu Veranstaltungen des VGT gekommen und umgekehrt. 5 der Mitangeklagten wurden der BaT zugeordnet.
Aber es wären Hefte der BaT im Büro des VGT gefunden worden, brachte die Richterin vor und zeigte einen Polizeibericht. Er habe noch nie von Heften der BaT etwas gehört, meinte DDr. Balluch, und konnte aufklären, dass das Kürzel BaT
im VGT-Ordner die Abkürzung für Beratung artgerechter Tierhaltung
des Tierschutzvereins kritische Tiermedizin aus dem Jahr 1988 sei, wie auch dem Polizeibericht zu entnehmen war. Ein Jahr, im Übrigen, in dem niemand der im Gericht anwesenden Angeklagten in Österreich für Tierschutz aktiv war.
Dazu wurden noch einmal Emails vorgelegt, die belegten, dass DDr. Balluch nichts mit der sogenannten OGPI zu tun hatte. Aber laut Strafantrag wäre OGPI einer der Namen der inkriminierten kriminellen Organisation. Das sei schon seltsam, meinte DDr. Balluch, dass er als Chef der kriminellen Organisation in mehreren Emails die eigene kriminelle Organisation namens OGPI nicht kenne. Daraufhin rief der Staatsanwalt, er würde die kriminelle Organisation nicht als OGPI bezeichnen. Dazu nahm DDr. Balluch den Strafantrag zur Hand und las auf Seite 98 vor, dass der Staatsanwalt wörtlich der kriminellen Organisation den Namen OGPI gab. Das sei falsch, rief der Staatsanwalt dazu. Der Staatsanwalt gibt also zu, einen Blödsinn geschrieben zu haben, sagte darauf DDr. Balluch fürs Protokoll, wofür er von der Richterin verwarnt wurde, weil er dem Staatsanwalt zu wenig Respekt entgegen bringe.
Im Strafantrag wurde auf ein angeblich radikales Email von DDr. Balluch verwiesen, das aber in der Befragung nicht vorgebracht worden war. Also legte jetzt die Verteidigung dieses Email vor. Darin soll DDr. Balluch geschrieben haben, dass härtere” Aktionen gegen Kleider Bauer anderswo als bei den VGT-Demonstrationen stattfinden sollten. DDr. Balluch klärte dazu auf, dass härteres” im Aktionsjargon sich auf Aktionen des zivilen Ungehorsams bezieht, und dass es im Zusammenhang mit diesem Email darum gegangen war, dass andere Personen vorgeschlagen hatten, einen sogenannten Run-in abzuhalten, also, wie DDr. Balluch ausführte, eine unangemeldete Demonstration auf Privatgrund. DDr. Balluch würde aber in seinem Email die Meinung vertreten, dass die Demonstrationen im Moment sehr gut liefen und keine Aktionen des zivilen Ungehorsams notwendig wären. Wenn sie aber doch jemand setzen wolle, dann bitte eben nicht im Zusammenhang mit dem VGT. Die Richterin meinte dazu, dass sie DDr. Balluchs Interpretation zustimme und deshalb dieses Email gar nicht hätte vorlegen wollen.
Zum Abschluss sagte die Richterin, dass sie sich das Buch von DDr. Balluch Widerstand gegen die Demokratie
angeschafft hätte. Und daraus las sie einen Text vor, in dem die Richterschaft kritisiert würde, sie wäre tendenziell rechts-konservativ und eher auf der Seite von LandbesitzerInnen und Firmenchefs, als von DemonstrantInnen und Personen, die fremdes Land betreten, weil das ihrer Erfahrungswelt mehr entspräche. Abgesehen davon hätte DDr. Balluch in einer Fernsehsendung gesagt, er fürchte, dass das Gericht einen Pseudoschuldspruch im Tierschutzprozess fällen werde, weil es die weitläufigen Ermittlungen möglicherweise rechtfertigen wolle. Dazu kommentierte die Richterin, dass DDr. Balluch dazu ja keine Erhebungen über die Richterschaft gemacht habe. Bevor DDr. Balluch antworten konnte, schloss die Richterin gegen den Protest eines der Anwälte die Sitzung und vertagte die Fortführung der Befragung auf kommenden Montag.