Tierschutzprozess:
Effektiver Tierschutz und gelebte Demokratie in Gefahr

Tierschutzprozess 2.0: Verhandlung gegen Mag. Felix Hnat

Dienstag 27. Mai 2014

Inhalt:

Der letzte Prozessteil, die Verhandlung gegen Mag. Felix Hnat, wurde auf 2 Tage anberaumt. Doch im bisherigen Stil des Richters, die Verhandlung kurz zu halten und die meisten Zeugenaussagen nur zusammenzufassen, ging es weiter und am Nachmittag entschied der Richter überraschend, den nächsten Gerichtstag zu streichen und gleich den Freispruch zu verkünden. Die Staatsanwältin, ähnlich merklich desinteressiert wie die letzten beiden an den letzten zwei Verhandlungstagen, bestand aber auf der Einvernahme von zwei Polizisten, die Zeugen des angeblichen Widerstands gegen die Staatsgewalt gewesen sein wollten. Doch der Richter lehnte das mit der Begründung ab, die könnten heute auch nicht mehr wissen, als sie vor 4 Jahren in der Hauptverhandlung des ersten Rechtsgangs in ihrer detaillieren Einvernahme ausgesagt hatten. Die Staatsanwältin wollte sich deshalb eine Berufung wegen Nichtigkeit vorbehalten. Über die Rechtskraft des Freispruchs wird also erst Freitag entschieden.

Die Einvernahme des Angeklagten zog sich zwar in die Länge, brachte aber nichts Überraschendes hervor. Das Problem in diesem Prozess ist natürlich, dass die meisten Vorfälle fast ein Jahrzehnt zurückliegen und sich praktisch niemand mehr daran erinnert. Was man konkret damals wusste ist durch die jahrelangen Verfahren danach längst überlagert, was konkret damals geschehen ist kann nicht mehr von dem auseinander gehalten werden, was man seitdem alles darüber gehört hat. Das ist auch der Hauptgrund, warum der Richter an den meisten Zeugenaussagen nicht mehr interessiert war. Trotzdem nahm der die beiden Grafbrüder in den Zeugenstand, die Besitzer von Kleider Bauer. Beide versuchten verbissen, darzulegen, dass sie schon im Vorfeld von Straftaten bei Kampagnen in Deutschland gewusst hätten und deshalb berechtigt in Sorge vor Straftaten gewesen seien, dass also die Emails des Angeklagten implizit Straftaten angekündigt hätten. Doch das widersprach ihren bisherigen Aussagen diametral und der Richter nahm das deshalb nicht ernst.

Dabei, wie an allen Verhandlungstagen des zweiten Rechtsgangs, ließ der Richter durchblicken, dass er die politische Dimension des Prozesses sehr wohl durchschaut hatte. Deshalb, vermutlich, vielen die Urteile auch so klar aus. Da war nicht viel zu verhandeln, da hatten SOKO-BeamtInnen im Auftrag aus einer Mücke einen Elefanten gemacht, in jedem einzelnen Fall. Die Staatsanwaltschaft stand mit neuer Besetzung dieser Art der Verhandlungslösung nicht im Weg.

Das Urteil könnte aber dennoch richtungsweisend sein. Rechtsanwalt Mag. Traxler legte eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft Salzburg vor, die eine bereits gelegte Anklage wegen Nötigung gegen den Tierschutzverein RespekTiere nach dem letzten Urteil des Richters zurückgezogen hat. Was also Nötigung ist und was nicht, scheint bereits durch diese Urteile festgelegt zu werden. Wie der VGT in einer Aussendung kommentierte: Vor 20 Jahren mussten sich die Gewerkschaften das Streikrecht gegen eine überbordende Interpretation des Nötigungsparagraphen erkämpfen, momentan wird offenbar analog das Kampagnenrecht erkämpft. Das Resultat von 8 Jahren Tierschutzcausa könnte demnach sein, dass niemand mehr für zivilgesellschaftliche Kampagnen wegen Bildung einer kriminellen Organisation oder wegen Nötigung angeklagt werden kann, solange er sich bei der Kampagnenführung an die von diesem Richter festgelegten Regeln hält, also sich auf legale Demonstrationen und Aktionen des Zivilen Ungehorsams beschränkt.

Prozesseröffnung

Um Punkt 9 Uhr eröffnete Richter Mag. Erich Csarmann wie gewohnt höflich die heutige Verhandlung, indem er sich dem Angeklagten vorstellte und daran erinnerte, dass ein Geständnis das Strafausmaß verringern würde. Dann sprach die Staatsanwältin. Sie saß neben dem Verteidiger Mag. Stefan Traxler abseits des Richtertischs, im Gegensatz zur Gewohnheit des seinerzeitigen Staatsanwalts Mag. Wolfgang Handler, und drückte sich im Konjunktiv aus. Während also Mag. Handler immer die Vorwürfe einfach behauptet hatte, sagte die Staatsanwältin diesmal, dass der Angeklagte im Jahr 2006 eine schwere Nötigung gegen Fürnkranz und eine versuchte schwere Nötigung gegen Kleider Bauer begangen haben solle, indem er mit permanenten scheren Straftaten gedroht habe. Zusätzlich soll der Angeklagte Reptilienposter im Wert von € 6400 und 2 Scheiben im Wert von € 200 zerstört haben. Ebenso werde ihm Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen, weil er einem Polizeibeamten einen kräftigen Stoß gegen die Brust zugefügt habe.

Verteidiger Mag. Stefan Traxler begann sein Eröffnungsplädoyer damit, dass er nun hoffe, dieses Verfahren könne normal über die Bühne gehen. Dazu fasste er einige der Aspekte der Tierschutzcausa zusammen, die ihre politische Dimension unterstreichen. Die U-Haft habe als Maßnahme gedient, die TierschützerInnen einzuschüchtern und unter Druck zu setzen. Die damals vorgelegten Beweise für die Haft hätten unter normalen Bedingungen niemals dazu ausgereicht. Die Ermittlungsmaßnahmen seien sehr weitreichend gewesen, ein Spitzel habe für 16 Monaten im VGT sein Unwesen getrieben und nichts gefunden. Kleider Bauer sei es sehr leicht gefallen, das Innenministerium zu mobilisieren und es wurde eine SOKO gegründet. Das Gründungsprotokoll sei zwar geheim gehalten worden, wie vieles in diesem Verfahren, aber mittlerweile liege es auf anderem Wege als durch Akteneinsicht vor und zeige, dass die SOKO den Auftrag erhalten habe, alle administrativen Maßnahmen auszuschöpfen, um die Demonstrationen zu verbieten.

Es habe 3 Gerichtsverfahren gegen die SOKO gegeben, um für die Verteidigung Akteneinsicht zu bekommen. Jedes Mal sei die SOKO verurteilt worden, aber den Zugang zu den Akten konnten auch die RichterInnen nicht durchsetzen. In den Urteilen stünde aber, dass sich die Polizei endlich an die Rechtsstaatlichkeit zu halten habe.

Trotz Freispruchs und derartiger Vorgänge in der Tierschutzcausa seien alle Chefs der SOKO und der zuständige Staatsanwalt befördert worden, die Anzeige wegen Amtsmissbrauchs seien samt und sonders eingestellt worden.

Rechtsanwalt Mag. Traxler zum Vorwurf der Nötigung

Er habe mit Erstaunen festgestellt, wandte sich der Anwalt nun den konkreten Anklagpunkten zu, dass die Staatsanwältin nur noch von einer Drohung mit Sachschaden im Zusammenhang mit dem Nötigungsvorwurf spreche. Das sei ihm neu. Im OLG-Berufungsurteil stehe das noch anders, da gehe es um die Ankündigung legaler Kampagnen. Der einzige denkbare Bezug zu Sachschäden sei ein mit den Emails an die Firmen mitgeschickter Link zu einer Webseite der OGPI.

Das OLG habe § 105 (2) StGB nicht berücksichtigt, fuhr Mag. Traxler fort. Wenn man Nötigung so interpretiert, wie dieses Gericht, dann müsste man auch einen Zahnarzt bestrafen, der zu seinem Kunden sagt, er solle sich die Zähne putzen, sonst behandle er ihn nicht. Kein Zahnarzt habe ein subjektives Recht darauf, dass seine KundInnen zuerst Zähne putzen. Trotzdem könne eine derartige Drohung doch keine strafbare Nötigung sein!

Abgesehen davon fehle es am Vermögensnachteil durch die Kampagnenankündigung. Der Angeklagte habe keine Tatherrschaft gehabt, weil die KonsumentInnen doch so entscheiden, wie sie es für richtig halten. Und es gebe schließlich keinen Rechtsanspruch von Unternehmen darauf, dass ihre Pelzjacken gekauft werden.

Der Gesetzgeber entscheide über die Strafbarkeit von Verhalten, das könne nicht subjektiv beim Gericht liegen. Er habe den Verdacht, dass diese OLG-Richterinnen Pelzmäntel zu Hause im Schrank hängen haben, und deshalb so entschieden hätten. Eine IFES-Umfrage, die der VGT durchgeführt habe, zeige, dass die Menschen in Österreich da anders dächten. Abgesehen davon stehe mittlerweile Tierschutz als Staatsziel in der Verfassung. Die subjektive Tatseite sei damit auch nicht erfüllt. Selbst wenn sein Mandant eine Nötigung begangen hätte, bestünde kein vorwerfbarer Verbotsirrtum und damit kein Vorsatz. Dazu werde DDr. Martin Balluch als Zeuge beantragt.

Es habe über 3000 Selbstanzeigen gegeben, die im Rahmen einer Sammeleinstellung durch die Oberstaatsanwaltschaft alle zurückgelegt worden seien. Die Kampagnenankündigung sei zu freundliche formuliert gewesen. Daraufhin hätten 678 weitere Personen eine Selbstanzeige unterschrieben, die sich wortwörtlich an den inkriminierten Emails von Mag. Hnat an Fürnkranz orientiert haben. Die Staatsanwaltschaft Salzburg habe gegen einen Selbstanzeiger Strafantrag erhoben und 10 Tage später wieder zurückgezogen.

Zu bedenken sei noch, dass der Pelzumsatz bei Kleider Bauer weniger als 1 % des Gesamtumsatzes ausmache.

Anwalt Mag. Traxler zu den restlichen Vorwürfen

Zum Vorwurf, sein Mandant habe Widerstand gegen die Staatsgewalt geleistet, sei anzumerken, dass die Erstrichterin in genauen Einvernahmen aller ZeugInnen die vorliegenden Beweise bereits gewürdigt und einen Freispruch gefällt habe. Es gebe widersprüchliche Aussagen der Polizei und der Securities. Er habe damals sofort beantragt, die Aufnahmen der Überwachungskameras zu speichern und vorzulegen, aber dann sei behauptet worden, es würden keine solche mehr vorliegen. Er habe Jahre später einen kleinen Ladendieb vertreten, über den die Aufnahmen der Überwachungskameras seltsamerweise noch Monate später vorgelegt werden konnten.

Zum Vorwurf der Sachbeschädigung stelle sich die Frage, ob die Zeugin aus Schweden wirklich eingeflogen werden müsse. Sie könne ihren Flug noch stornieren, wenn man sie vor mittags noch anrufe. Sie habe jetzt ein Baby. Dann sagte der Anwalt noch, dass er Fotos vom Tatort vorlegen möchte, dem Hauptplatz in Gumpoldskirchen, wo die Scheiben eines Gasthofs eingeschlagen worden sein sollen. Die Fotos würden zeigen, dass der Platz sehr gut zubetoniert ist und weit und breit kein Stein herumliege. Der Richter nahm die Fotos in den Akt auf.

Einvernahme des Angeklagten zum Nötigungsvorwurf

Anschließend begab sich der Angeklagte in den Zeugenstand. Welche Funktion er im VGT innegehabt habe, fragte der Richter. Er habe keine offizielle Funktion gehabt, antwortete der Angeklagte, er sei ehrenamtlich aktiv gewesen. Die Pelzkampaignerin des VGT habe ihn gebeten, die Firmen anzuschreiben, weil er an der Wirtschaftsuni studiert habe. Er hätte eigens dafür ein Emailkonto beim VGT eingerichtet bekommen. Ob vor seinen Emails über den Pelzhandel verschiedener Firmen nachrecherchiert worden sei, fragte der Richter. Ja, die Pelzkampaignerin und Ehrenamtliche hätten sich einige Geschäfte angeschaut. Viele Modehäuser hätten zu diesem Zeitpunkt mit dem Pelzhandel aufgehört. Man habe sich im VGT für Modeketten interessiert, deren Pelzumsatz weniger als 1 % des Gesamtumsatzes ausmache, statt für KürschnerInnen, deren Waren zu 100 % aus Pelz bestünden. Er selbst habe dann sämtliche Ketten kontaktiert.

Warum der VGT sich nicht für KürschnerInnen interessiert habe, fragte der Richter. Für Modeketten sei ein Pelzverzicht leicht möglich, meinte der Angeklagte, KürschnerInnen würden ausschließlich von Pelz leben. Man habe eine gesellschaftliche Änderung erreichen wollen, nicht Einzelpersonen kritisieren. Wie groß der Einfluss des VGT auf KürschnerInnen gewesen sei, fragte der Richter. Einzelne Menschen würden vielleicht durch Information ihre Meinung ändern und keinen Ganzpelzmantel mehr kaufen, sagte der Angeklagte. Das könne schon einen Unterschied machen.

Ob er sich bei den Demonstrationen gegen P&C vorher schon engagiert habe, fragte der Richter. Ja, antwortete der Angeklagte, er sei seit 2002 für Tierschutz aktiv, mittlerweile allerdings nur noch im Büro der Veganen Gesellschaft. Er habe aber über einige Jahre hinweg jede Woche vor P&C demonstriert. Ob es denn täglich Demonstrationen vor P&C gegeben habe, wollte der Richter wissen. Nein, sagte der Angeklagte, nur einmal pro Woche jeweils so ein paar Stunden, ein ganzes Jahr sogar nur auf der anderen Straßenseite gegenüber der Filiale.

Gegen Kleider Bauer seien täglich Dauerdemonstrationen über Jahre hinweg angemeldet worden, stellte der Richter fest. Das sei einfach erklärt, entgegnete der Angeklagte. P&C habe eigene Demonstrationen in der Nähe ihrer Filiale angemeldet, um die Kundgebungen des VGT untersagen zu lassen, weil der Platz schon besetzt war. Die Firma habe dafür sogar zweimal bezahlte Personen aufgeboten, ansonsten aber nur eine Demonstration angemeldet, ohne sie durchzuführen. Und das ein ganzes Jahr hindurch jeden Tag. Dadurch habe der VGT auf der anderen Straßenseite demonstrieren müssen. Dem wollte man in Zukunft zuvorkommen, deshalb die Daueranmeldung.

Wie viele Personen denn an den Kundgebungen teilgenommen hätten, fragte der Richter. Im Mittel 7, mutmaßte der Angeklagte, manchmal mehr manchmal weniger. Ob die KundInnen physisch abgehalten worden seien, fragte der Richter. Nein, sagte der Angeklagte, man habe einen gesellschaftlichen Wandel erreichen wollen und nicht die Leute zu etwas zwingen. Die Polizei sei oft vorbeigekommen, die SOKO habe observiert und Spitzel Danielle Durand habe ab April 2007 an fast allen Kundgebungen vor Kleider Bauer teilgenommen. Ob es sich um höfliche Aufklärungsarbeit oder um aggressive Aktivitäten gehandelt habe, fragte der Richter. An den Infoständen sei man immer freundlich gewesen, meinte der Angeklagte, sie hätten auch Liedertexte humorvoll umgeschrieben und gesungen. Aber zweimal pro Jahr habe es Großdemomärsche gegeben, bei denen auch aggressive Parolen wie Pelz ist Mord! gerufen worden seien, man sei laut gewesen und habe mit dem Megaphon gesprochen.

Ob es im Rahmen der Kundgebungen Sachbeschädigungen gegeben habe, fragte der Richter. Nein, nie, antwortete der Angeklagte, im Gegenteil, es habe Momente gegeben, in denen die Gegenseite den Infostand des VGT umgestoßen habe. Im Akt finde sich ein Polizeibericht, ergänzte der Richter, laut dem es noch nie im Rahmen von Kundgebungen des VGT irgendwelche Sachbeschädigungen gegeben habe.

Ob die Kundgebungen manchmal untersagt worden seien, fragte der Richter. Bei P&C schon wegen deren Demoanmeldung, sagte der Angeklagte, selten auch bei Kleider Bauer, aber die DemonstrantInnen hätten sich immer an die Vorgaben der Versammlungsbehörde gehalten. Warum es im Internet eine Abstimmung gegeben habe, ob die nächste Kampagne gegen Kleider Bauer oder Fürnkranz geführt werde, fragte der Richter. Praktisch alle anderen Modeketten hätten keinen Pelz mehr verkaufen wollen, sagte der Angeklagte, deshalb wollte man, dass die engagierten Personen selbst entscheiden.

Der VGT habe den Firmen auch angeboten, sie positiv zu bewerben, sollten sie aus dem Pelzhandel aussteigen, stellte der Richter fest. Ja, meinte der Angeklagte, viele kleine Firmen hätten sich über diese Möglichkeit gefreut.

In seinen Emails an die Firmen hätte er auch auf die Webseite der OGPI verwiesen, sagte der Richter zum Angeklagten. Was auf diesem Link zu finden gewesen sei. Er habe dort kurz einmal hingeschaut, meinte der Angeklagte. Es gäbe Ausdrucke dieser Webseite viele Monate später aber nicht zeitnah, stellte der Richter fest. Es sei zu vermuten, dass die Seite ähnlich ausgesehen habe. Informationen über Sachbeschädigungen hätte man aber mit der Lupe suchen müssen. Der VGT habe damals keine Liste von Kundgebungen vor P&C geführt und deswegen habe er die Liste von diesem Link übernehmen wollen, ergänzte der Angeklagte. Ob Informationen über Sachbeschädigungen dort zu finden gewesen seien, fragte der Richter. Das sei ihm nicht aufgefallen, meinte der Angeklagte. Ob es einen eigenen Button gegeben habe, mit dem man eine Liste von Sachbeschädigungen hätte anklicken können, fragte der Richter. Davon wisse er nichts, sagte der Angeklagte.

Welche Reichweite die Positivliste des VGT gehabt habe, fragte der Richter. Der VGT sei damals kleiner als heute gewesen, sagte der Angeklagte, aber mehr als 100.000 Flugblätter pro Jahr seien österreichweit schon verteilt worden. Zusätzlich habe es das Magazin Tierschutz konsequent des Vereins gegeben. Aber die Vier Pfoten oder der Wiener Tierschutzverein seien deutlich größer. Ob mittels des Magazins durchsetzbar gewesen wäre, dass die Mitglieder nicht mehr bei einer Firma einkaufen, fragte der Richter. Da ginge es nur um Information, sagte der Angeklagte, man könne keine Weisung erteilen. Abgesehen davon würden die meisten Menschen Flugblätter, die man ihnen gibt, einfach wegwerfen.

Es gebe ein Email eines internen Forums, das die Polizei vorgelegt habe, sagte der Richter, in dem der Angeklagte gemeint habe, der VGT sei seriös, aber die OGPI habe eine ALF-Drohwirkung. Was er damit gemeint habe. Der VGT-Obmann Martin Balluch sei gegen die OGPI gewesen, erklärte der Angeklagte, nachdem er das Email gelesen hatte, er habe daher de-eskalierend schreiben wollen. Der VGT habe maßgeblich die Kampagne gestaltet und 50% der Tätigkeit in der P&C-Kampagne geleistet. Die ALF sei keine Organisation, ergänzte der Richter mittels Polizeibericht aus dem Akt, es handle sich um eine Einstellung von EinzeltäterInnen, die aber durch eine Kampagne motiviert werden könnten. Laut Ersturteil bestehe aber zwischen jenen Personen, die die Kampagnen geführt haben, und den Verantwortlichen für Sachschäden kein Zusammenhang. Aber es gebe ein Schreiben von Leuten aus der OGPI in Deutschland, nach dem sich manchmal EinzeltäterInnen selbständig einer Kampagne anschließen würden. Das sei ihm nicht bekannt gewesen, gab der Angeklagte an.

Wie groß der Einfluss der Kundgebungen auf die Firmen gewesen sei, fragte der Richter. P&C sowie Kleider Bauer seien trotz der Kundgebungen im Umsatz gewachsen, erklärte der Angeklagte. Bei Fürnkranz hätten keine Demonstrationen stattgefunden und diese Firma sei bankrott gegangen. Es gebe Emails, nach denen es Martin Balluch für demokratiepolitisch bedenklich halte, wenn laute Demonstrationen KundInnen vom Betreten des Geschäftes nur aufgrund des Lärms abhalten, sagte der Richter. Der VGT-Kampaigner David Richter dagegen habe in Emails gemutmaßt, dass laute Demonstrationen sogar KundInnen anziehen würden, weil es keine schlechte Werbung gebe, jede Erwähnung würde den Firmennamen verbreiten. Vor Kleider Bauer sei nie geschrien worden, ergänzte der Angeklagte, sonst hätte die Polizei die Kundgebungen untersagt.

Fragen der Staatsanwältin zur Nötigung

Weshalb der VGT eher gegen Kleider Bauer als gegen eine Kürschnerei eine Kundgebung habe durchführen wollen, fragte die Staatsanwältin. Man habe Einzelpersonen keine moralischen Vorwürfe machen wollen, erklärte der Angeklagte, sondern viele Menschen erreichen und informieren. Das ginge viel besser mit Kritik an großen Firmen. Was für Probleme Kürschnereien bekommen hätten, wenn sie Kampagnenziel gewesen wären, fragte die Staatsanwältin. Dass Einzelpersonen keine Ganzpelzmäntel kaufen, meinte der Angeklagte. Ob er denn die Hoffnung auf einen größeren Einfluss gehabt habe, fragte der Richter nach. Er sei damals noch jünger und naiver gewesen, stimmte der Angeklagte zu. Ob er denn Schadenfreude bei der Meldung von Sachbeschädigungen bei Kleider Bauer empfunden habe, fragte der Richter. Von den hunderten Ehrenamtlichen könne er das nicht klar sagen, antwortete der Angeklagte, aber die normalen DemonstrantInnen hatten deshalb Probleme mit der Behörde, es drohten Demonstrationseinschränkungen und ein Imageverlust in der Öffentlichkeit.

Fragen des Verteidigers

Ob er sich vorher über die Legitimität von den Emails an Kleider Bauer informiert habe, fragte Anwalt Mag. Traxler. Bei den sogenannten Animal Liberation Workshops habe es Arbeitskreise zu diesem Thema gegeben, antwortete der Angeklagte. Martin Balluch habe als VGT-Obmann darüber informiert und explizit bejaht, dass derartige Emails an Firmen legal seien. Wie konkret es da um die Ankündigung von Kampagnen gegangen sei, fragte der Anwalt. Sehr konkret, meinte der Angeklagte, Martin Balluch habe das in den Workshops klargemacht. Er habe ja auch extra einen VGT-Account dafür bekommen.

Warum die Animal Liberation Workshops so heißen, ob es einen Bezug zu ALF gebe, fragte der Anwalt. Das sei einfach nur ein cooler englischer Name gewesen, meinte der Angeklagte, das habe nichts mit Straftaten zu tun. Warum er in Emails an die Firmen einen Verweis auf die OGPI-homepage mitgeschickt habe, fragte der Anwalt. Um zu zeigen, dass der VGT sehr viel gegen P&C demonstriert habe, sagte der Angeklagte. Ob er einen Bezug zu Sachschäden insbesondere in Deutschland habe herstellen wollen, fragte der Anwalt. Selbstverständlich nicht, verneinte der Angeklagte.

Wie der Kontakt zu Fürnkranz verlaufen sei, fragte der Anwalt. Er habe zunächst telefoniert und dann per Email nachgefragt, ob weiter Pelz verkauft würde, sagte der Angeklagte. Es sei ihm dann gesagt worden, dass Fürnkranz nicht mehr weiter Pelz verkaufen wolle. Kleider Bauer dagegen habe auf alle Emails nie geantwortet. Ob die Geschäftsführung von Kleider Bauer oder Fürnkranz je gesagt habe, dass sie sich bedroht fühlen würden, fragte der Anwalt. Nein, antwortete der Angeklagte. Der Richter wollte nun wissen, ob die Demonstrationen gegen P&C massive Beeinträchtigungen gewesen seien, oder nur lästig. Mit dem P&C Filialleiter habe er viel gesprochen, meinte der Angeklagte, er habe ein amikales Verhältnis gehabt, es sei lustig mit ihm gewesen. Er habe immer gesagt, wegen den VGT-Kundgebungen würden sowieso nur mehr KundInnen ins Geschäft kommen. Es habe 1500 Aktionen gegen P&C im deutschsprachigen Raum gegeben, las der Richter von der OGPI-homepage vor, wie viele wären das pro Jahr? In der Zeit 2002-2006 habe der VGT etwa einmal pro Woche vor P&C demonstriert, antwortete der Angeklagte, der Rest dieser Aktionen habe in Deutschland stattgefunden.

Der Angeklagte zum Vorwurf der Sachbeschädigung

Nun wurde bei der Befragung des Angeklagten zum Themenbereich der vorgeworfenen Sachbeschädigung übergegangen. Dabei ging es einerseits um zerschnittene Werbeplakate für eine Reptilienshow und andererseits um 2 eingeschlagene kleine Fensterscheiben. Ob er von den zerschnittenen Plakaten irgendetwas wisse, fragte der Richter. Nein, antwortete der Angeklagte und damit war dieses Thema bereits erledigt.

Ob er auf dieser Demonstration gegen rechts in Gumpoldskirchen gewesen sei, fragte der Richter. In der Nacht danach wurden ja dort die Fensterscheiben eingeschlagen. Die Demonstration sei von den Grünen organisiert worden, sagte der Angeklagte, auch der Abgeordnete Karl Öllinger sei dabei gewesen. Sie habe am Vormittag von 10 – 12 Uhr gedauert. Mit wem er dort gewesen sei, fragte der Richter. Mit einer Kollegin von der Veganen Gesellschaft, sagte der Angeklagte. Er habe sie vom Bahnhof abgeholt und sei mit ihr zum Demonstrationsort gegangen. Dabei hätten sie den Weg verloren und seien auf zwei junge Männer gestoßen. Die hätten sie gefragt, wo die Anti-Nazi-Demo stattfinde. Das habe diese beiden so geärgert, weil sie offenbar selbst beim Treffen der Rechtsradikalen mitmachen wollten, dass sie sich bedrohlich verhielten. Er sei mit seiner Kollegin daraufhin rasch weggegangen und habe dabei aber einige Steine eingesteckt, um sich im Notfall schützen zu können. Kurz darauf hätten sie die Demonstration gefunden. Dort habe er sich sicher gefühlt und deshalb die Steine abgelegt.

Der Richter hielt die Fotos, die er vom Anwalt bekommen hatte, in die Höhe und sagte, man sehe, dass dieser Platz durchgehend gepflastert und versiegelt sei und keine Steine herumliegen würden. Wer also spontan Steine nehmen wollen würde, hätte durchaus zu dort abgelegten Steinen greifen können. Der Angeklagte wies auf ein Foto und sagte, dass die Demonstration bei diesem Brunnen stattgefunden hätte und dass jeder Mensch, der zum Gasthaus gehen hätte wollen, dort vorbeikommen müsste. Die Steine würden nicht so aussehen, als könnte man sie an diesem Platz normalerweise finden, ergänzte der Richter. Wie er angereist sei, fragte er dann den Angeklagten. Vermutlich mit dem Fahrrad, antwortete dieser. Er habe die meteorologischen Daten für diesen Tag eingeholt, sagte der Richter. Es sei trocken und 6 – 19 °C warm gewesen. Ob er Zugriff zu einem Auto gehabt habe, fragte er dann. Er habe kein Auto besessen, sagte der Angeklagte, aber er hätte sich eines von seinen Eltern ausborgen können. Wo diese wohnen würden, fragte der Richter. Der Vater damals in Maria Enzersdorf, sagte der Angeklagte, die Mutter in Guntramsdorf. Wie lange man mit dem Fahrrad von Guntramsdorf nach Gumpoldskirchen brauchen würde, fragte der Richter. Ca. 20 Minuten, sagte der Angeklagte, es handle sich um etwa 7 km. Der Vorfall habe laut Polizeibericht zwischen halb 3 und halb 4 Uhr nachts stattgefunden, sagte der Richter. Da gebe es keinen öffentlichen Verkehr mehr.

Was er nach der Demonstration gemacht habe, fragte der Richter. Er sei vermutlich zur Oma zum Essen nach Maria Enzersdorf gefahren, mutmaßte der Angeklagte.

Der Anwalt wollte nun vom Richter wissen, ob die Zeugin aus Schweden notwendig sei oder abbestellt werden könne. Die Zeit würde nun drängen, weil ihr Flug ginge bald. Der Richter sagte, er brauche diese Zeugin nicht. Die Sitzung wurde unterbrochen, sodass der Anwalt die Zeugin informieren konnte.

Pause 10:21 – 10:27 Uhr.

Was er abends gemacht habe, fragte der Richter. Er sei mit einem Freund trinken gewesen, meinte der Angeklagte. Dann habe er bei seiner Freundin in Wien übernachtet. Es gebe ein Bekennerschreiben zu den eingeschlagenen Scheiben, sagte der Richter, laut dem mehrere Personen die Tat begangen hätten. Zusätzlich sei vom Zerschneiden der Werbetafeln für die Reptilienshow in dem Schreiben die Rede. Es sei aus einem Internetcafe in der Franzensgasse in Wien verschickt worden. Ob er dieses Cafe kenne. Nein, sagte der Angeklagte.

Auf den Steinen seien die DNA-Spuren von 3 Personen gefunden worden, erklärte der Richter. Eine davon sei der Angeklagte. Später habe die Polizei heimlich ein Halstuch des Angeklagten beschlagnahmt und an Haaren den DNA-Test durchführen können, weil der Angeklagte den Test verweigert habe. Darüber gebe es ein Email des Angeklagten, indem er sein Entsetzen ausdrücke. Er sei plötzlich von Polizisten umstellt worden, sagte dieser dazu, das sei beängstigend gewesen. Das Halstuch habe eine dieser Personen unter dem Tisch verschwinden lassen. Ob seine Einstellung zur Polizei damals gespannt gewesen sei, fragte der Richter. Er habe vor diesem Tierschutzprozess ca. 15 Verwaltungsstrafverfahren und Zivilrechtsklagen wegen Tierschutzaktionen erlebt, sagte der Angeklagte. Dabei sei es zu erschreckenden Falschaussagen einiger PolizeibeamtInnen gekommen. Die würden ihn ohne zu zögern aus politischen Gründen offenbar anschwärzen wollen.

Eine hypothetische Frage, sagte der Richter dann. Ob er mit bloßen Händen ohne Handschuhe diese Scheibe eingeschlagen hätte, wäre er es gewesen. Es habe ja viele Diskussionen unter den TierschützerInnen über einen Schutz vor Polizeiüberwachung gegeben. Darüber habe er nicht nachgedacht, dazu könne er nichts sagen, meinte der Angeklagte.

Fragen der Staatsanwältin

Als er seine Bekannte am Bahnhof getroffen und mit ihr zur Demonstration gegangen sei, wo habe er sich da verlaufen, fragte die Staatsanwältin. Da er sich ja verlaufen habe, könne er das nicht mehr sagen, meinte der Angeklagte. Hätte er sich ausgekannt, hätte er sich nicht verlaufen. Wo er die Steine eingesammelt habe, fragte die Staatsanwältin. Irgendwo zwischen Bahnhof und dem Rathaus, meinte der Angeklagte. Wo er sie gefunden habe, fragte die Staatsanwältin. Das wisse er nicht mehr genau, sagte der Angeklagte, sie müssen herumgelegen sein. Wie viele Steine er denn genommen habe, fragte die Staatsanwältin. Wahrscheinlich 3, meinte der Angeklagte. Ob er dabei das Fahrrad bei sich gehabt habe, fragte die Staatsanwältin. Wahrscheinlich, antwortete der Angeklagte. Und wo er die Steine dann hingegeben habe, fragte die Staatsanwältin. In die Hosentasche, war die Antwort. Warum er diese Bekannte erst in der Hauptverhandlung als Zeugin beantragt habe, fragte die Staatsanwältin. Er habe damals gedacht, dieser DNA-Test könne nur falsch sein und das Ganze würde sich noch aufklären, meinte der Angeklagte.

Der Angeklagte zum Vorwurf des Widerstands gegen die Staatsgewalt

Er solle erzählen, wie er die Modeschau damals gestört habe, forderte der Richter den Angeklagten auf. Ja, das sei erfolgreich gewesen, sagte dieser. Er habe oft Zivilen Ungehorsam geleistet. Er habe ein Plakat gehalten und dann die Pelzmodeschau verlassen wollen. Dabei habe ihn ein Security niedergerungen und am Boden fixiert. Deshalb habe er die Zeit genutzt und weiter Parolen gerufen. Daraufhin sei die Polizei gekommen und habe ihn nach seinen Daten gefragt, die er aber nicht habe hergeben wollen, solange der Besitzer des Geschäfts anwesend war. Er wäre sonst geklagt worden. Die Polizisten hätten ihn daraufhin vor die Tür geführt. Dort sei er davongelaufen, ohne wen zu berühren. Nach 10 m sei ihm aber ein Security in den Weg gesprungen und habe ihn gerammt und am Boden festgehalten. Die Polizisten seien deshalb angefressen gewesen, haben gesagt, dass er mit müsse und haben mit ihm das Donauzentrum in Wien verlassen. Draußen sei er erneut weggelaufen. Dabei sei er in der Mitte zwischen den Polizisten gewesen, aber nicht berührt worden. Deshalb sei das überraschende Weglaufen gelungen. Einer der Polizisten hätte daraufhin seine Schusswaffe gezogen und mit dem Erschießen gedroht, sollte er nicht stehenbleiben. Daraufhin sei er noch schneller gelaufen und habe sich in einer Parkgarage versteckt. Dort sei er von anderen PolizistInnen umzingelt und dann mittels Handschellen abgeführt worden.

Wie viele Securities dabei gewesen seien, fragte der Richter. Vier seien auf ihm gekniet, meinte der Angeklagte. Ob er sich freiwillig auf den Boden gelegt habe, fragte der Richter. Nein, antwortete der Angeklagte, er sei physisch am Verlassen der Filiale gehindert worden. Ob die Polizisten ihn abgemahnt hätten, wollte der Richter wissen, er hätte ja am Boden weiter gerufen. Wie die Polizisten gekommen seien, habe er mit ihnen gesprochen, erklärte der Angeklagte, ab dann habe er nicht mehr gerufen. Ob die Polizei ihm erklärt habe, was bei Verweigerung der Angabe seiner Daten passieren würde, fragte der Richter. Nein, meinte der Angeklagte, er sei einfach mit ihnen vor die Tür gegangen. Ob ihm eine Festnahme angedroht wurde, wollte der Richter wissen. Der Angeklagte verneinte. Wie er ein zweites Mal habe weglaufen können, fragte der Richter. Die beiden Polizisten hätten ihn nur mit Worten aus dem Donauzentrum dirigiert, sagte der Angeklagte, die Polizeistation sei keine 100 m davon entfernt.

Ob er sich noch erinnere, wie groß die Polizisten gewesen seien, fragte der Richter. Kleiner als er, gab der Angeklagte an, aber nicht klein, vielleicht durchschnittsgroß, er selbst habe damals 20 kg weniger Körpergewicht gehabt als heute. Dazu sagte der Richter, dass die Angaben des Angeklagten einem Bericht entsprechen, den er per Email nach dem Vorfall an andere AktivistInnen geschrieben habe. Und beim Verwaltungsstrafverfahren beim UVS habe er ebenfalls so ausgesagt. Auch einer der Polizisten habe angegeben, dass es keine Festnahme gegeben habe, meinte der Angeklagte.

Fragen der Staatsanwältin

Ob er vor dem zweiten Weglaufen das Gefühl gehabt habe, festgenommen worden zu sein, fragte die Staatsanwältin. Das Verhalten der Polizei habe er auf jeden Fall als ungerecht empfunden, meinte der Angeklagte. Die Polizisten hätten sich benommen, als ob sie ihn verhaftet hatten. Woran er den Groll der Polizisten erkannt habe, fragte die Staatsanwältin. An ihrem Blick und ihrem Tonfall, sagte der Angeklagte. Ob es einen körperlichen Kontakt zu den Polizisten vor dem zweiten Weglaufen gegeben habe, fragte die Staatsanwältin. Nein, sagte der Angeklagte. Auf welche Weise er zwischen den Polizisten gegangen sei, wollte die Staatsanwältin wissen. Einfach dazwischen, ohne Berührung, gab der Angeklagte an.

Fragen des Verteidigers

Der Anwalt beantragte die Verlesung des Protokolls der UVS-Verhandlung. Zwei Vorwürfe habe es gegeben, übriggeblieben wäre nur eine Strafe von € 40 wegen ungebührlichen Lärms. Ob er am Boden von der Polizei fixiert worden sei, fragte er dann den Angeklagten. Dieser bejahte. Die Staatsanwältin habe von 2 Stößen gegen die Polizisten gesprochen, sagte der Anwalt, ob es die gegeben habe. Nein, meinte der Angeklagte, es wäre unmöglich gewesen, 2 Polizisten je mit beiden Händen zu stoßen und dann noch wegzulaufen.

Der Anwalt wies noch einmal darauf hin, dass er damals sofort die Übergabe der Filme aus den Überwachungskameras beantragt habe. Ob diese Filme in den letzten 7 Jahren irgendwann gekommen seien, fragte er. Nein, sagte der Angeklagte, es sei aber nie erklärt worden, warum das nicht möglich gewesen ist. Dazu sagte der Richter, dass der damalige Untersuchungsrichter Martin Kargl Monate für die Weiterleitung dieser Anfrage gebraucht habe. Der Anwalt merkte noch an, dass ihm die Akteneinsicht von Kargl verweigert worden sei.

Erste Verlesung von Zeugenaussagen und Aktenteilen

Der Richter erklärte nun, dass der eine Polizist am nächsten Tag kommen würde, aber jener Polizist, der behauptet habe, der Angeklagte habe ihn gestoßen, habe sich bereits entschuldigt, er sei dienstlich verhindert. Der Richter meinte dann, er wolle den Polizisten am nächsten Tag hören, sowie am selben Tag noch die beiden Geschäftsführer von Kleider Bauer. Vielleicht seien ihm die ZeugInnen der Verteidigung nicht so wichtig.

Dann fasste der Richter Aktenteile zusammen. Es habe Graffiti auf der Hauswand des Gasthofs mit dem rechtsradikalen Treffen gegeben. Laut Polizeiüberwachung könne das aber keinesfalls der Angeklagte gewesen sein. Dieser sei deutlich größer als der unbekannte Täter.

Ein Filialleiter von P&C habe ausgesagt, dass er selbst nichts von der Tierschutzkampagne gegen seinen Arbeitgeber mitbekommen habe. Der Umsatz sei während der Kampagne angestiegen.

Der UVS habe die Aussage des Polizisten, der den Angeklagten wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt belastete, für widersprüchlich erklärt. Dieser habe gesagt, dass der Angeklagt sich in den Ausgang gelegt habe, um diesen zu blockieren. Der UVS habe entschieden, dass das nicht gestimmt habe. Es habe nur eine Strafe wegen Lärmerregung von € 40 gegeben.

Bzgl. der Kundgebungen vor Kleider Bauer habe der Vertreter der Versammlungsbehörde angegeben, dass abgewogen worden sei, zwischen Versammlungsrecht und Erwerbsfreiheit. Einzelne Demonstrationen seien dann aus formalen Gründen untersagt worden. Bei allen Versammlungen des VGT seien niemals Straftaten gemeldet worden. Es habe ein Gespräch mit den Besitzern von Kleider Bauer gegeben. Diese wurden aufgefordert, sich sofort an die Behörde zu wenden, wenn KundInnen belästigt worden seien. Dann wäre ein Grund gegeben, die Kundgebungen zu untersagen. Kleider Bauer habe das aber nie gemeldet.

Eine Anfrage bei der Polizei habe ergeben, dass zur Tatzeit keine Baustelle auf jenem Platz in Gumpoldskirchen gewesen sein soll, an dem der Angeklagte angegeben hatte, die Steine dort abgelegt zu haben.

Dann fasste der Richter noch die Aussage des Polizisten zusammen, der verhindert war zu kommen. Dieser habe angegeben, eine Festnahme ausgesprochen zu haben. Der Angeklagte sei dann davongelaufen und habe einen Security umgerannt. Dann habe der Angeklagte gesehen, was er angerichtet hatte, sei stehen geblieben und habe sich festnehmen lassen. Jetzt sei es nun schon um Körperverletzung gegangen. Dann habe er den Angeklagten unter Körperkontakt abgeführt. Dieser habe sich dann losgerissen, habe ihn und den zweiten Polizisten jeweils mit beiden Armen gestoßen, und sei weggelaufen. Er habe nicht seine Waffe gezogen und mit Schüssen gedroht. Andere PolizistInnen hätten den Angeklagten dann in einem Parkhaus gestellt. Dazu merkte der Richter an, dass der Polizist bei der UVS-Verhandlung keine Stöße des Angeklagten erwähnt habe. Dort sei dieser Zeuge so forsch aufgetreten, dass er vom UVS-Richter zur Ordnung gerufen werden musste. Er habe eine Ordnungsstrafe angedroht bekommen.

Mittagspause 11:30 – 12:32 Uhr.

Warum er bei der Hauptverhandlung die Aussage verweigert habe, fragte der Anwalt noch den Angeklagten nach der Mittagspause. Das sei ihm von seiner Rechtsvertretung damals so geraten worden, weil es noch keine Akteneinsicht gegeben habe, antwortete dieser.

Aussage von Peter Graf, Besitzer von Kleider Bauer

Im ersten Rechtsgang sei es noch um eine kriminelle Organisation gegangen, eröffnete der Richter die Befragung von Peter Graf, jetzt gehe es nur mehr um den Vorwurf der versuchten schweren Nötigung durch Emails. Ob der Zeuge seine Aussage von früher aufrecht erhalte. Ja, sagte dieser. Er habe also die Emails an ihn nie beantwortet, fragte der Richter. Richtig, sagte der Zeuge, es habe auch Anrufe gegeben, da habe er sich verleugnen lassen. Ob ihm die Namen der Tierrechtsgruppen, die Kleider Bauer kontaktiert hatten, etwas gesagt habe, fragte der Richter. Das wären die Vier Pfoten, PETA, der VGT und andere. Ja, aus den Medien, sagte der Zeuge. Ob ihm bekannt gewesen sei, wie sie arbeiten, fragte der Richter. Nicht im Detail, am Anfang jedenfalls nicht, meinte der Zeuge. Es habe schon im Frühjahr 2006 eine Kontaktaufnahme durch die Vier Pfoten gegeben, aber er habe darauf schon nicht reagiert.

Ob er mit den Namen der Tierrechtsgruppen Straftaten assoziiert habe, fragte der Richter, ob ihm diese dubios vorgekommen seien. Grundsätzlich habe er keine Vorbehalte gehabt, meinte der Zeuge. Er habe dann Informationen eingeholt, aber das vermische sich jetzt in seiner Erinnerung. Ob er diese Vereine eher für welche gehalten habe, fragte der Richter, die kriminellen Machenschaften nachgingen, oder die ein hohes Ansehen in der Bevölkerung hatten. In der Kleidungsbranche seien die Aktionen gegen P&C latent bewusst gewesen, wich der Zeuge aus. Vor allem in Deutschland seien neben den Demonstrationen auch Türschlösser verklebt worden. Der Richter zitierte die Aussage des Zeugen im ersten Rechtsgang, in dem er noch gesagt hatte, dass er vor Beginn der Kampagne gegen Kleider Bauer von der Kampagne gegen P&C nichts gewusst habe. Richtig, meinte der Zeuge, aber er habe Gespräche mit MitarbeiterInnen geführt. Wann denn, wollte der Richter wissen. Bereits im Sommer 2006, gab der Zeuge an, da hätten nämlich P&C und andere Textilketten mit dem Verkauf von Pelz aufgehört.

Ob er die Emails überhaupt selbst gelesen habe, fragte der Richter. Im Abstand weniger Tage seien sehr viele Emails verschiedener Personen und Gruppen gekommen, sagte der Zeuge, dazu auch noch Anrufe, das sei ein großes Thema gewesen. Dem Wortsinn des Emails nach sei es um eine Kampagne mit Demonstrationen und zivilem Ungehorsam gegangen, stellte der Richter fest. Wie er das Email aufgefasst habe. Er habe die Sache evaluiert, eine Internetrecherche durchgeführt, das Ganze habe sehr schnell eine große Dynamik entwickelt, meinte der Zeuge. Welche Internetrecherche er durchgeführt habe, fragte der Richter. Er habe die angegebene Homepage angesehen, sagte der Zeuge. Dort habe er schnell Dinge gefunden, die er wahrscheinlich habe finden sollen. Das höre sich aber in seiner Aussage im ersten Rechtsgang anders an, stellte der Richter klar. Da habe er angegeben, die Recherche erst nach einer Sachbeschädigung bei Kleider Bauer durchgeführt zu haben, also viele Monate später. Er sei, bitte schön, bereits sehr früh auf ein überklebtes Plakat an der Autobahn hingewiesen worden, warf der Zeuge ein, wonach Kleider Bauer Tierquäler sei.

Wie das anfänglich mit den Demonstrationen gewesen sei, fragte der Richter, seien diese nur lästig gewesen, oder habe er auch Angst vor Sachschäden gehabt. Im Unternehmen hätten sich Personen informiert, antwortete der Zeuge, die ihn dann informiert hätten, sodass er schon glaube, dass er an Sachschäden gedacht habe. Vor der ersten Sachbeschädigung bei Kleider Bauer, fragte der Richter ungläubig. Der Zeuge zögerte. In seiner ersten Aussage habe er angegeben, dass er die Webseite der OGPI nicht einmal angeschaut habe, stellte der Richter fest. Später erst hätten ihm MitarbeiterInnen davon erzählt. Wird schon stimmen, brummte der Zeuge dann nach weiterem Zögern.

Im April 2007 habe er ein von MitarbeiterInnen zusammengestelltes Dossier beim Gründungstreffen der SOKO übergeben, sagte der Richter. Darin würden auch Sachschäden gegen P&C erwähnt. Woher diese Information gestammt habe. Dort seien die Quellen jeweils angegeben, sagte der Zeuge. Dafür seien auch die OGPI-Seiten genutzt worden. Dort seien sehr viele Demonstrationen und sehr wenige Sachbeschädigungen angeführt, sagte der Richter. Im Dossier ginge es aber hauptsächlich um Sachbeschädigungen. Ob für das Dossier da einzelne Einträge zusammengesucht worden seien, oder ob eine Seite 1:1 kopiert worden sei. Das wisse er nicht, sagte der Zeuge, aber es könne schon eine solche Sammlung auf der OGPI-Seite gegeben haben.

Der Charakter der Demonstrationen vor Kleider Bauer

Wie die Demonstrationen abgelaufen seien, fragte der Richter. Es habe sie sehr häufig gegeben, meinte der Zeuge, vor einer ganzen Reihe von Filialen. Er begrüße es, wenn sich Leute engagieren, aber ob solche Demonstrationen vor Geschäften legal seien, das habe er bezweifelt. Bis dahin hatte er solche Erfahrungen nicht gemacht. Deshalb hätte er zwei Universitätsprofessoren als Gutachter beauftragt, um festzustellen, ob diese Demonstrationen verfassungskonform seien. Das Ergebnis beider Gutachten sei gewesen, dass sie nicht rechtens seien. Auf welche Tatsachenbasis sich die Gutachten bezogen hätten, wollte der Richter wissen, wer habe die Gutachter darüber informiert, wie diese Demonstrationen ablaufen. Die Sachverhalte seien von Kleider Bauer übermittelt worden, meinte der Zeuge. Es sei den Gutachtern auch das Dossier übergeben worden. Ob die Gutachter davon ausgingen, dass die Sachschäden mit den Demonstrationen zusammenhingen, fragte der Richter. Nein, antwortete der Zeuge. Aber das Dossier würde genau das behaupten, stellte der Richter klar. Ja, fügte der Zeuge hinzu, aber es sei bei den Gutachten nur um die Rechtmäßigkeit der Demonstrationen gegangen.

Er habe ausgesagt, dass es anfangs massive Umsatzeinbrüche aufgrund der Demonstrationen gegeben habe, sagte der Richter. Die KundInnen hätten sich belästigt gefühlt. Das entstamme den Berichten aus den Filialen, sagte der Zeuge. Er habe doch mit der SOKO gesprochen, die habe ihm einen Kontakt zur Versammlungsbehörde übermittelt, und die wiederum habe sich nicht wenig geneigt gesehen, die Versammlungen zu untersagen. Ob er die behaupteten Umsatzeinbußen nachvollziehbar habe nachweisen können. Tagesumsätze hätten viele Faktoren, relativierte der Zeuge, aber Umsatzeinbußen habe es sicher gegeben. Warum er das nicht der Versammlungsbehörde vorgelegt habe, fragte der Richter. Die Demonstrationen seien ja eh verboten worden, sagte dann der Zeuge. Nein, stellte der Richter klar, lediglich manche seien untersagt worden, und das aus formalen Gründen. Er wundere sich weiterhin, wenn es nachweisbare Umsatzeinbußen gegeben habe, warum diese nicht der Versammlungsbehörde vorgelegt worden seien. Der Zeuge kam ins Stottern. Wenn es Belästigungen von KundInnen gegeben habe, warum Beweise dafür nicht der Versammlungsbehörde vorgelegt worden seien, insistierte der Richter. Er sei als Zeuge hier, nicht als Privatbeteiligter, sagte der Zeuge trotzig. Das Gericht wolle herausarbeiten, ob es zu Schäden hätte kommen können, erklärte der Richter. Er habe 4 Emails von KundInnen in der Tasche, meinte der Zeuge. Wenn es wirklich massive Probleme mit den Demonstrationen gegeben hätte, führte der Richter aus, dann erwarte ich, dass Sie Belege dafür der Behörde vorlegen können. Die Behörde habe sogar explizit signalisiert, die Demonstrationen einschränken zu wollen. Es sei hier wichtig, ob die Belästigungen durch Lärm oder durch aggressive Bedrohungen zustande gekommen wären. Demonstrationen dürfen laut sein und das stört natürlich, das ist aber strafrechtlich und verwaltungsstrafrechtlich irrelevant.

Die Versammlungsbehörde sei ihm nicht freundlich gegenüber gestanden, meinte der Zeuge. Deshalb habe er auch den Innenminister eingeschalten, weil die Polizei einfach zu wenig gegen die Demonstrationen getan hätte. In einem Schreiben der Versammlungsbehörde an den Zeugen von November 2006 stehe, so der Richter, dass bei Belästigungen von KundInnen die Demonstrationen untersagt würden. Er habe eh Anzeigen gemacht, meinte der Zeuge. Er habe aber von massiven Umsatzeinbußen gesprochen, betonte der Richter. Darauf bestehe er, reagierte der Zeuge nun wieder trotzig, er könnte seine MitarbeiterInnen bis am nächsten Tag ein neues Dossier zusammenstellen lassen. Darauf ging der Richter nicht ein und meinte nur: keine weiteren Fragen.

Fragen des Anwalts

Von der SOKO-Gründung, bei der der Zeuge anwesend gewesen sei, so der Anwalt, habe der damalige Polizeipräsident Stiedl den Auftrag erteilt, dass alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssten, um die Demonstrationen zu untersagen. Daran erinnere er sich nicht, meinte der Zeuge trocken. Er habe den anwesenden Polizeigrößen lediglich sein Dossier ausgeteilt und die Polizei informiert. Die Polizei habe dazu gesagt, sie hätte von alldem nichts gewusst. Im Protokoll stehe weiters, sagte der Anwalt, dass es kein Indiz dafür gebe, dass eine Straftat und die Demonstrationen in einem Zusammenhang stünden. Kleider Bauer hätte 2 sehr teure Gutachten in Auftrag gegeben, die besagen würden, dass die Demonstrationen verfassungswidrig seien, die Polizei habe zu verstehen gegeben, dass sie gerne die Demonstrationen untersagen würde, dennoch sei das nicht geschehen. Würde der Zeuge da zustimmen, dass diese Demonstrationen offenbar rechtskonform gewesen sein müssten. Warum fragen Sie mich das?, wollte der Zeuge wissen. Da müsse doch etwas falsch sein, es gebe 2 Gutachten und die Polizei sei willig, meinte der Anwalt. Die Demonstrationen seien mit der Zeit harmloser geworden, sagte der Zeuge.

Was er mit den Gutachten gemacht habe, fragte der Anwalt. Nichts, sagte der Zeug, die Demonstrationen hätten weiter sein Geschäft geschädigt. Wie sich Kleider Bauer in dieser Zeit finanziell entwickelt habe, fragte der Anwalt. Das sei ein Geschäftsgeheimnis, meinte der Zeuge. Er könne es doch ganz generell sagen, schlug der Anwalt vor. An Tagen mit Demonstrationen habe es signifikante Umsatzeinbußen gegeben, wiederholte der Zeuge. Das sei aber nicht belegt, fügte der Anwalt hinzu. Er könne das doch sagen, die Bilanz 2006-2008 sei doch bereits öffentlich. Er werde keine Details nennen, meinte der Zeuge. Das brauche er auch nicht, beruhigte der Anwalt, es reiche zu sagen, ob die Entwicklung positiv oder negativ verlaufen sei. Das wolle er nicht beantworten, sagte der Zeuge. Aber das Geschäft sei weitergegangen, versuchte es der Anwalt erneut. Das bejahte der Zeuge.

Welche anderen Organisationen ihn kontaktiert hätten, außer dem VGT, fragte der Anwalt. Die Vier Pfoten, meinte der Zeuge. Ob es einen internen Lagebericht über die geschäftsschädigenden Demonstrationen gegeben habe, warf der Richter eine Frage ein, ob das existenzbedrohend gewesen sei. Nein, sagte der Zeuge. Ob er sich durch die Ankündigungen von Demonstrationen bedroht gefühlt habe, fragte der Richter. Von den Demonstrationen nicht, sagte der Zeuge, aber die Emails des Angeklagten hätten einen augenzwinkernden Hinweis enthalten, dass auch anderes kommen werde.

Der Anwalt wollte noch wissen, ob der Anteil des Pelzumsatzes am Gesamtumsatz unter 1 % gewesen sei. Stimmt, meinte der Zeuge.

Pause 13:20-13:30 Uhr.

Einvernahme von Werner Graf, zweiter Besitzer von Kleider Bauer

Da der zweite Zeuge noch nicht anwesend war, gab es eine Pause. Anschließend saß Werner Graf, ebenfalls Besitzer von Kleider Bauer und Bruder des vorhergehenden Zeugen, im Zeugenstand. Auf die Emails und Anrufe des Angeklagten habe es nie Antworten gegeben, begann der Richter. In seiner Aussage vor Gericht habe er angegeben, er hätte zu dieser Zeit noch keine Informationen von anderen Kampagnen gehabt. Diese Anfangsfrage schien den Zeugen zu überraschen. Nach dem ersten Email habe es bereits Recherchen gegeben, behauptete er plötzlich. Er hätte Kontakt zu betroffenen Branchen gehabt. Nach dem ersten Email des Angeklagten habe er bereits recherchiert, fragte der Richter verwundert nach. Ja, meinte der Zeuge, wer die OGPI sei, und was der VGT so mache. Was sei dabei herausgekommen, wollte der Richter wissen. Sie hätten bei Kleider Bauer überlegt, was sie dagegen tun könnten, meinte der Zeuge. Gegen was, fragte der Richter. Na gegen die Demonstrationen und Angriffe, die zu erwarten gewesen wären, sagte der Zeuge. Von Angriffen hätte er auch nach dem ersten Email bereits gewusst, wunderte sich der Richter. Ja, das habe er nachgelesen, sagte der Zeuge.

Dann las der Richter aus dem Akt der ersten Hauptverhandlung die Aussagen des Zeugen vor. Damals sagte er, dass er erst, nachdem es erstmals einen Sachschaden gegeben habe, recherchiert hätte, nicht vorher. Das sei falsch, behauptete der Zeuge, er habe schon nach dem ersten Email recherchiert. Warum er das damals anders gesagt habe, fragte der Richter. Er hätte sich eben immer wieder informiert, meinte der Zeuge. VGT und OGPI, was diese Namen für ihn bedeutet hätten, fragte der Richter. Der VGT sei eine Gruppe, die sich gegen den Pelzhandel ausspreche, sagte der Zeuge. Auf der Homepage sei ja viel gestanden, z.B. von run-ins, aber er könne nicht sagen, was er damals von dieser Aktionsform gewusst habe. Hier sei nur wichtig, ab wann er von Sachbeschädigungen bei P&C gewusst habe, sagte der Richter. Er habe vor dem ersten Email des Angeklagten gar nichts gewusst, gab der Zeuge zu.

Laut früherer Aussagen habe er die OGPI-Webseite für Recherchen für sein Dossier benutzen lassen, das im April 2007 entstanden sei, sagte der Richter. Aber die Emails seien im Herbst 2006, also viel früher geschrieben worden. Er habe viel recherchiert, meinte der Zeuge. Ob er die Emails als besorgniserregende Bedrohung aufgefasst habe, fragte der Richter. Nach dem Wortlaut des Emails sei es ja um Demonstrationen gegangen und es habe einen Link zu einer Seite der OGPI gegeben. Er habe das definitiv als Drohung aufgefasst, behauptete jetzt der Zeuge, dass man versuchen wolle, ihn zu schädigen. In welcher Form, wollte der Richter wissen. Aus heutiger Sicht, stammelte der Zeuge. Aus heutiger Sicht, unterbrach der Richter, wissen wir, dass der Begriff Kampagne des Angeklagten nur legale Demonstrationen und keine Straftaten umfasse. Ob er den VGT als bedrohlich empfunden habe. Es seien ja nicht nur vom VGT Emails gekommen, meinte der Zeuge. Auch die Vier Pfoten und die OGPI hätten z.B. geschrieben, ergänzte der Richter. Ob es einen Verdacht gegeben habe, dass Sachschäden mit den Emails angekündigt wurden. Das könne er heute so nicht mehr sagen, wurde der Zeuge nun kleinlaut.

Fragen der Staatsanwältin

Ob er Umsatzeinbußen durch die Demonstrationen des VGT befürchtet habe, fragte nun die Staatsanwältin. Natürlich, sagte der Zeuge, diese Demonstrationen seien auf jeden Fall störend. Demonstration sei ja ein weitgefasster Begriff, da würde eher das Wort Blockade passen. Woran das erkennbar gewesen sei, fragte die Staatsanwältin. Die Filialen hätten berichtet, sagte der Zeuge, dass keine KundInnen ins Geschäft gehen würden. Was meine er mit blockieren, fragte der Anwalt. Es seien Menschen vor dem Geschäft gestanden, sagte der Zeuge, und sie hätten niemanden hineingehen lassen.

Ende der Befragung um 13:45 Uhr.

Weitere Zusammenfassung von Zeugenaussagen

Der Richter fasste nun kurz die Aussage des Security zusammen, der den Angeklagten aufgehalten hatte. Die Beschreibung des Vorfalls stimmte mit den Angaben des Angeklagten überein. Dann meinte der Richter, er werde den Zeugen Karl Bauer, damals Geschäftsführer von Fürnkranz, nach Hause schicken und seine Aussage aus der Hauptverhandlung ebenfalls nur zusammenfassen. Damals hatte Bauer angegeben, die KundInnen seien durch eine Kundgebung vom Geschäft abgehalten worden. Bauer habe eine DVD von einer VGT-Demonstration vom 25. Oktober 2008, also deutlich nach der U-Haft, vorgelegt. Das sei seiner Ansicht nach eine massive Einschränkung gewesen. Der Richter meinte dazu, dass man nur einen kurzen Ausschnitt sehe, auf dem DemonstrantInnen Pelzslogans rufen würden. Sie stünden aber in einem gebührenden Abstand zum Geschäftseingang und nichts Auffälliges sei zu sehen.

Dann erwähnte der Richter noch die Aussage des Besitzers der Werbeplakate für die Reptilienshow. Er habe nichts wahrgenommen. Anfänglich habe er von einem Schaden von € 12.800 gesprochen, aber später habe er zugegeben, dass er diesen versehentlich 3 Mal verdoppelt habe. Damit sei der Sachschaden geringer als für eine schwere Sachbeschädigung, wie angeklagt, Voraussetzung.

Der Besitzer des Gasthauses mit den eingeschlagenen Scheiben habe nichts gesehen, lediglich die Steine gefunden und der Polizei übergeben.

Einer der Polizisten im Donauzentrum habe gesagt, es habe keine Festnahme gegeben. Der Angeklagte sei zweimal weggelaufen. Beim zweiten Mal habe er nur einen leichten Kontakt zum Körper des Angeklagten hergestellt gehabt, aber keine Umklammerung. Er habe einen Ruf seines Kollegen gehört, er selbst sei aber nicht gestoßen worden.

Die Sekretärin der Kleider Bauer Chefs habe ausgesagt, dass sie Demonstrationen und Flugblätter im Rahmen der Kampagne gesehen habe, aber nichts mehr.

Die Kollegin des Angeklagten saß als Zeugin bereits vor der Tür. Doch der Richter meinte, er brauche sie nicht einzuvernehmen. Sie habe die Aussage des Angeklagten bestätigt. Und der Freund, mit dem der Angeklagte letztlich in der Tatnacht trinken war, müsse auch nicht mehr kommen. Er habe einen Kalender vorgelegt, den die Erstrichterin besichtigt hatte. Nur sei dieser Kalender mittlerweile nicht mehr vorhanden. Das OLG habe im Berufungsurteil angeregt, ein graphologisches Gutachten des Kalenders zu machen, aber das sei nun nicht mehr möglich. Die Freundin des Angeklagten habe angegeben, dass er zu dieser Zeit immer alle Nächte bei ihr verbracht hätte, sie sich aber an diese spezielle Nacht nicht erinnern könne.

Die Staatsanwältin behält sich Nichtigkeit vor

Nun bestand die Staatsanwältin aber auf der Einvernahme des anderen Polizeizeugen, der allerdings dienstlich verhindert war. Der Richter sagte dazu, er werde heute, 4 weitere Jahre später, auch nichts Anderes aussagen können als damals, und lehnte den Beweisantrag ab. Die Staatsanwältin sagte dazu, sie sei nun verpflichtet zu verkünden, dass sie sich Nichtigkeit vorbehalte. Dann sagte sie, sie halte ihren Antrag auf Bestrafung aufrecht, überlasse aber die Beweiswürdigung dem Gericht.

Das Urteil

Der Richter stand nun auf und verkündete das Urteil: Freispruch in allen Punkten. Die Rechtsansicht zur Nötigungsfrage habe er bereits am letzten Prozesstag bei seiner Urteilsbegründung angeführt. Eine Kampagne mittels Demonstrationen, Flugblättern, zivilem Ungehorsam und Homedemos könne keine begründete Besorgnis verursachen.

Es habe keine konkrete Vorgeschichte von Kleider Bauer oder Fürnkranz mit dem VGT gegeben. Die Informationen über Sachschäden bei der Kampagne gegen P&C seien erst viel später bekannt geworden.

Dann sagte er wörtlich: Es wurden Kampagnen in den Raum gestellt und Aktionen zivilen Ungehorsams angekündigt. Aber das waren keine Nötigungen. Durch abgehaltene Demos kam es sicher zu Beeinträchtigungen der Geschäftstätigkeit. Aber es waren alles friedliche Demos. Das waren eher Belästigungen, Kunden wurden angepöbelt, aber auch aufgeklärt, aber nicht mit einer Intensität, mit der man unmittelbar Auswirkungen auf den Geschäftsumfang machen kann. Letztendlich ergibt sich die Umsatzeinbuße aus autonomen Kundenentscheidungen. Darauf aber hätten die KampaignerInnen keinen unmittelbaren Einfluss.

Dass die Ankündigung von Demonstrationen hier als schwere Nötigung angeklagt war, zeige, dass es eigentlich ursprünglich Sachschäden mit dem Nötigungsvorwurf gemeint gewesen seien. Aber Nötigung sei es keine, weil kein Vermögen bedroht worden sei. Es seien keine Zahlen von Umsatzeinbußen vorgelegt worden, obwohl dazu eine immense Motivation bestanden habe. Das gelte sowohl für Kleider Bauer, als auch für P&C und Fürnkranz. Alle würden zwar von Umsatzeinbußen reden, diese würden aber nicht nachgewiesen und daher sei davon auszugehen, dass sie gar nie bestanden haben. Daher seien sie auch von Anfang an nicht zu befürchten gewesen. Es habe sich um keine Drohung, bestenfalls um eine Warnung gehandelt, dass die KundInnen vielleicht nicht mehr einkaufen würden. Aber eine Warnung sei nicht inkriminiert gewesen.

Zum Sachschaden

Das einzige objektive Faktum in diesem Fall sei die DNA-Spur des Angeklagten auf beiden Steinen, mit denen die Scheiben eingeschlagen worden seien. Normalerweise reiche so etwas für eine Verurteilung, aber hier hätten sich auf beiden Steinen jeweils die DNA-Spuren von 3 verschiedenen Menschen befunden. Damit sei die Beweisführung gerissen, weil nicht mehr eruierbar wäre, welcher der 3 Personen die Steine geworfen habe. Die EntlastungszeugInnen seien glaubwürdig gewesen, es habe sich kein Anhaltspunkt für eine Lüge gefunden. Der Kalender sei der Erstrichterin authentisch erschienen. Auf den Lichtbildern könne man sehen, dass auf diesem Platz keinerlei Steine herumliegen würden. Daher sei die Geschichte glaubwürdig. Abgesehen davon müssen in dieser Nacht mehrere TäterInnen in Gumpoldskirchen ihr Unwesen getrieben haben, es habe ja noch die Graffitis auf der Häuserwand gegeben.

Zum Widerstand gegen die Staatsgewalt

Das OLG Wien habe das Ersturteil aufgehoben, weil die Richterin in ihrer Urteilsbegründung nicht klar gesagt habe, wem der Zeugen sie warum nicht glaubt. Der eine Polizist sei der Einzige, der einen Stoß des Angeklagten gegen ihn und einen zweiten Polizisten wahrgenommen haben will. Der andere Polizist bestätigte das aber nicht, er hätte es aber spüren müssen. Wenn ich vom Herrn Mag. Hnat gestoßen würde, würde ich das spüren. Den genauen Stoßhergang habe der Polizist auch nicht mehr rekonstruieren können. Er sei von diesem Tierrechtsaktivisten überfordert gewesen und habe sich über ihn geärgert, als dieser seine Autorität nicht anerkannte.

In der strafrechtlichen Anzeige, in der verwaltungsstrafrechtlichen Anzeige und in der Aussage in der Hauptverhandlung seien jeweils Widersprüche aufgetreten. Auf der anderen Seite sei die Darstellung des Angeklagten plausibel, er habe als kampagnenerfahrener Aktivist eine Verwaltungsstrafe in Kauf genommen, aber er habe nicht das Strafrecht verletzen wollen. Es gebe keinen Anhaltspunkt für eine Straftat. Abgesehen davon sei es unglaubwürdig, dass eine Person, die gehalten werde, sich losreiße, zwei Personen stoße und dann weglaufe. Warum hätte der Angeklagte diese Tätlichkeiten setzen sollen? Der Versuch, die Videoaufnahmen anzufordern, zeige ebenfalls die Unschuld.

Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab.

Ende um 14:20 Uhr.

1 Kommentar

Die machtpolitisch-willkürliche Justiz-Farce hat nun hoffentlich ihr Ende mit den letzten Freisprüchen genommen. In jedem Fall geht der Wiener Neustädter Tierschützerprozess in die Geschichte der Zweiten Republik ein und zeigt ein weiteres Mal wie sanierungsfähig der österreichische Rechtsstaat zu sein scheint.