Pressekonferenz der VerteidigerInnen
Heute um 10 Uhr vormittags luden die StrafverteidigerInnen in der Tierschutzcausa zu einer Pressekonferenz in den Presseclub Concordia in der Bankgasse in Wien. Die Medien waren in großer Zahl vertreten und der Saal praktisch voll. Mehrere TV-Teams waren anwesend.
Der Hauptangeklagte DDr. Martin Balluch eröffnete die Konferenz und stellte klar, dass der VGT vielleicht am lautesten in seinem Protest gegen dieses Strafverfahren war, dass das aber noch lange nicht heißt, dass nur der VGT angeklagt wäre. Tatsächlich seien lediglich 5 MitarbeiterInnen des VGT auf der Anklagebank, dazu der Kampagnendirektor der Vier Pfoten, ein Tierschutzaktivist, der Obmann der Veganen Gesellschaft, 2 MitarbeiterInnen des Wiener Tierschutzvereins und 3 TierschützerInnen der BaT. Der Angeklagten hätten immer mit offenen Karten gespielt und sowohl die polizeilichen Abschlussberichte als auch den Strafantrag, so wie jetzt die Verteidigungsschrift veröffentlicht. Verdeckt spielt die Staatsanwaltschaft, die noch immer keine volle Akteneinsicht zulasse. Von der langen Liste von 224 Straftaten, die anfänglich durch das Innenministerium mit den Beschuldigten in Verbindung gebracht wurden, seien keine mehr übrig. Alle Strafverfahren bzgl. dieser Delikte wären eingestellt worden.
Anschließend sprach Anwalt Mag. Stefan Traxler, der 5 der Beschuldigten, darunter 3 MitarbeiterInnen des VGT, vertritt. Bei der Verhaftung seiner MandantInnen vor bald 2 Jahren hätte er schon nicht gewusst, was ihnen konkret vorgeworfen werde und bis heute habe sich diese Situation nicht wesentlich verbessert. Zwar ist dem Strafantrag zu entnehmen, welche Handlungen die Beschuldigten gesetzt haben sollen, aber warum das strafbar wäre, bliebe im Dunkeln. Es sei im übrigen eine eigenartige kriminelle Organisation, deren Mitglieder sogar nach Ansicht der Staatsanwaltschaft keine Straftaten begangen hätten.
Mag. Phillipp Bischoff, Verteidiger von 3 der Angeklagten, meinte, angesichts der Tatsache, dass Verschlüsselungen als Beleg für konspiratives Wirken und Abschotten im Sinne einer kriminellen Organisation eingestuft werden, sei eine Prise der stickigen Luft eines Metternichschen Überwachungsstaates zu spüren.
Dr. Alexia Stuefer vertritt ebenfalls 3 Angeklagte. Sie meinte, dass im Strafantrag verfassungsrechtlich geschützte Verhaltensweisen als strafrechtlich relevant dargestellt und kriminalisiert würden. Es gäbe weder Beweise noch Indizien für das Vorliegen einer kriminellen Organisation, sondern lediglich Vermutungen. Trotz jahrelanger Überwachung konnte nicht ein einziger Nachweis für die Begehung einer strafbaren Handlung oder das Vorliegen einer kriminellen Organisation erbracht werden. Im Strafrecht muss die Begehung einer Straftat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen. Vermutungen allein würden nicht ausreichen. Das Strafrecht diene nicht dazu, gesellschaftlich allenfalls ungewünschte Aktivitäten zu unterbinden, sondern strafgesetzwidriges Verhalten im Einzelfall zu verfolgen und zu ahnden. Im vorliegenden Verfahren wäre der Boden des Rechtsstaates längst verlassen worden.
Anschließend sprach Dr. Harald Karl, der Vertreter des VGT-Geschäftsführers. Sein Mandant habe erst 12 Tage vor dem Beginn eines Prozesses, dessen zugänglicher Gerichtsakt fast 200.000 Seiten umfasse, von seiner Anklage erfahren. Er selber wäre aufgrund eines Antrages auf Verfahrenshilfe erst seit 2 Tagen bestellt. Es sei ihm daher unmöglich, sich auf den Prozess ausreichend vorzubereiten und er habe deshalb den Antrag gestellt, den Prozess um 2 Monate zu vertagen.
Zuletzt meldete sich MMag. Dr. Michael Dohr zu Wort, der Strafverteidiger des steirischen VGT-Kampagnenleiters. Sein Mandant wäre ein Tierfreund und nicht ein radikaler, militanter Tierrechtler, wie im Strafantrag die Angeklagten laufend abschätzig bezeichnet würden. Ohne ein Organisationsdelikt, wie bei den sechs ausschließlich wegen §278a angeklagten Personen, könne es auch keine kriminelle Organisation geben. Daher würde es aus rein rechtlichen Gründen hier Freisprüche geben müssen. Noch gäbe es in Österreich nicht die Beweisumkehr, dass die Angeklagten ihre Unschuld beweisen müssten, sondern die Staatsanwaltschaft müsse deren Schuld beweisen.